Puppentod
Michael eine Spur eifersüchtig.
Sie lachte. »Nein, ganz bestimmt nicht. Aber Margerita kennt ihn, und deshalb weiß ich, dass wir es mieten können.«
»Und es ist wirklich so schön, wie du es mir beschrieben hast?«, wollte er wissen.
»Eigentlich noch viel schöner«, versicherte sie ihm. »Glaub mir. Es ist das romantischste Haus, das es gibt.«
Er überlegte und sagte nach einer Weile: »Also gut, wenn du meinst. Ich vertraue dir blind.«
Daraufhin strahlte Lisa ihn an, was ihn sehr glücklich machte. Obwohl er ein wenig enttäuscht war, als er die Kataloge zusammenklappte. »Dann hätten wir das ja geklärt«, meinte er. »Nun müssen wir nur noch einen Termin aussuchen und die Flüge buchen. Doch wir sollten
unbedingt vorher zum Standesamt gehen, um zu erfahren, welche Papiere wir dort unten für eine Eheschließung brauchen …«
»Das habe ich alles schon erledigt«, fiel sie ihm ins Wort.
Er war erstaunt. »Du warst auf dem Standesamt? Wann?«
»Heute Morgen. Es ist alles ganz unkompliziert. Hier, sieh es dir an.« Sie legte ihm ein gedrucktes Blatt Papier vor. »Wir brauchen nur unsere Geburtsurkunde, den Reisepass und ein Ehefähigkeitszeugnis. Darin bestätigt ein Anwalt, dass man nicht schon verheiratet ist.«
»Das kann Erik machen«, schlug Michael vor.
»Der ist doch Scheidungsanwalt«, rief Lisa entsetzt.
»Na und?« Er lachte. »Bist du etwa abergläubisch?«
»Ein Scheidungsanwalt soll unsere Papiere jedenfalls nicht ausstellen«, sagte sie. »Außerdem erledigen wir das vor Ort. Das geht ruckzuck und kostet nur ein paar Dollar.«
Er war nicht sicher, ob er sie gerade richtig verstanden hatte. »Willst du damit sagen, dass wir uns ein Ehefähigkeitszeugnis … kaufen sollen?«
»Natürlich nicht«, sagte sie erschrocken. »Aber dort unten geht so etwas wirklich sehr schnell.«
»Wie lange dauert es denn, diese Papiere in Deutschland ausstellen zu lassen?«
»Man hat mir gesagt, bis zu drei Monaten.«
»Drei Monate?«
Lisa nickte. »Glaub mir, so ein Ehefähigkeitszeugnis ist überhaupt kein Problem. Das erledigt die deutsche Botschaft in Santo Domingo sofort.«
Michael aber blieb skeptisch. »Und wenn nicht? Dann fliegen wir dorthin und können unter Umständen gar nicht heiraten.«
»Lass mich mal machen«, erwiderte sie augenzwinkernd. Aber dann wurde sie auf einmal sehr ernst, senkte ihren Blick und sagte: »Ich wollte sowieso noch etwas mit dir besprechen …«
Ein ungutes Gefühl breitete sich in seiner Magengegend aus. »So? Was denn?«, fragte er und sah sie abwartend an.
Sie zögerte mit der Antwort. Nach einer Weile sagte sie: »Ich wollte gern zwei Tage eher in die Karibik fliegen.«
Seine Auffassungsgabe schien heute nicht intakt zu sein. Er hatte schon wieder den Eindruck, sie falsch verstanden zu haben. Wollte sie tatsächlich ohne ihn vorausfliegen?
»Ich muss mich von meinen Freunden verabschieden, das Zimmer kündigen und auch meinen Job … und ich könnte mich um dieses Ehefähigkeitszeugnis kümmern«, versuchte sie ihm zu erklären.
Verständnislos schüttelte er den Kopf. »Aber das können wir doch alles zusammen erledigen.«
»Bitte«, flüsterte sie, und weil ihre Augen ihn so anflehten, willigte er ein. Glücklich war er darüber nicht.
8
Fest an die Wand gepresst stand sie hinter der bodenlangen Gardine und wagte kaum zu atmen. Sie hatte Angst. Panische Angst! Sie drückte die Puppe an sich und krallte die Finger in deren blonde Zöpfe.
Wenn es doch nicht so dunkel wäre! Brannte kein Licht mehr im Haus, oder konnte sie es durch den dicken Samtstoff nur nicht sehen?
Tapfer schluckte sie die Tränen herunter. Sie durfte nicht weinen. Nicht jetzt. Auf keinen Fall. Große Mädchen weinen nicht.
Sie horchte in die Stille. Es gab kein einziges Geräusch. Im ganzen Haus nicht. Deshalb fasste sie sich ein Herz und schob die Gardine beiseite …
In diesem Augenblick wachte Lisa auf. Schweißgebadet versuchte sie, sich zu orientieren. Wo war sie?
Sie rang nach Luft, musste sich erst einmal beruhigen. Musste gleichmäßig atmen. Doch ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Die Augen der Puppe sahen sie an. Große, blaue Kulleraugen.
Lisa hielt sich den Mund zu, weil sie sonst schreien würde.
Sie brauchte Luft. Dringend.
Sie schlug die Decke zurück, tastete im Dunkeln nach ihren Sachen und verschwand damit im Bad. Dort machte sie Licht und ließ kaltes Wasser über ihr Gesicht laufen. Eiskaltes Wasser. Das half ihr aufzuwachen und in die reale Welt
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