Puppenspiele
bekam Catrin. Sie war das Beste in meinem Leben.«
Nachdenklich blies Petra den Rauch aus und blickte den Schwaden hinterher.
»Wusste sie, dass sie ein Retortenbaby ist?«
»Retortenbaby sagt man nicht mehr. Es klingt furchtbar negativ. Ich habe es Catrin erzählt, als sie vierzehn wurde. Vielleicht ein wenig zu früh. Andererseits war sie zu alt für die Lügen über ihren Vater, die ich ihr seit Jahren auf die Nase band. Zuerst reagierte sie stinksauer. Schließlich hatte sie die ganze Zeit geglaubt, sie wäre in einer heißen Nacht auf einem Rockfestival entstanden, wo ich mich mit einem Bassisten im Gebüsch wälzte.«
»Nette Geschichte. Weitaus poetischer als ein Reagenzglas.«
Lachend schnippte Petra ihre Kippe in eine Pfütze. »Stimmt. Sie hat ziemlich lange gebraucht, bis sie die Enttäuschung verkraftete. Außerdem war sie wütend, weil sie nun nicht herausfinden konnte, wer ihr Vater war. Den Rockmusiker hätte sie irgendwann aufgespürt, meinte sie. Aber einen anonymisierten Samenspender? Keine Chance. Ihre komplette Pubertät hat sie mich deswegen angezickt. Erst als ihre Jugendliebe sich von ihr trennte, hat sie mir in einem Anflug von Frauensolidarität verziehen. Sie fand plötzlich, alle Typen seien scheiße und nur als Samenspender zu gebrauchen. Glücklicherweise hat sich das auch wieder gegeben. Sie war eine fröhliche junge Frau.« Petras Lächeln verschwand. Trauer blieb zurück. Sie zündete sich eine zweite Zigarette an.
»Bei Sybille ist es anders gelaufen«, fuhr sie nachdenklich fort. »Sie wurde schon als junges Mädchen von den Männern ignoriert. Ein einziges Mal hatte sie einen Verehrer, wie sie mir erzählte. Aber ihre Mutter konnte belegen, dass der Kerl nur am Reichtum der Familie interessiert war und nicht an Sybille. Martha Weininger hat diesen wenig schmeichelhaften Umstand Sybille völlig schonungslos eröffnet. Und sie dann zur künstlichen Befruchtung überredet. Mit dem Argument, dass sie ja sowieso keinen Mann finden würde, der sie aus Liebe besamt. Das waren ihre Worte, laut Sybille. Eine charmante Dame, die alte Weininger!«
»Und Frau Lacour?« Christian erinnerte sich an das diffuse Gefühl, das ihn schon zu Anfang der Ermittlungen beschlichen hatte: Er sollte sein Augenmerk auf die Mütter richten. Das Gefühl hatte ihn nicht getrogen.
»Ähnlich wie bei mir. Eine Karrierefrau, bei der die Bio-Uhr getickt hat. Damals war kein geeigneter Lebenspartner in Sicht. Ihren jetzigen Mann hat sie erst kennengelernt, als Sandrine schon zwölf Jahre alt war.«
Christians Handy klingelte.
»Hey, Chefe! Ich hab Neuigkeiten!« Daniel klang aufgeregt.
»Schieß los!«
»Also: Die Nasen von der Spermabank haben etwa zwanzig Minuten, nachdem du mich angerufen hast, mit dem Schreddern der Daten begonnen. Fast so lange habe ich leider gebraucht, bis ich drin war. Ich habe zwei Dateien voll verpasst, von den anderen konnte ich ein paar Dokumente absaugen. Sie haben zuerst dieses Elite-Programm genullt, dann sind sie auch an andere Dateien ran.«
»Mich interessiert hauptsächlich das Elite-Zeugs!«
»Okay. Svensson hat die Daten behalten, von denen ihr eh schon wusstet. Gelöscht hat er zwei, bei denen ich zu spät kam, dann noch fünf andere, von denen ich drei retten konnte. Sind aber uninteressant, weil eine Datei die Geburt eines Jungen betrifft. Die anderen zwei Kundinnen haben Mädchen geboren, aber die sind beide schon länger tot.«
»Mehr konntest du nicht retten?«
»Sorry, Chefe, aber wenn du mich erst ranlässt, wenn die den Staubsauger schon auf Hochtouren haben! Interessant ist übrigens, dass ich Spuren von einem erfolgreichen Einbruch ins ›Living Angels‹-Datennetz gefunden habe. Das lief im Februar ab. Der Hacker, der da dran war, hat echt richtig was drauf. Ich konnte leider nicht nachvollziehen, was er gerippt hat. Die Datenströme liefen angeblich zu einem Leihbibliotheks-Computer in der Ukraine. Dort war Endstation. Saubere Arbeit. Aber ich hab vielleicht noch was Leckeres für dich, läuft gerade durch mein Suchprogramm. Dauert max noch ein, zwei Minuten. Um dir die Wartezeit zu versüßen, gebe ich dir Anna, die sitzt hier neben mir, weil es ihr ohne dich zu Hause zu öd ist. Sie hat das Täterprofil fertig.«
Christian ging ein paar Meter durch den Innenhof. Bei seinem Gespräch mit Anna musste Petra nicht direkt danebenstehen: »Hallo, Liebling, wie geht es dir?«
»Gut. Nur … Ich vermisse dich.« Anna erzählte ein paar private
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