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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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gekommen ist. Er hat seine eigenen Wege.«
    Ken ließ die Schuhe auf den Boden fallen. »Ich muss noch mal in die Dalzelle Street. Es ist wichtig.«
    »Hast du in letzter Zeit einen Blick nach unten geworfen?« Santino machte einen Schritt auf ihn zu. »Die Festung wird von einer halben Hundertschaft Spalthunde belagert. Was willst du überhaupt dort?«
    »Egal.« Kens Miene verschloss sich. »Ist nicht so wichtig.«
    »Wenn du mir sagen würdest, worum es geht, könnte ich dir behilflich sein«, sagte der Magier.
    »Schon gut.« Ken hob die Schuhe wieder auf. Beim Aufrichten verzog er schmerzlich das Gesicht. »War ’ne blöde Idee. Vergesst es.«
    Mit großem Getöse sprang Nessa vom Kistenstapel, noch immer feuerrot. Nur ihre Schwanzspitze und die Pfoten hatten eine schimmelgrüne Färbung angenommen. Sie wartete einen Moment, dass alle sehen konnten, wie schlecht man sie behandelt hatte, dann stolzierte sie mit hoch erhobenem Kopf und Schwanz von dannen.

10
    Es wurde Nacht, bis Santino endlich den mysteriösen Buchstabensammler fand. Oder vielmehr, Umo fand
ihn
.
    Er erkannte ihn in dem Moment, da die verhutzelte kleine Gestalt zwischen den Bäumen auftauchte. Er hatte sich über die Brüstung gelehnt und die dunkle Masse der Spalthunde betrachtet, die sich im Mondlicht unter der Festung sammelten. Zwei Bestien stritten um ein Stück Fleisch und fielen übereinander her. Im Rudel flackerten immer wieder Unruhen auf. Weit am Horizont leuchtete der grünliche Widerschein der Devora. Es war seltsam, dass die Kreatur nicht näher kam, nachdem sie sie in der ersten Nacht bis hierher gejagt hatte. Aber vielleicht ahnte sie, dass die Beute in dieser Festung ihrem Hunger entzogen war, und vielleicht hinderte der Schleier des Buchstabensammlers sie daran, das Gewebe zu fressen, das sich unter der Festung befand.
    Als Santino sich umdrehte, löste sich Umos weiße Silhouette aus den Weiden. Der Anblick katapultierte ihn zurück in eine andere Zeit. Die Schritte, die Umo brauchte, um den Abstand zwischen ihnen zu überbrücken, reichten nicht aus, um den Schock des Wiedererkennens abklingen zu lassen.
    »Esˆmon von Aruadh, Sohn des Sargon«, sagte der Buchstabensammler. Die Stimme, diese warme, volltönende Stimme, in der immer ein Hauch des kauzigen Humors schwang, der Umo unberechenbar machte. Sie schickte ihm ein Frösteln über den Nacken.
    »Das ist nicht mehr mein Name.«
    »Dann also Santino?« Der Alte blieb vor ihm stehen. »Die Fayeí-Prinzessin nennt dich so. Wie bist du darauf gekommen?«
    »Meine kleine Schwester Tania hat mich so gerufen. Santino, der Gaukler aus ihren Büchern, der seinen Kopf ins Maul des Drachen steckt und dem kein Haar dabei gekrümmt wird.«
    »Esˆmon Sturmreiter hat mir besser gefallen.«
    »Die Legenden sind übertrieben. Ich hatte Glück, und ein paar Narren verklärten den Irrsinn zu einer Heldentat.«
    »Ich wusste, dass du nicht gestorben bist. Ich wusste es. Sie dachten alle, du wärst verbrannt, in den Flammen von Sarrakhans altem Turm.«
    »Das sollten sie ja auch.«
    »Wie bist du entkommen?«
    »Es gab ein Portal. Das Feuer war der Schlüssel.«
    »Klug, der alte Fuchs.« Ein anerkennendes Lächeln zuckte über die verwitterten Züge. »Ich bin neugierig. Wohin hat dich das Portal geführt? Vielleicht an einen Ort, an dem du diesen hübschen Armreif gefunden hast und dieses Schwert, das du unachtsam in meiner Küche herumliegen lässt? Hast du am Ende Sarrakhans Zuflucht entdeckt?«
    »Das Portal führte in einen trostlosen kleinen Talkessel mit einer Holzhütte und einem ausgetrockneten Brunnen. Das einzige Lebewesen dort war eine Purpurkatze, die mich zu Tode erschreckte, als sie mit ausgefahrenen Krallen in meinem Nacken landete. Sie war halb verhungert, aber bewachte tapfer ein paar Kleinodien, die ihr Meister zurückgelassen hatte. All die Monate, in denen ich mich in der Hütte verbarg, kehrte er nicht zurück.«
    »Es steht dir, das Ding.«
    Santino zuckte unwillkürlich zurück, als Umo eine Hand nach dem Orichalcum-Armreif ausstreckte.
    Der Alte verharrte mitten in der Bewegung. »Armamando vom Kreis behauptete, Sarrakhan persönlich sei zurückgekehrt, um den Bruder des Imperators zu entleiben. Wir glaubten, er hätte zu tief ins Glas geschaut.« Er kicherte. »Aber das warst du, der Seiner Herrlichkeit auf dem Scheißhaus einen Dolch in den Rücken gestoßen hat, nicht wahr?«
    »Ich dachte, das hätte sich herumgesprochen. Die halbe Legion war hinter mir

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