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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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eintreffe. Tanja bat ihn, in der Leitung zu bleiben. Eine Minute später informierte sie ihn über ein glücklicherweise gerade frei gewordenes Zeitfensterchen bei Frau Doktor. Ob es so gegen fünf Uhr in der Firma passe, und zwar ohne Polizeiwagen, Blaulicht, Sirenen oder sonstiges völlig unangemessenes Aufsehen?
    Sie kamen gegen halb fünf in Düsseldorf an und checkten in einem kleinen, preiswerten Hotel am Rhein ein. Christian bezog sein Zimmer, duschte sich in aller Gemütsruhe und kleidete sich frisch ein. Er wollte Clarissa Wedekinds Zeitfensterchen ein wenig strapazieren.
    Gegen Viertel vor sechs traf er bei »Aglaia« ein. Tanja Sowieso warf ihm einen giftigen Blick zu, als er sich bei ihr anmeldete. Sicher hatte sie freitags üblicherweise früher Feierabend. Clarissa Wedekind hingegen unterließ es souverän, Christians Verspätung zu kommentieren. Sie begrüßte ihn freundlich und bot ihm Platz und Kaffee an. Christian bevorzugte Mineralwasser, das Clarissa per Sprechanlage orderte. Christian hatte sich noch nicht richtig vorgestellt, als Tanja das Chefzimmer betrat. Sie stellte ein Tablett mit einer Karaffe Mineralwasser, zwei Gläsern und einem kleinen Postpaket auf Wedekinds Schreibtisch. Tanja reichte ihrer Chefin das Päckchen: »Diesmal aus Luxemburg laut Poststempel. Brauchen Sie mich heute noch, Frau Doktor Wedekind?«
    Christian beobachtete, wie Clarissa Wedekind auf die Post starrte. Sie wirkte fassungslos, nahm das Päckchen weder aus der Hand ihrer Assistentin an noch beantwortete sie deren Frage. Irritiert legte Tanja die Fracht auf den Tisch und wiederholte ihre Frage. Erst da löste sich Clarissa aus ihrer Lähmung, nahm mit schnellem Griff das Päckchen, stopfte es in eine Schreibtischschublade und entließ ihre Assistentin knapp und mit leicht brüchiger Stimme ins Wochenende.
    Als Tanja draußen war, räusperte sich Clarissa und wandte sich, nun wieder völlig gefasst, an Christian: »Was kann ich für Sie tun, Kommissar Beyer? Ich dachte, die leidige, wenn auch rätselhafte Angelegenheit mit dem unter unserem Firmennamen angemieteten Wagen wäre erledigt. Die Düsseldorfer Polizei war hier und hat den Fall mit unserer Verwaltung besprochen. Dass nun ein Kommissar aus Hamburg die Notwendigkeit sieht, mich als Geschäftsführerin dazu zu befragen, erscheint mir – verzeihen Sie meine Offenheit – etwas übertrieben. Zumal ich mich mit derlei Dingen wie unserem Fuhrpark oder Mietwagen-Gepflogenheiten nun wirklich nicht beschäftige. Mein Aufgabenbereich erstreckt sich auf andere Gebiete.«
    Christian hatte die lange Ansprache geduldig über sich ergehen lassen. Diese Wedekind mochte sich zwar redlich um einen zuvorkommenden Tonfall bemühen, doch der Hochmut dampfte ihr aus allen Poren.
    »Deswegen bin ich nicht hier, Frau Wedekind. Auch mein Aufgabenbereich erstreckt sich in der Tat auf andere Gebiete. Ich möchte mit Ihnen über Ihre kürzlich verstorbene Nichte Sarah Kopper reden.«
    Clarissas Augen verengten sich. Christian hatte ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. »Ein tragischer Fall. Unsere gesamte Familie steht immer noch unter Schock.«
    »Können Sie sich irgendeinen Grund vorstellen, warum Sarah das passiert ist, was ihr passiert ist?«
    »Um Himmels willen, nein! Kein normaler Mensch kann sich für eine solch sinnlose und grauenvolle Tat einen Grund vorstellen! Haben Sie denn den Mörder inzwischen gefasst? Oder wenigstens eine Spur?«
    Christian sah keine Veranlassung, den Spieß von Clarissa Wedekind umdrehen zu lassen und ihre Fragen zu beantworten. »In welchem Verhältnis stehen Sie zu Professor Svensson aus München?«
    Die unvermittelte Frage brachte Clarissa Wedekind wieder kurz aus dem Gleichgewicht. Sie sah eine Millisekunde fast so erschrocken aus wie in dem Moment, als ihr das Päckchen gereicht wurde. »Er war einer meiner Professoren, als ich noch studiert habe. Seitdem verbindet uns eine Art kollegiale Freundschaft. Warum fragen Sie?«
    »Haben Sie häufig Kontakt?«
    »Eher selten. Das letzte Mal, warten Sie … Das ist nicht lange her … War das gestern oder vorgestern, als er mich anrief? Ach, jetzt verstehe ich! Das waren Sie!« Clarissa tat, als wäre ihr gerade erst der Groschen gefallen. »Er hat mir erzählt, dass die Polizei bei ihm war. Weil eine junge Frau umgekommen wäre. Genaueres hat er nicht erwähnt.« Clarissa gab sich irritiert: »Es ging aber nicht um Sarah, oder? Was hat meine Nichte mit Svensson zu tun, die beiden kannten sich nicht

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