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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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saß Harry.«
    »Warum bist du denn nicht hingegangen?«, wollte Michael wissen.
    »Weil mir das peinlich war«, erklärte sie prompt. »Glaubst du, ich stelle Renate diesen Harry vor? Wo Renate doch immer so etepetete ist. Diesem Harry sieht man doch an, dass …«
    Abrupt brach sie ab, weil Michael ihr einen warnenden Blick zuwarf.
    Allerdings war es schon zu spät. Ihre Bemerkung hatte Lisas Aufmerksamkeit geweckt.
    »Was sieht man ihm an?«, fragte sie neugierig.
    Michael atmete tief durch. Er mochte Harry nicht sehr gern, aber er hasste es, wenn seine Mutter immer wieder mit diesen alten Geschichten anfing. »Harry war im Gefängnis«, erklärte er gereizt. »Er hat im Affekt jemanden totgeschlagen. Aber er hat seine Strafe abgesessen und ist inzwischen seit zwölf Jahren bei uns in der Firma.«
    »Ist ja schon gut«, sagte Hilde.
    Daraufhin fragte Michael versöhnlich: »Für wen habt ihr nun eigentlich all diese Kuchen gebacken?«

    »Für das Frühlingsfest im Kindergarten«, antwortete seine Mutter. »So wie jedes Jahr.«
    »Das ist alles für den Kindergarten?«, fragte Michael enttäuscht. »Nichts davon für mich?« Er machte ein betrübtes Gesicht, während er sich ein paar von den bunten Smarties nahm.
    Seine Mutter zwinkerte ihm zu. »Wenn ich einen Kuss kriege, schon.«
    Er drückte ihr einen Schmatz auf die Wange und bekam umgehend seinen Lieblingskuchen geschenkt - einen Sandkuchen mit dickem Schokoladenüberzug, der einfach köstlich schmeckte. Zum Dank dafür entführte er Lisa. Er wollte mit seiner zukünftigen Frau das Hotel für die Hochzeit aussuchen. Fürs Kuchenbacken mit seiner Mutter würde Lisa in Zukunft noch genug Zeit haben.

    In seinem Zimmer schlug er in den Katalogen die Seiten der Hotels auf, die er durch Umknicken einer Ecke markiert hatte, und zeigte sie Lisa. Die Hochglanzbilder übertrafen sich gegenseitig. Palmengesäumte weiße Strände, Terrassen, die direkt über dem Meer thronten, Poollandschaften, die übergangslos in den Horizont einzutauchen schienen, und Suiten mit allem erdenklichen Luxus.
    Wenn das Paradies tatsächlich existierte, musste es in einer dieser Hotelanlagen sein. Davon war Michael fest überzeugt.
    Lisas Begeisterung jedoch hielt sich in Grenzen.

    »Willst du wirklich in einem Hotel wohnen?«, fragte sie.
    Verblüfft schaute er sie an. »Wo denn sonst?«
    Er fragte sich, ob sie am Strand übernachten wollte oder in dieser kleinen Wohnung, in der er sich mit Herrn Yoshitoki das Bad teilen musste. Das entsprach nicht seinen Vorstellungen von einer Hochzeitsreise.
    »Setz dich hin, und schließ die Augen«, forderte sie ihn auf, während sie die Kataloge beiseiteschob. »Und nun stell dir Folgendes vor: Wir fahren eine lange Straße entlang, durch einen Palmenwald und einen Berg hinauf, auf dem ein prachtvolles weißes Haus steht. Es ist umgeben von Blumen, Palmen und großen Bananenstauden. Es gibt einen Kakteengarten, einen Swimmingpool und eine Veranda, von der aus man aufs Meer schauen kann. Dort hängen von einem Bambusdach unzählig viele Klangspiele herab, die anfangen zu klingen, wenn der Wind hindurchfährt, und die man auch nachts hört, durch das offene Schlafzimmerfenster. Aber nur ganz leise und vermischt mit dem Rauschen des Meeres. Das ist wirklich sehr, sehr schön.«
    Als er seine Augen wieder aufmachen durfte, sah er Lisa verträumt lächeln.
    »Wo steht dieses Haus?«, fragte er.
    »Über der Bucht von Samaná. Von Margeritas Bar aus kann man es normalerweise sehen, aber es versteckt sich hinter den dichten Palmen und den Bananenstauden. Wir wären dort ganz für uns allein. Wäre das nicht toll?«
    Das klang verlockend, so viel musste Michael zugeben. Obwohl er diese eine Woche, die als Hochzeitsreise eingeplant war, gern in einem Luxushotel verbracht hätte,
in dem seine Wünsche erfüllt wurden, noch bevor er sie ausgesprochen hatte.
    Aber Lisa ließ nicht locker und schwärmte Michael weiter von dem Haus vor. Sie gab sich so große Mühe, ihn zu überzeugen, dass er ihr diesen Wunsch unmöglich abschlagen konnte.
    »Wem gehört dieses Haus?«, erkundigte er sich. »Kann man es so einfach mieten? Woher willst du wissen, dass es frei ist?«
    »Weil ich das weiß«, sagte Lisa. »Es gehört einem Amerikaner. Er hat es vor ein paar Jahren gebaut, um dort zu leben, ist dann aber zurück nach Florida gegangen. Und nun steht es leer und wird höchstens ein- oder zweimal im Jahr an gute Freunde vermietet.«
    »Zu denen du gehörst?«, fragte

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