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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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Anschließend markierte er das Ergebnis auf dem ersten Blatt der unteren Reihe. Und so fuhr er fort.
    »Fällt Ihnen etwas auf?«, fragte er währenddessen.
    Michael betrachtete argwöhnisch die Ergebnisse. Natürlich fiel ihm etwas auf.
    »Sie sind identisch«, sagte er erstaunt.
    Grinsend ließ Martin Schuster den Textmarker in der Brusttasche seines schneeweißen Laborkittels verschwinden. »Das ist eigenartig, nicht wahr? Denn hier oben liegt unsere erste Testreihe und darunter die letzte, die von Ihnen zusätzlich in Auftrag gegeben wurde. Zwei Testreihen
mit unterschiedlichen Bedingungen und unterschiedlichen Probanden können unmöglich identische Resultate ergeben. Wenn Sie mich fragen, ist das gefälscht. Manipuliert! Ohne Zweifel.«
    Nachdenklich lehnte Michael sich zurück. »Es wird sich um einen Fehler handeln«, sagte er. Manipulation hielt er für ausgeschlossen. »Ein Softwarefehler vielleicht, oder schlichtweg menschliches Versagen.«
    »Aber Dr. Kolberg hat alle Testergebnisse abgezeichnet«, gab Martin Schuster zu bedenken. »Sehen Sie es sich an. Auf jedem einzelnen Bogen steht seine Unterschrift.«
    Das hatte Michael bereits bemerkt. Trotzdem wollte er nicht an Betrug glauben.
    »Warum sollte Dr. Kolberg ausgerechnet die letzte Testreihe manipulieren?«, fragte er und stellte im selben Atemzug fest: »Alle Strycon-Tests hatten doch fantastische Ergebnisse.«
    Martin Schuster zuckte mit den Schultern und sammelte die einzelnen Blätter wieder ein, während Michael sich grübelnd in seinen Schreibtischsessel zurücklehnte.
    Seit Jahren arbeitete MediCare mit Dr. Kolbergs Testinstitut zusammen, und es hatte nie einen Anlass zur Beschwerde gegeben. Das Institut hatte einen ausgezeichneten Ruf. Es war absolut undenkbar, dass dort Ergebnisse verfälscht wurden. Und warum ausgerechnet die der letzten Testreihe? Die hatte Michael nur in Auftrag gegeben, weil in der Vereinbarung mit den Chinesen die Anzahl der Testreihen festgelegt war und diese eine
noch fehlte. MediCare führte seit Jahren immer eine Testreihe weniger durch. Es war bisher nur niemandem aufgefallen.
    »Ich werde das umgehend mit Dr. Kolberg klären«, versprach Michael dem Chemiker.
    Kaum war Martin Schuster gegangen, griff er auch schon zum Telefon.
    Dr. Kolbergs Sekretärin teilte ihm mit, dass ihr Chef seit gestern im Urlaub sei.
    »Ist es wichtig, Herr Westphal?«, erkundigte sie sich freundlich.
    Den Hintergrund dieser Frage kannte Michael. Für Notfälle hatte Kolberg immer ein Handy bei sich, über das man ihn rund um die Uhr erreichen konnte. Da Michael aber überzeugt war, dass die Angelegenheit sich aufklären würde und da diese letzte Testreihe bei den Verhandlungen mit Mr Ming nicht zur Diskussion gestanden hatte, beschloss er, Kolberg im Urlaub nicht zu stören.
    »Nein, so wichtig ist es nicht«, sagte er und fügte hinzu: »Ich melde mich, wenn er zurück ist.«

6
    Seit einer Stunde schon stand Lisa auf der Straße gegenüber dem weißen Einfamilienhaus und fixierte es mit ihren Blicken. Ilona Berger war zu Hause und hatte Lisas Anwesenheit längst bemerkt. Wie eine Löwin im Käfig lief sie umher, zeigte sich mal an diesem und mal an jenem Fenster. Sie schien die Hoffnung nicht
aufzugeben, die Beobachterin würde sich in Luft auflösen.
    Aber diesen Gefallen tat Lisa ihr nicht. Ilona Berger durfte die Vergangenheit nicht einfach vergessen und weiterleben, als sei nichts passiert. Sie konnte sich nicht für ewig in ihrem Haus verstecken, sie musste endlich Stellung beziehen.
    Es verging eine weitere Stunde. Lisa hatte inzwischen eiskalte Füße bekommen und war so durchgefroren, dass sie sich kaum noch bewegen konnte. Doch das störte sie nicht im Geringsten. Aus der Ferne hörte sie eine Kirchturmuhr schlagen. Es war ein Uhr - Mittagszeit. Ein Schulbus hielt an. Vielleicht saß Ilona Bergers Tochter darin. Lisa hatte sie noch nie gesehen. Sie wusste nur, dass das Mädchen zwölf Jahre alt war und in München eine Privatschule besuchte. Ilona Berger ließ ihrer Tochter die beste Ausbildung zukommen. Schließlich konnte sie es sich leisten.
    Ein hübsches Mädchen mit dunkelblonden Zöpfen und einem roten Anorak stieg aus. Der Busfahrer half ihr dabei. Er trug ihr sogar die Schultasche und stellte diese neben sie auf den Gehweg.
    Als der Bus wieder abfuhr, winkte das Mädchen ihm nach. Sie winkte selbst dann noch, als er bereits um die Ecke gebogen und gar nicht mehr zu sehen war. Dann steckte sie ihre Hände in die

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