Purpurdämmern (German Edition)
her.«
»Ha! Ich hätte es wissen müssen. Sind sie dir noch auf den Fersen?«
»Sag du es mir.«
Umo wiegte den Kopf. »Ich habe mich schon vor geraumer Zeit mit dem Imperator überworfen. Oder vielmehr mit seinen Wesiren. Ich habe den Hof verlassen, bevor sie mich entfernen konnten.«
»Wirklich?«
»Sonst würde ich kaum hier stehen und mit dir in Erinnerungen schwelgen. Oder meinst du, ich verstecke mich zum Spaß an diesem unerfreulichen Ort? Mein lieber Junge, wenn ich noch die Gunst des Imperators genösse und seinem stinkenden Kadaver nicht die Pest auf den Hals wünschen würde, dann wärst du längst von imperialen Schwertern umzingelt. Ich weiß schon seit heute Mittag, dass du mein bescheidenes Heim mit deiner Anwesenheit beehrst.«
Santino stieß den Atem aus. Erschöpfung kroch ihm die Glieder hoch, nun, wo ein Teil der Spannung aus seinem Körper wich. Er bemühte sich nicht, seine Erleichterung vor Umo zu verbergen. Der alte Zirkelmagier ließ sich sowieso nicht täuschen. Und vielleicht sprach er die Wahrheit, vielleicht hatte er tatsächlich mit dem Imperator gebrochen. Umo war kein geborener Kjer. Obwohl er am Imperialen Hof einen hohen Rang bekleidet hatte, war er doch stets ein Fremder geblieben.
Eine Art widerwilliger Respekt hing zwischen ihnen, der noch aus der Zeit vor der Vernichtung Aruadhs durch die Imperialen Legionen stammte, als Umo an der Akademie von Aruadh gelehrt hatte. Nach der Invasion hatte er das Angebot der Kjer angenommen, seine Fähigkeiten in den Dienst des Imperators zu stellen. Santino hatte ihn lange für einen Verräter gehalten, doch über die Jahrhunderte war der Groll verblasst. Tod oder ein Sitz in den Rängen des Imperialen Kreises, wer konnte Umo die Wahl verdenken? Um die zigtausend Toten und die schwelenden Ruinen von Aruadh zu wissen und trotzdem dem Tyrannen ins Gesicht zu lächeln, das war eine andere Sache. Eine, die Umo mit sich selbst ausmachen musste.
»Seltsam«, murmelte Santino, »dass wir uns ausgerechnet hier wiedertreffen.«
»Seit zweitausend Jahren versuche ich herauszufinden, ob Schicksal und Vorbestimmung im Spektrum existieren.«
»Und zu welchem Schluss bist du gekommen?«
»Ich weiß es nicht.« Beim Lächeln entblößte der Alte vergilbte Zähne. »Obwohl ich die Parzen gefunden habe. Oder etwas, das ihnen nahekommt.«
Sie schwiegen eine Zeit lang. Umo trat neben ihn und blickte hinab zu den Spalthunden.
»Sie machen mir eine Gänsehaut«, sagte Santino. »Jedes Mal, wenn ich sie sehe. Obwohl ich Hunderte erschlagen habe und weiß, dass sie nur aus Fleisch und Blut sind, wie wir auch.«
»Hm-hm«, machte der Buchstabensammler. »Sag mir eins. Was hast du mit der Fayeí-Prinzessin zu schaffen?«
»Ich bin ihr Lehrer. Ihr Vater duldet mich an seinem Hof, damit ich sie vor Unbill schütze.«
»Ist das so?«
»Ich tue, was ich kann.«
»Aber was es mit den Rissen auf sich hat, sagst du ihnen nicht«, Umo drehte den Kopf weg vom Kläffen der Spalthunde, »sonst würde das Mädchen kaum zu mir kommen und mir wirren Unsinn von einer Zwangshochzeit und einem Schlüssel aus Sarrakhans Blut vorstammeln. Sie will damit ein zehntausend Jahre altes, verrottetes Portal aktivieren, um ihre Ankerwelt zu reparieren, die so weit nördlich des Zeithorizonts liegt, dass nach ihrer Rückkehr selbst ihre Ururenkel schon Geschichte sein dürften. Weißt du etwas darüber, hm?«
»Es ist kompliziert.«
»Das dachte ich mir.«
»Was hast du ihr entgegnet?«
»Dass ich darüber nachdenken muss.« Umo lächelte dünn. »Sie sah aus, als würde sie bald etwas sehr Dummes, Trotziges anstellen.«
»Das hat sie längst. Ihr Vater und der ganze Hof dürften mittlerweile in heller Panik sein. Nicht zu reden von der Delegation der Tuatha Avalâín, die den zukünftigen Bräutigam mit Prunk und Ehren nach Tír na Mórí begleitet hat. Wenn sie darauf kommen, dass die Prinzessin sich aus Abscheu vor der Verbindung aus dem Staub gemacht hat, bricht Eiszeit zwischen den Höfen aus. Und Maebh, die Königinmutter von Tír na Avalâín, diese intrigante alte Schachtel, wird Kapital daraus schlagen und versuchen, Eoghans Macht an seinem eigenen Hof zu schwächen. Aber wie soll ich das Marielle begreiflich machen?«
»Die Fayeí und ihre Eitelkeiten.« Umo seufzte. »Sie ist ein gutes Mädchen. Sie in diese Ehe zu pressen, könnte sie brechen. Warum sagst du ihnen nicht, dass die Geschichte von der Erschütterung ihrer Ankerwelt Humbug ist?«
»Weil es nichts
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