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Puppentod

Titel: Puppentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Winter
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Speck duftete.
    »Was gibt es zu essen?«, fragte er und versuchte neugierig, einen Blick in den Topf zu erhaschen, in dem sie gerade herumrührte.
    »Rindergulasch und Rotkraut«, antwortete sie und erkundigte sich nach Lisa.
    »Die ist joggen«, sagte Michael, während er einen Löffel aus der Schublade nahm, um vom Rotkraut zu kosten. »Aber sie ist schon seit einer Stunde weg; ich nehme an, sie wird gleich zurück sein. Papa ist übrigens auch schon wieder da.«
    »Dass ihm der Waldspaziergang ohne Yakko keinen Spaß macht, dachte ich mir«, seufzte Hilde. »Er fehlt deinem Vater wirklich sehr. Und ehrlich gesagt, mir fehlt er auch, obwohl er mich …«, sie setzte einen beleidigten Gesichtsausdruck auf, »… eigentlich nie richtig leiden konnte.«
    »Er konnte dich nur deshalb nicht leiden, weil du ihm immer wieder seine Steine weggenommen hast«, flachste Michael.
    »Er hat die Dinger mit ins Wohnzimmer gebracht und mir damit den ganzen Fußboden zerkratzt«, verteidigte sie sich. Doch auch an ihr ging der Tod des Hundes nicht spurlos vorüber, und so tupfte sie sich mit einem Zipfel ihrer schneeweißen Schürze eine Träne aus dem Augenwinkel. »Ich will nur wissen, wer unseren armen Yakko vergiftet hat«, schluchzte sie.

    In diesem Moment hörten sie plötzlich einen entsetzlichen Schrei - einen Schrei, der ihnen durch Mark und Bein fuhr. Erschrocken blickten sie sich an.
    Dann folgte der zweite Schrei, so gewaltig, dass er fast das ganze Haus zum Erzittern brachte, mit der Heftigkeit eines Erdbebens drückte er grenzenlose Verzweiflung aus, die direkt unter die Haut ging.
    »Das war Papa«, rief Hilde entsetzt.
    Sie stürzten zur Tür hinaus, und weil Rudolf nicht im Wohnzimmer war, liefen sie ins Büro. Dort fanden sie ihn, auf dem Teppich kauernd, das Gesicht in den Handflächen vergraben, weinend und schluchzend. Nach den ersten Schrecksekunden registrierten sie, was geschehen war. Die Picassosammlung war vollständig zerstört.
    Fassungslos starrte Michael die Bilder an. Von oben nach unten und von rechts nach links waren sie aufgeschlitzt, gradlinig und akkurat durchkreuzt. Der ganze Stolz seines Vaters, die wertvollen Originale, die es kein zweites Mal gab, waren unwiederbringlich ruiniert. Wer hatte das getan? Und warum?
    Michael hörte, wie die Haustür aufgeschlossen wurde. Lisa kam zurück. Sie trug einen Jogginganzug und hatte kleine Schweißperlen auf der Stirn. Verwundert und mit hochgezogenen Augenbrauen kam sie auf ihn zu und fragte leise: »Was ist los?«
    Er konnte nicht antworten, sondern nur wortlos auf die Bilder zeigen. Ihm fiel auf, wie erschrocken sie reagierte, und dass sie unwillkürlich das Kreuz an ihrer Kette umklammerte.

    Inzwischen war Hilde zu Rudolf gegangen. Weinend kniete sie sich neben ihn, um ihn liebevoll in den Arm zu nehmen. Doch er stieß sie weg. Er wollte ihren Trost nicht. Und auch kein Mitleid. Er sann auf Rache, das sah Michael seinem zornigen Gesicht an, als er den hochrot angelaufenen Kopf hob und voller Wut schrie: »Wer - war - das?«

    Innerhalb weniger Minuten traf Harry ein und schlug vor, statt der Polizei ein Spezialistenteam aus München kommen zu lassen. Seiner Meinung nach arbeiteten diese privaten Ermittler wesentlich schneller und effektiver als jede Polizei dieser Welt.
    Michael war dagegen. »Wieso keine Polizei?«, fragte er seinen Vater.
    »Weil ich es nicht will«, zischte Rudolf, während er vor seinen Bildern stand und seine zitternden Hände über Jacqueline mit Hut gleiten ließ. Er war noch immer leichenblass und hatte schwarze Schatten unter den Augen. Er sah aus wie sein eigener Geist.
    »Aber das hier ist keine Lappalie«, versuchte Michael seinen Vater umzustimmen. »Jemand ist in unser Haus eingedrungen und hat deine Bilder zerstört. Das gehört in die Hände der Polizei.«
    »Ihr Vater möchte aber keine Polizei«, mischte Harry sich ein. »Diesen Wunsch sollten wir akzeptieren.«
    »Wenn mein Vater mir den Grund dafür erklärt, akzeptiere ich das gerne«, erwiderte Michael und fügte verärgert hinzu: »Wir haben schon auf die Polizei verzichtet, als Yakko vergiftet wurde. Aber jetzt wird es
höchste Zeit, sie zu rufen. Und genau das werde ich jetzt tun.«
    Entschlossen griff er zum Telefon, welches auf Rudolfs Schreibtisch stand, und wollte gerade den Notruf wählen, als auf einmal das Freizeichen verstummte. Er drehte sich um und sah, dass Harry den Stecker gezogen hatte.
    »Was soll das?« Verdutzt blickte Michael seinen

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