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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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gesteckt?«
    »Ich war verreist«, entgegnete Michael.

    »Schon wieder? Das kenne ich ja überhaupt nicht von dir. Hat dich das Reisefieber gepackt? Wo warst du?«
    »In der Karibik.«
    »Ist nicht dein Ernst!«, staunte Erik. »Etwa wegen dieser kleinen Maus?«
    Michael holte tief Luft. Eigentlich wollte er Erik nicht am Telefon von seiner Hochzeit erzählen, denn das verdutzte Gesicht des Freundes zu sehen wäre sicherlich ein ganz besonderes Vergnügen. Doch er konnte die Neuigkeit nicht verschweigen. Sie lag ihm einfach auf der Zunge.
    »Diese kleine Maus ist inzwischen meine Frau«, sagte er. »Ich habe sie vor ein paar Tagen in der Dominikanischen Republik geheiratet.«
    Am anderen Ende herrschte Schweigen. Bis Erik vorsichtig fragte: »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Das würde ich nie tun.«
    »Aber du kennst die Kleine doch höchstens drei Wochen.«
    »Als ich ihr den Heiratsantrag gemacht habe, kannte ich sie genau eine Woche«, erwiderte Michael gut gelaunt.
    »Warum machst du denn so einen Blödsinn?«, rief Erik. »Wollte sie keinen Sex vor der Ehe? Heiraten ist nicht gut für uns Männer, wie oft habe ich dir das schon gesagt? An deiner Stelle würde ich mir das noch mal überlegen. In der Karibik sind sie bekanntlich nicht die Schnellsten, deshalb dauert es bestimmt noch ein paar Wochen, bis der Wisch hier eintrifft. So lange hast du noch Zeit.«
    »Welcher Wisch?«, fragte Michael.

    »Na, die Eheurkunde«, sagte Erik. »Die musstet ihr doch bei der deutschen Botschaft abgeben, damit sie an das hiesige Standesamt geschickt wird. Und das passiert meistens erst nach sechs bis acht Wochen. Bis dahin könntest du den Postboten bestechen oder mit der Tante vom Standesamt nett essen gehen. Wenn du es geschickt anstellst, landet das Ding dann vielleicht im Papierkorb. War nur’n Spaß! Nimm’s nicht so ernst.«
    »Moment mal«, sagte Michael verwirrt, »wovon redest du eigentlich? Wieso hätten wir die Eheurkunde bei der deutschen Botschaft abgeben müssen?«
    Erneutes Schweigen am anderen Ende, bis Erik anfing zu lachen. »Sag bloß, das hast du nicht getan? Du hast diese verdammte Eheurkunde nicht abgegeben? Aber dann bist du ja überhaupt nicht verheiratet.« Er lachte immer lauter.
    Michael hingegen fand das nicht komisch. Was erzählte Erik denn da? Lisa hatte sich doch extra erkundigt. »Bist du dir sicher, dass man das tun muss?«
    »Klar bin ich mir sicher«, rief Erik. »Von der deutschen Botschaft wird sie legalisiert und danach versiegelt an das zuständige Standesamt nach Deutschland geschickt. Irgendwie müssen sie hier doch von offizieller Stelle erfahren, dass du geheiratet hast.«
    Das leuchtete Michael ein. »Und was soll ich jetzt tun?«, fragte er hilflos.
    »Auf jeden Fall sofort mit der Eheurkunde zum Standesamt gehen«, riet Erik ihm.
    Michael warf einen Blick auf die Wanduhr. Wenn er sich beeilte, konnte er das heute noch erledigen.

    »Ich rufe dich später zurück«, rief er hektisch, legte auf und rannte aus dem Büro.
    Wenn das stimmte … Das wäre nicht auszudenken! Wieso hatte Lisa das nicht gewusst? Hatte man ihr falsche Informationen gegeben?
    Er stieg in sein Auto und raste davon. Dieser Tag schien wirklich nichts Gutes zu bringen. Hoffentlich ging das nicht so weiter. Doch er sollte jetzt versuchen, positiv zu denken. Vielleicht klärte sich alles auf.

    Er fuhr nach Hause, wo er das organisierte Chaos vorfand. Während Harry und seine Leute jeden Winkel des Grundstücks nach Spuren durchkämmten, untersuchten Techniker und Computerspezialisten die Alarmanlage.
    »Haben sie schon etwas gefunden?«, fragte Michael seine Mutter, die gerade mit einer Kaffeekanne in der Hand aus der Küche kam.
    »Mit der Alarmanlage scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte sie und fügte im Flüsterton hinzu: »Im Wohnzimmer sitzt ein Bestattungsunternehmer, weil ich für Yakko einen Grabstein aussuchen will. Würdest du mir dabei helfen?«
    »Jetzt nicht, Mama.« Er legte seinen Autoschlüssel auf das Sideboard, auf dem noch immer die Puppe saß.
    »Wem gehört eigentlich diese Puppe?«, fragte er.
    Seine Mutter zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht hat Frau Becksteins Enkelin sie hier vergessen.«

    Das wunderte ihn, aber er hatte gerade andere Sorgen.
    »Hast du Lisa gesehen?«
    »Vorhin ganz kurz«, sagte Hilde. »Sie ist vor einer Stunde weggefahren, hat aber nicht gesagt, wohin.«
    Er versuchte, seine Frau auf dem Handy zu erreichen. Doch das war ausgeschaltet,

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