Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
die Grabspuren unkenntlich zu machen. Diese sehr begehrten und kostbaren Waren befanden sich also in Sicherheit, außerhalb von Husseins Reichweite.
Auch Kolanüsse, Gummiarabikum und die Gazellenhörner hatten seine Männer irgendwo versteckt, darüber wusste er jedoch nichts Näheres. Ebenso wusste er nicht, wo die Krüge mit der hellgelben Galambutter abgeblieben waren. Sie war beliebt bei den Frauen, und Abdallah hatte erwogen, sie zwischen den anderen Krügen im Hamam unterzubringen, aber ob ihm das in der Kürze der Zeit tatsächlich gelungen war, ahnte er ebenfalls nicht. Doch er konnte seinen Männern vertrauen, das hatten sie in der letzten Nacht wieder einmal bewiesen. Lediglich die schweren Stämme aus Ebenholz und die Salzkegel waren auf dem Gelände zurückgeblieben. Kurz vor der Morgendämmerung hatte Idriss sogar noch die Kamele weggeführt, um sie bei Nomaden unterzubringen.
Hussein würde mit leeren Händen dastehen, wie ein Narr!
Denn die vielen Besucher des Abends würden natürlich von den ungeheuren Schätzen schwärmen und einander dabei übertreffen wollen, bis alles irgendwann ungeheuerliche Ausmaße angenommen haben würde. Diese wilden Geschichten würden Hussein seine Niederlage noch schmerzlicher erscheinen lassen.
Saïds Hochstimmung verflog jedoch gleich wieder. Was bedeuteten schon ein paar versteckte Handelsgüter im Vergleich zu der Entführung von Kindern oder einem Giftanschlag! Die Familie, mehr noch, die gesamte Verwandtschaft mit sämtlichen Angehörigen aller Seitenlinien, war doch ein Bollwerk gegen Widersacher und Unruhestifter jeder Art, ein Wall, hinter dem Vertrauen und Eintracht herrschten. Und hier saß der Feind im eigenen Haus – etwas Schlimmeres gab es nicht. Seine Fäuste ballten sich.
Bevor er nicht mit Hussein gesprochen hatte, konnte er natürlich nicht sicher sein, dennoch ging er davon aus, dass Brahims Söhne irgendwo als nützliches Unterpfand versteckt wurden. Sie würden wohl keine Not leiden, und zu gegebener Zeit würde man eine Forderung erhalten, die zur Freilassung der Jungen führte, dennoch war es ein verachtenswertes, ja, erbärmliches Ränkespiel auf dem Rücken von Kindern.
Saïd ließ seine Blicke herumgehen, von den Schönheiten des Gartens jedoch nahm er nichts wahr. Wie unwürdig, feige und verbrecherisch das alles war, es widerte ihn an. Doch wie es aussah, beließ es Malika nicht dabei, die Familie zu zerstören, offenbar trieb sie zur Befriedigung ihres Hasses eine ganze Region den feindlichen Osmanen in die Arme.
Sein Blick folgte einer Kletterpflanze, die sich an den ockerfarbenen Lehmwänden emporschlang, fast bis zur Brüstung der Terrasse. Dort oben, im Empfangsraum der Kasbah, wartete Hussein.
*
» Hast du von den verschwundenen Waren gehört, Sîdi Alî? Irgendjemand muss ihn gewarnt haben. Das ist ärgerlich, oder eher lästig, aber meine Leute sind schon dabei, sich umzuhören und die Sachen zu suchen. Nicht lange, dann werden wir alles finden.«
Hussein rieb die Hände, wie immer, wenn er nervös war. Er hatte fest damit gerechnet, wie ein Fürst in Féz einreiten zu können, hatte sich sogar alles bereits bis ins kleinste Detail ausgemalt, und nun? Sämtliche Kostbarkeiten – verschwunden! Hoffentlich dachte der Imam jetzt nicht, mit seinem Einfluss könne es nicht weit her sein.
Aber hatte er bisher nicht alles getan, was man in Féz von ihm erwartete? Die Unruhen im Tal nahmen bereits zu, hatte er gehört, es begann überall zu gären, wie vorausgesagt, so dass er schon bald hochoffiziell die Hilfe des Sultans anfordern konnte. Es fehlte nur noch der Vertrag mit dem Siegel des Sultans Ahmad. Er wandte sich wieder dem Imam zu.
» Du musst wissen, mein Bruder hat Unterstützer in der Stadt, Rückwärtsgewandte wie er. Ich denke allerdings, er hatte noch keine Gelegenheit, sich mit ihnen zu besprechen, der Schaden hält sich also in Grenzen. Er befindet sich gerade bei seiner Mutter, und ich überlege, ob wir ihn in der Kasbah zurückhalten sollten, bis Murad zurück ist. Was meinst du?«
» Ich fürchte, das dauert zu lange. Du könntest ihn allerdings festsetzen, bis die Janitscharen des Sultans eintreffen. Verfügt deine Burg über ein geeignetes Verlies?«
» Die Kasbah ist groß, es wird sich eine Möglichkeit finden. Was aber meinst du mit den Janitscharen des Sultans?«
» Vor kurzem trafen frische Truppen in Féz ein, gut trainierte türkische Kämpfer, die den neuen Rekruten zeigen werden, was man bei den
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