Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
Zuerst beschleunigte der alte Mann seinen Schritt, doch dann wurde er plötzlich immer langsamer. Ja, schließlich blieb er sogar stehen, und die anderen Spaziergänger machten einen großen Bogen um ihn. Ein Mann erkundigte sich besorgt, doch Devlin lehnte seine Hilfe ab. Er drehte sich um und beobachtete Rebus, der zum Ende der Brücke ging und dann die Stufen hinunter. Devlin stand immer noch reglos da. Wieder gab Rebus seine Position durch und schob dann das Telefon in die Tasche, weil er beide Hände freihaben wollte.
Als er sich Devlin näherte, sah er die Kratzspuren in dessen Gesicht, und konstatierte beeindruckt, dass Jean den alten Mann fast so schlimm zugerichtet hatte wie er sie. Devlin inspizierte gerade seine blutverschmierte Hand, als Rebus etwa zwei Meter vor ihm stehen blieb.
»Der Biss eines Menschen kann ziemlich gefährlich sein, wissen Sie«, sagte Devlin. »Doch bei Miss Burchill brauchte ich mir wegen einer Hepatitis- oder HIV-Infektion natürlich keine Sorgen zu machen.« Er blickte auf. »Als ich Sie da oben auf der Brücke habe stehen sehen, ist mir plötzlich eingefallen: Die haben ja gar nichts gegen dich in der Hand.«
»Wie meinen Sie das?«
»Keine Beweise.«
»Na, der Mordversuch an Jean dürfte fürs Erste reichen.« Rebus zog das Telefon aus der Tasche.
»Wen rufen Sie an?«, fragte Devlin.
»Wollen Sie denn keinen Notarzt?« Rebus hielt das Telefon in der erhobenen Hand und kam einen Schritt näher.
»Ach, die paar Stiche«, murmelte Devlin und inspizierte wieder die Wunde. Seine Schläfen waren schweißüberströmt. Er atmete schwer und rasselnd.
»Wenigstens zum Serienmörder dürfte es bei Ihnen nicht mehr ganz reichen, Professor.«
»Das ist in der Tat schon eine Weile her«, pflichtete Devlin ihm bei.
»War Betty-Anne Jesperson Ihr letztes Opfer?«
»Mit der kleinen Philippa habe ich jedenfalls nichts zu tun, falls Sie das meinen.«
»Hat jemand Ihnen die Idee gestohlen?«
»Na ja, war ja gar nicht meine eigene.«
»Gibt es etwa noch mehr?«
»Noch mehr was?«
»Opfer, von denen wir noch nichts wissen.«
Devlins Grinsen ließ einige der Wunden in seinem Gesicht wieder aufplatzen. »Sind vier denn nicht genug?«
»Das können nur Sie mir sagen.«
»Mir hat es jedenfalls gereicht. Kein bestimmtes Schema, verstehen Sie. Zwei von den Leichen sind überhaupt nie gefunden worden.«
»Bloß die Särge.«
»Die vermutlich nie jemand mit den Leichen in Verbindung gebracht hätte.«
Rebus nickte nachdenklich, sagte aber nichts.
»Sind Sie mir wegen der Autopsie auf die Schliche gekommen?«, fragte Devlin schließlich. Rebus nickte wieder. »Ich habe gleich gewusst, dass das eine Schwachstelle ist.«
»Wenn Sie uns von Anfang an gesagt hätten, dass Sie damals in Glasgow bei der Obduktion dabei gewesen waren, hätten wir uns sicher nichts dabei gedacht.«
»Aber zu dem Zeitpunkt konnte ich doch nicht wissen, auf
welche Zusammenhänge Sie noch stoßen würden. Und als mir dann klar wurde, dass sie gar nichts gegen mich in der Hand haben, war es schon zu spät. Ich konnte doch nicht gut sagen: ›Oh, ich habe zufällig doch an einer der Obduktionen mitgewirkt.‹ Nicht, nachdem wir die Berichte bereits durchgesehen hatten.«
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Gesicht und bemerkte, dass die Wunden immer noch bluteten. Rebus trat noch etwas näher mit dem Telefon an ihn heran.
»Soll ich einen Notarzt rufen?«, fragte er.
Devlin schüttelte den Kopf. »Alles zu seiner Zeit.« Eine Frau mittleren Alters blieb kurz stehen und sah Devlin mit weit aufgerissenen Augen an. »Nur ein kleiner Sturz von der Treppe«, versuchte er sie zu beruhigen. »Der Notarzt ist schon unterwegs.«
Die Frau ging mit raschen Schritten weiter.
»Ich glaube, ich habe jetzt genug gesagt, finden Sie nicht, Inspektor Rebus?«
»Das können Sie selbst am besten beurteilen, Sir.«
»Hoffentlich bekommt Detective Wylie keine Schwierigkeiten.«
»Wieso das?«
»Weil sie mich nicht genauer beobachtet hat, als wir die Autopsiebefunde durchgesehen haben.«
»Ich glaube nicht, dass Detective Wylie diejenige ist, die in Schwierigkeiten steckt.«
»Aber worauf stützen sich denn Ihre Verdächtigungen, Inspektor? Lediglich auf unbestätigte Vermutungen. Die Aussage einer Frau steht gegen m eine. Für den Kampf mit Miss Burchill wird mir schon noch eine plausible Erklärung einfallen.«Wieder inspizierte er seine Hand. »Man könnte fast den Eindruck haben, als ob ich hier das Opfer wäre. Mal
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