Puppentod
nachkommen.«
Daraufhin stieg sie zu Julio auf das Moped und fuhr mit ihm davon. Entgeistert schaute Michael ihnen nach. Sie konnte ihn doch nicht einfach hier stehen lassen! Und während er immer noch nicht glauben wollte, was gerade passiert war, bog das Moped auf die Schnellstraße ab und verschwand aus seinem Blickfeld.
Vollkommen perplex trottete Michael mit seinem Gepäckwagen zum Flughafengebäude. Vor einer Woche war er allein hier angekommen, und nun flog er allein wieder nach Hause. Es erforderte eine gehörige Portion Galgenhumor, um darüber lachen zu können. Wahrscheinlich war er der erste Mann, der ohne Braut auf Hochzeitsreise gegangen war.
Er hoffte inständig, nicht wieder auf die netten Stewardessen vom Hinflug zu treffen. Die hielten ihn sonst für einen Spinner und meinten am Ende, seine Hochzeit hätte es überhaupt nicht gegeben.
15
Lisa drücktesichfest in den Sitz der großzügigen Limousine und rutschte so weit nach unten, dass Harry sie im Rückspiegel nicht mehr sehen konnte. Er beobachtete sie schon die ganze Fahrt über, das war ihr nicht entgangen.
Wieso hatte Michael diesen Harry zum Flughafen geschickt? Er war nicht selbst gekommen, um sie abzuholen. Den wichtigen Termin hielt Lisa für eine Ausrede. Das nahm sie ihm nicht ab. Nicht um acht Uhr abends. Michael war beleidigt, daran lag es. Und das konnte sie sogar verstehen, nachdem sie einfach mit Julio davongefahren war. Nur hatte sie keine andere Wahl gehabt.
Es hatte Michael schon nicht gefallen, allein in der Karibik anzukommen. Ohne sie zurückzufliegen hätte er nie akzeptiert. Aus diesem Grund hatte sie so handeln müssen, auch wenn das unfair gewesen war. Noch viel unfairer aber war es, ihn zur Marionette in ihrem Spiel zu machen, seine ehrlichen und tiefen Gefühle auszunutzen und ihm eines Tages sehr wehzutun. Er hatte das nicht verdient, denn er war ein guter Mensch. Doch so war diese Welt. Die Guten waren
immer die Verlierer. Das hätte Gott anders einrichten müssen.
Der Wagen bog in das Firmengelände von MediCare ein, und Harry parkte unmittelbar vor dem Bürogebäude. Sie stiegen aus und gingen die Treppe zum Haupteingang hinauf. Die große Glastür öffnete sich um diese Zeit nicht mehr von selbst, der Nachtportier musste sie von innen aktivieren.
Nachdem Lisa sich in die Besucherliste eingetragen hatte, wurde sie von Harry in Michaels Büro begleitet. Es gab strikte Anweisungen bei MediCare, das wusste sie bereits. Harry hätte sie nie allein durch das Gebäude gehen lassen - dieser Mann mit den grünen, kalten Adleraugen. Aber nicht nur seine wachsamen Augen fielen Lisa auf. Auch seine besondere Art zu gehen bemerkte sie. Obwohl er stämmig und muskelbepackt war und unbeweglich wirkte wie ein Schrank, hatte sein Gang etwas Katzenhaftes an sich. Garantiert war er in Gefahrensituationen genauso leise und schnell wie ein Leopard beim Angriff. Dieser Mann war nicht zu unterschätzen. Er war trainiert, topfit, konzentriert und kalt wie Eis. Ein absolut gefährlicher Gegner.
16
Michaels Begrüßung fiel zurückhaltend aus, denn er war noch immer gekränkt.
»Hattest du einen guten Flug?«, fragte er kühl.
Sie nickte und sah ihn mit ihren großen, schwarzen Augen flehend an.
»Bitte sei mir wegen der Sache am Flughafen nicht mehr böse«, flüsterte sie. »Ich war so aufgeregt und hatte solche Angst um Margerita.«
Er räusperte sich. Er hätte Lisa jetzt gern in den Arm genommen und geküsst, doch er hatte sich vorgenommen, genau das nicht zu tun. Was sie getan hatte, war nicht in Ordnung gewesen, und das wollte er ihr durch sein Verhalten auch zeigen.
»Wie geht es Margerita denn?«, fragte er.
»Wieder besser«, sagte Lisa. »Es war eine Herz-Kreislauf-Geschichte. Nichts Ernstes, obwohl der Arzt sie gern ein paar Tage im Krankenhaus behalten hätte. Natürlich ist sie nicht geblieben - du kennst sie ja. Wortwörtlich hat sie zu dem Doktor gesagt, dass der liebe Gott sie holen soll, wenn er sie bei sich haben will, aber in einem Krankenhaus würde sie nicht bleiben.«
»Das passt zu ihr«, entgegnete Michael und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, was Lisa wohl als Versöhnungsangebot deutete. Deshalb stellte sie sich kurzerhand auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss. Der schmeckte so honigsüß, dass Michael dahinschmolz und sie doch in die Arme schloss. Ihr lange böse zu sein war unter solchen Umständen nicht möglich, und er befürchtete, dass ihr das längst klar war.
»Bitte mach
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