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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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geschieht Euch nichts, Hoheit, wenn Ihr ohne Widerstand mit uns kommt.«
    »Gleich.« Ihr Mund war trocken. Sie lauschte ins Gewebe, während sie sich von der Wand abstieß. »Darf ich mir wenigstens etwas überziehen?«
    Von ihrem Blut hatte sie ja noch jede Menge im Gesicht. Rasend schnell griff sie in die Fäden wie in die Saiten einer Harfe. Das Gewebe erkannte den Schlüssel und erinnerte sich. Kälte strich über eine Hälfte ihres Gesichts und ihre Schulter, die der Tür zugewandt war.
    Fertig?
Nessa schmiegte sich an ihre Schienbeine.
    Sie nickte.
    In den Augen des Kämpfers blitzte Erkenntnis auf. Vielleicht besaß er selbst ein wenig Talent, so wie Amalia, und spürte, wie das Gewebe sich teilte. Er sprang auf sie zu und wollte sie greifen. Sie entging seiner Hand um Haaresbreite und wirbelte um den Türpfosten herum durchs Portal.
    Auf der anderen Seite landete sie in einer Blumenhecke und hechtete fort vom Tor, während sie so viele von den Gewebefäden zerriss, wie sie nur konnte. Die Luft unter dem Rosenspalier flimmerte und verzerrte sich und glättete sich zuletzt mit einem Geräusch, als würde Luft aus einem Ballon gelassen.
    Minutenlang blieb sie einfach auf dem Kies liegen und atmete heftig ein und aus. Mit ihrer letzten Aktion hatte sie das Tor, das ihr Schlafzimmer mit dem Labyrinth-Garten verband, irreparabel beschädigt. Sie würde ein neues bauen müssen.
    Etwas Weiches stupste gegen ihre Wange. Nessa.
    Alles in Ordnung?
    Nein, wollte sie schreien. Nichts ist in Ordnung. Aber sie schrie nicht. Es änderte ja nichts, und Nessa konnte nichts dafür. Also seufzte sie nur, schüttelte den Kopf und versuchte zu begreifen, was geschehen war. Direkt über ihr pulsierte die gewaltige, gelbgrüne Narbe, die noch schlimmer aussah, als am Tag ihrer Flucht. Schwere Nebel umspielten den Spalt und mischten sich mit den Wolkenfetzen.
    »Also ist es wahr.« Sie setzte sich auf und streichelte mit einer Hand Nessas Fell. Es machte sie ganz schwach. »Ceallacháin hat sich mit Maebh verbündet und zettelt eine Revolte an. Was soll ich denn jetzt tun?«
    Zuerst einmal darfst du dich nicht erwischen lassen. Ohne dich ist der ganze Plan hinfällig.
Die Purpurkatze stieß das Köpfchen in ihre Handfläche.
Wenn es dir gelingt, Kens Vater hierherzuschaffen, würde das einen schönen Erbfolgeskandal unter den Licht-Fayeí heraufbeschwören und dann wäre ihrer Intrige in Tír na Mórí der Boden entzogen. Am besten, du bringst den Jungen gleich mit, um eure Verlobung bekannt zu machen und die Ersten Familien ruhigzustellen.
    »Aber das Portal befindet sich in meinem Schlafzimmer.«
    Und auf der anderen Seite warten Maebhs Assassinen.
    »Assassinen?« Sie erstarrte. »Was für Assassinen?«
    Die, die uns verschleiert in deine Gemächer gefolgt sind und nur darauf gewartet haben, dass du das Tor enthüllst.
Nessas Schwanzspitze zuckte.
Wer weiß sonst noch, dass du dich mit Coinneachs Sohn verlobt hast?
    »Niemand!« Sie stand auf und klopfte sich den Kies von den Hosen. »Ich habe es nur Eoghan gesagt.«
    Wahrscheinlich haben sie gelauscht.
    »Worauf willst du hinaus?«
    Dass wir nicht viel Zeit haben, um Coinneach und seinen Sohn zu finden.
Die Purpurkatze zog sich mit einem Satz an Marielles Hose hoch und erklomm ihre Schulter. Die nadelfeinen Krallen pikten ihr in die Haut
. Ich kann kaum glauben, dass ich das sage, aber der Magier ist wahrscheinlich der Einzige, der uns helfen kann.
    »Santino?«
    Ich weiß, ich muss eine Fischvergiftung haben.
Nessa kuschelte sich in ihre Halsbeuge.
Aber mir fällt sonst niemand ein, der uns den Weg in dein Schlafzimmer freikämpfen und uns danach vor Maebhs Lohnmördern beschützen würde.
    Aus der Ferne hallten Schreie, wie um die Aussichtslosigkeit ihrer Lage zu unterstreichen.
    »Okay«, murmelte Marielle. Die Vorstellung war ihr tödlich unangenehm, vor den Magier zu treten und ihn um Hilfe anzubetteln, nachdem sie ihn in einem Anfall kindischer Wut bei Eoghan angeschwärzt hatte. Das Schlimmste war, dass sie die Schuld an der ganzen Katastrophe trug. Irgendwie. Ihr Ausreißen hatte Ceallacháin den perfekten Vorwand gegeben, Unterstützer für seine Intrige gegen Eoghan zu mobilisieren. »Dann mache ich jetzt ein Portal ins Karmesin-Viertel.«
    Nicht ins Karmesin-Viertel. In den Kerker.
    »Was?«
    Ich habe doch gesagt, sie peitschen ihn blutig und brechen ihm …
    »Schon gut«, quietschte Marielle, die Stimme tonlos vor Entsetzen. »Ich dachte, das war ein

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