Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
der Moscheen und das grüne Band der Oase. Alles, was er sah, gehörte ihm, diese reiche Stadt mit ihren vielen tausend Bewohnern, ihren Märkten und Werkstätten, all ihren Speichern und Zisternen und den Früchten der Oase.
Natürlich ging sein Einflussbereich noch weiter, weit über das hinaus, was er von hier überblicken konnte. Im Westen reichte er bis in die Nähe des Oued Draá und dessen fruchtbaren Flussoasen, und im Norden endete er am Fuße des großen Atlasgebirges. Diese nördliche Grenze hatte sich in den letzten Tagen sogar verschoben, oder noch besser: aufgelöst. Östlich und südlich von Sijilmassa gab es keine Konkurrenz für ihn, und so war bis zum Reich der schwarzen Könige jenseits der Sandwüste alles seins.
Was für ein großartiges Gefühl, Herr über ein solch riesiges Gebiet mit Oasen und Ländereien, den darin lebenden Menschen und allem Vieh zu sein. Plötzlich war er märchenhaft reich … Wie es aussah, hatte er die ersten Stufen zum Sultanspalast bereits erklommen. Und schon sehr bald würde er noch sehr viel erfolgreicher sein.
Zunächst kam die Reise nach Féz, wo er seinen Namen mit Hilfe der Karawanenschätze zum Klingen bringen würde. Die Kaufleute dort waren als weitsichtig bekannt, sie würden daher seine Bedeutung sofort erkennen und ihm sämtliche Türen öffnen. Am Hofe des Sultans würde er sodann gebührend auftreten, würde großzügig den Moscheen und den Armen spenden, so dass alle vom Wohlstand Sijilmassas und von seinem eigenen Reichtum beeindruckt wären.
Danach aber würde er seinem Namen noch weit strahlenderen Glanz hinzufügen. Er rieb seine Hände. Wie klug von ihm, dass er Murad einen dicken Beutel Gold anvertraut und ihm aufgetragen hatte, sich in seinem Namen bereits jetzt an der gegenwärtigen Sklavenkarawane zu beteiligen! Bei Allah, dieser Türke war wirklich mit allen Wassern gewaschen, wie gut, dass er seinen Rat angenommen hatte.
Sobald Murad Brahims Söhne in Féz abgeliefert hatte, würde er kehrtmachen und der Sklavenkarawane folgen. Sie war schließlich längst unterwegs an den Nil, von wo sie weiterziehen würde nach Osten bis in die Heimat des Propheten. Dort wurden größte Gewinne mit den Schwarzen erzielt.
Leider gab es in Sijilmassa noch keinen Sklavenmarkt, dachte Hussein. Das würde sich zwar ändern, aber es dauerte ihm zu lange, bis man hier so weit war, dass man mit Sklaven handeln konnte. Daher hatte er Murad aufgetragen, die Sache schon jetzt in die Hand zu nehmen.
Natürlich musste man unterwegs mit Verlusten rechnen, das war nun einmal so, hatte Murad erklärt, besonders während der Wüstendurchquerung starben die Schwarzen zuhauf. Dennoch war der zu erwartende Ertrag, wie Murad ihm versichert hatte, beachtlich.
Und wenn Murad dann mit mindestens zehn gut gefüllten Beuteln Gold zu ihm zurückkam, von denen er sicher ausgehen konnte, würde er die besten Baumeister von Féz beauftragen, ihm einen herrlichen Palast mit wunderschönen, grün glasierten Dachziegeln zu erbauen .
Seine Mutter hatte recht, in diesem Zentrum des Wissens und der Macht warteten Ruhm und Anerkennung auf ihn. Beachtung auf Schritt und Tritt war ihm gewiss, er würde einflussreiche Männer treffen, wichtige Fürsten, und natürlich auch vermögende Osmanen. Und Mutters ebenso geniale wie einfache Idee, Brahims Töchter mit älteren, sehr reichen und bedeutenden Osmanen zu verheiraten, würde seinen Einfluss zusätzlich erweitern.
Eine Bewegung in den Gassen unterhalb der Kasbah zog seinen Blick auf sich. Zwei Kamelreiter mit vier hoch bepackten Lasttieren im Schlepp ritten durch die Straßen. Hin und wieder grüßte der vordere Reiter einen der Bauern, die sich mit ihren Karren und Eseln zum Markt aufmachten.
Hussein erkannte den Bruder sofort. Niemand sonst saß so stolz und aufrecht im Sattel. Sein Mund wurde trocken.
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Trotz seiner Wut, die er nur mit Mühe bezwang, und trotz Müdigkeit und Sorgen, die auf Saïd lasteten, erfreute ihn die Silhouette der Kasbah vor dem hellen Mittagshimmel. Breit und wuchtig, geradezu unbezwingbar wachte sie über die Menschen von Sijilmassa. Unbezwingbar? Nun ja, vielleicht von außen gesehen, doch selbst mächtige Mauern brachen ein, wenn ihre Fundamente unterhöhlt wurden. Sein Gesicht verdüsterte sich erneut.
Vor der Kasbah angelangt schwangen beide Flügel des großen Tores auf. Sie ritten in den Hof, in dem eine Schar Bauern, Handwerker und Feldarbeiter warteten, außerdem einige Dorfvorsteher und zwei
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