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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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raste ihr Herz.
    Endlich lockerte der Mann seinen Griff, und sie erkannte Abdul, den Torwächter. Bisher war er immer freundlich zu ihr gewesen, und nun erschreckte er sie?
    » Wer bist du, dass du glaubst, mich maßregeln zu können? Rühr mich ja nicht wieder an! Weißt du nicht, dass du eine Aït el-Amin vor dir hast!« Am Ende dieser Tirade waren ihre Fäuste geballt, ihre Augen jedoch schwammen in Tränen, und sie schniefte.
    Der zweite Mann trat näher und drückte sie tröstend an sich. » Abdul wollte dich nicht erschrecken, kleine Safia, er ist nur voller Sorge, das verstehst du doch?«
    » Onkel Saïd? Al hamdullilla h ! Ich war auf dem Weg zu dir, um dir zu sagen, dass Cherif und M’Barek … und Mutter ist furchtbar krank … Gott sei Dank, du bist endlich wieder zurück, nun wird alles gut. Aber ich bin nicht mehr klein!«
    » Das stimmt, verzeih mir. Du bist mutig wie eine Sandfüchsin.«
    War das ein Lob? Safia war sich nicht sicher.
    Von Saïds Gesicht waren nur die Augen zu erkennen, als er sich niederbeugte und leise zu ihr sagte: » Ich hörte bereits, dass hier alles drunter und drüber geht. Hör zu, Safia, lauf rasch zurück in die Kasbah und sag meiner Mutter, dass ich sie noch heute Nacht aufsuchen werde. Aber niemand sonst soll davon wissen, ich will mich zunächst mit ihr allein besprechen. Morgen kehre ich dann offiziell und für alle sichtbar in die Kasbah zurück und besuche natürlich als Erstes deine Mutter. Kannst du das für mich tun?«
    *
    » Ergreife die Gelegenheit! Diese Möglichkeit, die Karawane zu beschlagnahmen und dadurch deine Position zu verbessern, ist einzigartig, es ist die Lösung! Wie Sîdi Alî sagte, du wirst ihm klarmachen, dass mit dir als amghar eine neue Zeit begonnen hat und dass es sinnlos ist, sich auf frühere Absprachen zu berufen. Sag ihm, dass es keine Rolle spielt, wie es früher gehandhabt wurde, vergangen ist vergangen. Wenn du fest bleibst, wird er sich fügen. Er ist ein Träumer, ein Idealist. Du hingegen wirst für deine Mutter und deine Kinder eine glorreiche Zukunft in Ruhm und Ehre gestalten.«
    Saïd, der lautlos über die dunkle Treppe im vorderen Teil der Kasbah schlich, um zu den im Westteil gelegenen Räumen seiner Mutter zu gelangen, blieb abrupt stehen. Hatte er richtig gehört? Und war es tatsächlich Malika, die da sprach? Was hatte sie mit seiner Karawane zu schaffen? Und woher kam die Stimme überhaupt? Aufmerksam lauschte er, nun jedoch blieb alles still.
    Dann fiel ihm ein, früher hatte es in diesem Trakt einen Luftschacht gegeben, der zu den Gemächern führte, die traditionell der amghar und seine Familie bewohnten. Auch Azîza und er hatten einst dort gewohnt, bis zum Tod des Vaters. Danach hatte Brahim die Gemächer übernommen, und nun also Hussein. Irgendwann jedenfalls hatte man herausgefunden, dass Diener diesen Lüftungskanal zum Lauschen benutzten, und ihn verschlossen. Derartige Schächte gab es an verschiedenen Stellen in der mehrfach erweiterten Kasbah, neben den Lichtschächten in der Mitte der verschiedenen Bereiche dienten sie zur Kühlung und Entlüftung der unteren Räume. Sogar der offizielle Empfangsraum im obersten Stockwerk, in dessen prachtvoller Ausstattung der amghar seine Besucher willkommen hieß und Besprechungen und Beratungen leitete, lag an einem derartigen Lüftungsschacht.
    Vorsichtig tastete Saïd über die Wand, bis ein Windhauch über seine Finger strich. Der Wandputz war stellenweise brüchig, und einer der Lehmziegel fehlte ganz. Hier also befand sich der alte Windkanal. Er setzte sich auf die nächste Stufe und lauschte.
    Zunächst hörte er nur monotones Murmeln, als ob jemand aus dem Quran rezitierte. Dann vernahm er einen tiefen Seufzer. Führte Malika Selbstgespräche?
    Die Frau war ihm stets ein Rätsel geblieben. Sie war zwar immer anwesend, nahm jedoch kaum am allgemeinen Familienleben teil. Sie lächelte viel und unverbindlich und verhielt sich insgesamt so unauffällig, dass man sie fast vergessen konnte. Ihr Einfluss auf Hussein hingegen war bekannt. Früher hatte sie ihn abgeschirmt und beschützt, sogar dann noch, als er, den Frauengemächern entwachsen, längst in den Räumen des Vaters lebte. Und Saïd wusste, auch heute noch galt ihre Aufmerksamkeit allein ihrem Sohn.
    Plötzlich erklang Husseins Stimme aus der schmalen Mauerlücke, deutlich und unverwechselbar. » Du hast recht, Mutter, ich werde deinem Rat folgen. Kampflos allerdings wird dieser eingebildete Kameltreiber seine

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