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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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zerkratzten Gesicht und den verdrehten Augen, die in tiefen Höhlen lagen. Die Kratzspuren rund um den Mund hatte sie sich mit ihren Nägeln selbst beigefügt. Immer wieder riss sie ihre Hände aus Nurzahs Griff, und die Finger fuhren in den Mund, und immer wieder würgte sie, als müsse sie erbrechen, dabei hatte sie seit Tagen kaum etwas zu sich genommen. Dann wieder hob sie den Kopf und rang nach Luft, als würde sie ersticken.
    Doudas Todeskampf war schrecklich anzusehen, so dass Nurzah die Mädchen aus dem Zimmer verbannt hatte. Ihr verzweifeltes Schluchzen drang durch die geschlossene Tür. Die alte Fatiha versuchte ihnen zwar mit Beschwörungen und tröstenden Worten beizustehen, aber das Weinen nahm kein Ende.
    Alles lag in Allahs Hand, der allein über Leben und Tod bestimmte, eine Wendung zum Besseren jedoch käme einem Wunder gleich. Das Gift des Sodomsapfels überlebte niemand. Wenn Nurzah nicht von Malikas verbrecherischem Tun erfahren hätte, so hätte sie glauben müssen, Douda sei von einem bösen Dschinn besessen. So aber wusste sie, wem die Ärmste diese entsetzlichen Qualen verdankte.
    Plötzlich sanken Doudas Arme kraftlos herab. Noch einmal ruckte ihr Kopf, bevor sich der geschundene Körper entspannte und kein Atemzug mehr ihre Brust hob. Einen Augenblick wartete Nurzah. Dann schloss sie die Augen der Toten, strich ihr die Haare aus dem Gesicht und zog Kleider und Laken glatt. Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie sich schließlich zurücksinken ließ und einen weithin hörbaren, gellenden Schmerzensschrei ausstieß.
    *
    Hussein fuhr herum, die Hände unwillkürlich in Abwehrhaltung erhoben. Um mehr als Haupteslänge überragte ihn Saïd, der ein langes, blaues Gewand mit goldglänzender Stickerei, eine weite Hose und einen vollendet geschlungenen, weißen chêche tru g. W ie immer umgab ihn auch jetzt eine Aura der Unnahbarkeit.
    Sein Erscheinen brachte Hussein aus der Fassung. Er spürte, wie bei Saïds Anblick der Hass in seinem Herzen hell aufloderte und wie sich sein Gesicht zur Grimasse verzog. Es dauerte eine Weile, bevor er seiner Stimme wieder trauen konnte.
    » Der Herr Bruder, was für eine Ehre! As salâm u aleikum, willkommen, willkommen.«
    Saïd schwieg.
    » Es geht dir doch gut?« Betont freundlich fuhr Hussein fort: » Oder bist du müde? Bevor du dich zum Ausruhen zurückziehst, möchte ich dich unserem neuen Imam vorstellen, Sîdi Alî al-Agurram. Sîdi Alî, hier haben wir also Sheïk Saïd Aït el-Amin, von dem ich, wenn ich mich recht entsinne, wohl gelegentlich gesprochen habe. Er ist der jüngste Sohn meines Vaters und meistens unterwegs.«
    Saïd warf dem Fremden einen scharfen Blick zu. » Dein Aufpasser aus Féz, nehme ich an?«
    Hussein zuckte, als habe er einen Schlag ins Gesicht erhalten. Der Kerl sollte kriechen und winselnd zu seinen Füßen liegen und nicht beißende Bemerkungen von sich geben. Doch erst mit dem Eintreffen der osmanischen Janitscharen wäre seine Stellung unangreifbar . Mit falscher Freundlichkeit meinte er daher: » Du verkennst die Lage. Unser Imam beehrt mich mit seiner Freundschaft, aber auch mit der Achtung, die ich als amghar erwarten darf. Doch du warst lange fort und bist nicht auf dem Laufenden, ich verzeihe dir also.«
    » Weihst du jeden Fremden in Familienangelegenheiten ein? Oder darfst du nicht mehr unbeaufsichtigt mit deinem Bruder sprechen?«
    » Achte auf deine Worte! Wir können später weiterreden.«
    » Wir reden jetzt, Hussein!« Mit drohend gerunzelter Stirn trat Saïd näher. » Imam, hier geht es um Fragen der Familie, verzeiht also. Wir sehen uns bestimmt noch.«
    Hussein wich zurück. » Untersteh dich, Sîdi Alî bleibt! Er ist Gast in meinem Haus!«
    » Dein Haus? Vergiss nicht, es ist unser aller Haus, das Haus der Aït el-Amin, doch damit sind wir immerhin beim Thema. Wo sind Cherif und M’Barek? Was wurde den Kindern angetan?«
    » Woher soll ich das wissen? Wir haben sie überall gesucht, aber man fand nirgendwo eine Spur von ihnen.«
    » Warum muss die sanfte Douda sterben? Wo befindet sich das Eigentum meiner Mutter? Warum kann sie weder auf ihre Herden noch auf ihre Geldreserven zugreifen? Kein amghar hat ein Recht auf den Besitz von Frauen. Wie übrigens auch kein Recht auf die Palmen anderer, selbst wenn es sich dabei um diejenigen von Familienmitgliedern handelt. Im Gegenteil, nur im Einverständnis mit der Gemeinschaft dürfen fruchtende Bäume geschlagen werden. Auch du hast an den Beratungen und

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