Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
sieggewohnten Osmanen unter einem Soldaten versteht.«
» Aha. Aber es wird noch dauern, bis sie anrücken?«
» Allzu lange nicht, nach meiner Information ist ein Trupp bereits auf dem Weg nach Sijilmassa.«
» Hierher? Unterwegs nach Sijilmassa? Sicher?«
» Natürlich, und sie werden dir bereitwillig zu Diensten sein. Vergiss deine besondere Position nicht, verehrter amghar, in Féz hält man große Stücke auf dich. Man spricht davon, dass Allahs Hand selbst dir den Weg gewiesen haben muss, als du dich uns angeschlossen hast. Eine weise Entscheidung, die nun, da du dafür gesorgt hast, dass deine Neffen im neuen Geist erzogen werden, schon in Kürze durch einen Vertrag besiegelt wird. Unser geliebter Sultan, Allah schenke ihm ein langes Leben, weiß jedenfalls genau, was er dir verdankt. Du lebst von nun an unter seinem Himmel, vergiss das nicht.«
Hussein fühlte sich geschmeichelt. Der Sultan schickte seine Gardetruppen, auf dass sie ihn unterstützten? Was für eine Ehre! Er neigte den Kopf vor dem Imam, um seinen Dank auszudrücken.
Sîdi Alî hatte in den letzten Wochen viele Bewunderer in Sijilmassa gewonnen, seine Predigten waren erfreulich kurz und bilderreich und kamen bei den Gläubigen ausgezeichnet an. Ihm selbst gefielen die Gebetsstunden auch besser als früher, und er lauschte gern dieser festen, energischen Stimme, die von der Gebetskanzel herab mühelos alle in der Moschee Versammelten erreichte. Dennoch, manchmal war ihm der neue Imam fast ein wenig unheimlich. Wie gelangte er nur immer an seine Informationen, und woher wusste er so genau, was der Sultan dachte und plante? Außerdem durchschaute er selbst komplizierte Sachverhalte auf Anhieb, und seine geschliffene Rede, besonders aber die raschen Schlussfolgerungen, zeugten ebenfalls von seinem schnellen Verstand.
Die Menschen des Tafilalts trafen zwar schon seit langem mit fremden Kaufleuten zusammen, die mitsamt ihren Waren immer auch Berichte aus fernen Gebieten heranschafften sowie unzählige neue Anregungen gaben, dennoch redeten sie geradeheraus und ohne Umschweife. Damit kannte er sich aus, bei Sîdi Alî aber wusste man nie. Andererseits diente es natürlich dem eigenen Ansehen, einen besonders klugen Prediger an seiner Seite zu wissen, selbst wenn er ihm stets einen Schritt voraus zu sein schien.
Sîdi Alî saß auf einem Diwan, die gekreuzten Beine mit seinem schlichten, kamelfarbenen Gewand bedeckt. Sein Blick wanderte durch den Raum. Einen Moment ruhte er auf der geschnitzten und reich bemalten Zedernholzdecke, dann glitt er über die gemauerten Wandnischen, in denen zu Stein gewordene Schnecken, gefärbte Gläser und bemalte Teller zur Schau gestellt waren, streifte die bunten Teppiche und Brokatstoffe der Polster und blieb schließlich an den Fenstern hängen. Filigrane Stuckarbeiten schmückten die Fensterlaibungen, doch nicht sie zogen seine Aufmerksamkeit an. Von unten aus dem Hof der Lehmburg drangen laute Stimmen bis hier herauf, dem sichtlich nervösen amghar schien das jedoch nicht aufzufallen. Immer noch ging er umher und rieb seine Hände.
Der Imam seufzte leise, dann fuhr er beruhigend fort: » Unser Sultan weiß selbstverständlich, dass ein Mann deines Formates bei der Einigung des Reiches unverzichtbar ist. Aber erkläre mir doch, was ist deiner Meinung nach davon zu halten, dass die Ladung der Karawane verschwunden zu sein scheint?«
» Ach, das? Keine Sorge, Imam, wie ich schon sagte, insha’allah kommen ihnen meine Leute schon bald auf die Schliche. Aus dem Norden ist außerdem bis jetzt noch keiner der angekündigten Kaufleute eingetroffen, wir haben also Zeit. Ohne meine Erlaubnis können die Waren ohnehin nicht verkauft oder eingetauscht werden. Sie unterstehen allein meiner Verfügung, wie alle sonstigen Güter und Besitztümer auch.« Hussein reckte das Kinn.
Seine Worte hingen noch im Raum, als plötzlich Saïd in der Tür stand, grußlos und hoch aufgerichtet. Er ließ durch nichts erkennen, ob er den Imam bemerkt oder ob er mehr von dem Gespräch gehört hatte als die letzten Worte.
» Du solltest nicht auch noch Lügen erzählen! Kein amghar hat Rechte an den Gütern der Karawanen. Sie befinden sich im Besitz verschiedener Händler und nur zum geringsten Teil in unserem.«
*
Die Arme der Kranken schlugen unkontrolliert herum, so dass Nurzah Mühe hatte, sie festzuhalten. Die zarte Frau entwickelte Kräfte, die ihr niemand zugetraut hätte. Douda sah furchtbar aus, mit ihrem hochroten,
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