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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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Anoraktaschen und blickte sich hilflos um. Auch Lisa wurde von ihrem Blick gestreift, doch das Mädchen schien sie nicht zu registrieren. Obwohl sie nur ein paar Meter entfernt stand. Lisa fiel ein Zeitungsbericht ein, in dem von einer Behinderung
des Mädchens die Rede gewesen war. Das Mädchen war blind.
    Wieso hatte sie daran nicht mehr gedacht?
    Sie ging ein paar Schritte auf die Kleine zu. »Kann ich dir helfen?«, fragte sie.
    »Meine Mama steht wohl hier nirgendwo, was?«, erwiderte die mit dem genervten Ton eines Teenagers.
    Demonstrativ blickte Lisa sich um. »Nein. Hier ist niemand.«
    »Könnten Sie mir schnell über die Straße helfen?«, fragte das Mädchen. »Ich wohne da drüben. Aber ich darf nicht alleine gehen. Meine Mutter hat es mir strengstens verboten.«
    »Kein Problem.« Lisa nahm die Schultasche und ergriff die Hand des Mädchens. »Es ist alles frei. Wir können.«
    Doch sie hatten noch keine drei Schritte gemacht, da riss Ilona Berger die Haustür auf und stürzte auf ihre Tochter zu.
    »Um Himmels willen, Anja«, schrie sie und zog das Kind abrupt an sich, als hätte sie Angst, Lisa könnte es entführen.
    Das Mädchen war vor Schreck zusammengezuckt und befreite sich entrüstet aus der Umklammerung ihrer Mutter. »Hey, Mama, was soll das denn? Die nette Frau wollte mir nur über die Straße helfen. Was kann ich dafür, wenn du schon wieder vergessen hast, dass wir eine Stunde eher Schluss hatten.«
    Lisa sah in Ilona Bergers angsterfüllte Augen, während sie ihr die Schultasche gab.

    »Ich wollte Ihrer Tochter wirklich nur helfen«, sagte sie leise.
    Ilona Berger senkte den Blick. »Danke«, murmelte sie verstört.
    Dann legte sie den Arm um die Schultern ihrer Tochter und ging wortlos mit ihr ins Haus, ohne sich noch einmal nach Lisa umzudrehen.

7
    Ein verführerischer Duft von frisch gebackenem Kuchen durchströmte den Empfangsbereich der Villa. Michael lief das Wasser im Mund zusammen. Deshalb legte er die Reisekataloge auf das Sideboard, zog schnell seine Jacke aus und ging direkt in die Küche.
    Wie erwartet traf er dort auf seine Mutter und, zu seiner großen Überraschung, auch auf Lisa. Die zwei schienen den ganzen Nachmittag gebacken zu haben, denn der lange Küchentisch stand voller Rühr- und Blechkuchen, die alle auf ihre Vollendung warteten. Einen davon bestrich Hilde gerade mit einer Schokoladenglasur, ein anderer wurde von Lisa mit bunten Smarties verziert.
    »Wollt ihr eine Bäckerei eröffnen?«, fragte Michael.
    »Gut erkannt«, antwortete Hilde. »Nur, mit einer einfachen Bäckerei geben wir uns nicht zufrieden. Wenn schon, dann eröffnen wir eine Konditorei, am besten am Viktualienmarkt. Eine für echte Leckermäuler.« Sie strahlte Lisa an. »Was hältst du davon? Wäre das nicht das Richtige für uns zwei?«

    Abwehrend hob Lisa die Hände und warf Michael einen Hilfe suchenden Blick zu.
    »Lass dir bloß nichts erzählen«, beruhigte er sie lachend. »Davon träumt meine Mutter, seit ich denken kann. Ich glaube nicht, dass sie das je in die Tat umsetzen wird.«
    »Du weißt doch genau, warum«, erwiderte Hilde beleidigt.
    »Und ob ich das weiß«, entgegnete Michael und fügte an Lisa gewandt hinzu: »Mein Vater hält eine Bäckerei für nicht standesgemäß. Außerdem könnten die Leute die Nase rümpfen und auf die Idee kommen, seine Ehefrau müsste Geld dazuverdienen.«
    »Er ist eben etwas altmodisch«, verteidigte Hilde ihn und fragte dann verwundert: »Wo ist er eigentlich?«
    »In Nürnberg. Er hat dort einen Termin.«
    »In Nürnberg?« Sie runzelte ungläubig die Stirn. »Das kann nicht sein.«
    »Ganz sicher«, sagte Michael. »Er hat erst Mr Ming zum Flughafen gebracht und ist dann direkt nach Nürnberg weitergefahren.«
    »Womit denn? Mit dem Zug?«
    Michael schüttelte den Kopf. Als wüsste seine Mutter nicht, dass Rudolf niemals mit einem Zug fahren würde. »Selbstverständlich hat er den Wagen genommen«, sagte er. »Und Harry durfte wieder einmal Chauffeur spielen.«
    »Genau den habe ich aber heute in München gesehen«, widersprach Hilde.
    »Wen? Harry?«

    »Ja! Im Auto deines Vaters. In seiner Uniform. Darin kann man ihn nicht verwechseln.«
    »Unmöglich. Ich weiß genau, dass Papa heute Nachmittag einen Termin in Nürnberg hatte.«
    »Termin hin oder her, ich habe ihn jedenfalls gesehen«, meinte Hilde. »Und zwar in Grünwald, wo ich mit Renate bei ihrer Cousine war. Dort parkte in einer Seitenstraße der Wagen deines Vaters, und am Steuer

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