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Puppenspiele

Puppenspiele

Titel: Puppenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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kleines Hotel mit altmodisch eingerichteten, aber großzügig geschnittenen Zimmern. Herd hatte das Hotel ausgesucht, weil sich direkt gegenüber auf einem kleinen, begrünten Platz ein Irish Pub befand. Dort machten sie ihre erste Station und trafen sich mit Karen, die sie auf der Fahrt telefonisch aus dem Bett geklingelt hatten.
    »Mann, seht ihr scheiße aus!«, war Karens lapidare Begrüßung. Sie selbst sah wie immer hinreißend aus. Ausgeschlafen und unglaublich perfekt. Karen setzte sich. Die Bar war nur spärlich besucht. Im Hintergrund standen ein paar verlorene Gäste mit Schlagseite und diskutierten die Schiedsrichterentscheidungen einer Fußballspielwiederholung, die auf einem großen Bildschirm gezeigt wurde. Christian und sein Team waren gewissermaßen unter sich. Als vier Guinness in sprudelnder Frische vor ihnen standen, begann Karen ihren Bericht, wie immer ohne jegliche Unterstützung durch Notizen und in einer für Laien verständlichen Sprache: »Das Grundsätzliche hat euch Striebeck sicher schon weitergegeben. Ich mach’s kurz: Das Opfer wurde betäubt mit Isofluran. Das war eine Zeit lang das am häufigsten benutzte Narkosemittel, ist es aber nicht mehr wegen der Nebenwirkungen. Wie dem auch sei. Durch eine Überdosis Isofluran kam es bei dem Opfer zu einer tödlichen Atemdepression.«
    »Das heißt, sie ist erstickt, ohne es mitzubekommen?«, fragte Herd dazwischen.
    Karen nickte: »So könnte man sagen. Kein Hinweis auf einen Kampf oder sexuelle Gewalt. Das Herz wurde nach dem Tod entfernt. Interessant hierbei ist, dass die Narbe recht stümperhaft zugenäht wurde, was auf einen Laien hindeutet. Ich vermute, hindeuten soll. Denn bei der Entnahme des Herzens wurde kein einziger überflüssiger Schnitt gemacht, alles andere als das Gemetzel eines Laien. Auf fundierte medizinische Kenntnisse lässt außerdem die Konservierung der Leiche schließen. Vor wenigen Jahren haben die Spanier eine neue Gruppe von Mitteln zusammengerührt, die das Konservieren von Leichen zu allen möglichen Zwecken erheblich vereinfacht. Unser Mann hat ›complucad tanas‹ benutzt …«
    Volker unterbrach sie: »Bingo. Genau das Gleiche hat der Rechtsmediziner in München herausgefunden. Es ist derselbe Mörder, gar kein Zweifel.«
    Karen nickte. »Vermutlich. Complucad ist ein wunderbares Mittel, um für einige Tage zu konservieren. Nicht toxisch für den Konservator, stinkt nicht … Einfaches Einreiben der Leiche genügt. Früher musste man zur Konservierung in aufwendigen Verfahren alle Innereien herausholen, das Blut komplett und sauber ausspülen, um dann …«
    »Kannst du mir bitte die Details ersparen? Ich will mein Guinness genießen!« Herd war nie sonderlich interessiert an den Feinheiten von Karens Job. Er weigerte sich strikt, sie in der Hamburger Rechtsmedizin auch nur zu besuchen. Die geöffneten Körper, die er an manchen Tatorten vorfand, reichten ihm vollkommen.
    »Du vermutest also einen Arzt oder so was Ähnliches hinter unserem Täter?«, fragte Christian.
    »Wer weiß? Ein Arzt, ein Pfleger, ein Pathologe, ein Tierpräparator, ein künstlerischer Metzger, ein Hobbychirurg … Christian, du weißt selbst, wie unseriös solche Festlegungen sind. Fertigkeiten kann man sich aneignen, Informationen über alles Mögliche und Unmögliche sind heutzutage allgemein zugänglich. Gib mal im Internet das Schlagwort ›Konservierung‹ ein, da kannst du ’ne Menge lernen. Und an die Mittel, die er benutzt hat, kann man auf den verschiedensten Wegen kommen. Hersteller, Zwischenhändler, Krankenhäuser, Universitäten …«
    »Wenn man sie kennt«, gab Volker zu bedenken.
    »Genau das! Euer Mann mag kein Profi sein. Aber er kennt sich aus. Er kennt sich sogar gut aus«, bestätigte Karen.
    »Okay, danke fürs Erste, Karen.« Christian bestellte noch vier Guinness und blickte in die Runde: »Was wissen wir also bislang?«
    »Zwei Frauen, Anfang/Mitte zwanzig. Studentinnen. Keine optisch auffälligen Übereinstimmungen. Aber beide hübsch, begabt, unauffälliges Sozialverhalten«, begann Herd.
    »Zwei Großstädte. Der gleiche Modus Operandi«, fügte Volker hinzu.
    »Saubere Ausführung, keine Zeugen, bislang keine verwertbaren Spuren. Ein umsichtiger, planender, organisierter Mörder«, ergänzte Christian.
    »Zwei alleinerziehende Mütter aus gehobenen Kreisen. Die Opfer Einzelkinder«, sagte Herd.
    »Guter Punkt«, bestätigte Christian. »Okay, weiter: Was haben wir für Fragen? Außer: Wer ist Thorsten?

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