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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Witz?!«
    Hörst du mich vielleicht öfter Witze machen?
    O Sarrakhan, jetzt wurde ihr wirklich übel. Sie drehte sich um und starrte den leeren Wandelgang hinunter. »Und wie kriege ich ihn aus dem Kerker heraus? Wie komme ich überhaupt in die Kerkergewölbe?«
    Mach ein Tor in die Palastküche. Von dort gibt’s eine Verbindung
. Nessa schnurrte selbstgefällig.
Einen Geheimgang.
    Das Herz klopfte ihr hoch in den Hals. Wieso schwebten plötzlich alle möglichen Menschen in Lebensgefahr, und zwar ihretwegen? Hoffentlich konnte sie das wieder in Ordnung bringen. Sie hatte Santino doch nur einen Denkzettel verpassen wollen. Wenn sie ehrlich war, wollte sie nicht einmal, dass Eoghan ihn verbannte. Tief drinnen hoffte sie auf eine dritte Lösung. Aber ihm Schmerzen zufügen, gar sein Todesurteil unterschreiben? Nein, das hatte sie nicht gewollt.
    Und Ken und diese Assassinen?
    Ihre Hände zitterten wie Espenlaub, als sie ein Steinchen vom Boden aufhob und es zum Anker für ihr Tor bestimmte.

    Santino erwachte mit Kopfschmerzen und entsetzlichem Durst. Seine Schultern brannten wie Feuer. Es roch nach Schimmel, Rost und Blut.
    Er fand sich in einer winzigen Zelle an die Wand gefesselt, in der es kein Fenster und auch sonst keine Lichtquelle gab. Die Dunkelheit war so absolut, dass er fürchtete, seine Augen könnten verletzt worden sein.
    Die Ketten, die ihn an der Mauer hielten, bestanden aus Orichalcum, dem gleichen Material, aus dem auch sein Armreif gefertigt war. Dort, wo sie das Schmuckstück berührten, summten sie und glühten und schickten einen unablässigen Schmerzstrom in sein Handgelenk. Vor allem aber hinderten sie ihn daran, Magie zu wirken. Jeder Versuch, das Gewebe zu berühren, produzierte eine Rückkopplung, die sich anfühlte wie Glutspritzer auf bloßer Haut.
    Unter seinem Armreif pulsierte ein tiefer Schnitt. Blut rann aus der Wunde den Unterarm hinunter und sammelte sich in seiner Armbeuge. Sie mussten versucht haben, das Ding von seinem Handgelenk zu entfernen. Wäre er bei Bewusstsein gewesen, hätte er ihnen sagen können, dass das nicht möglich war. Er hatte es selbst lange genug probiert.
    Ein stetiger Luftzug strich durch die Zelle und ließ ihn frösteln. Er lauschte ins Dunkel hinein, während seine Gedanken sich drehten. Etwas Unerwartetes musste geschehen sein. Etwas Drastisches, dass Eoghan ihn, ohne ihn anzuhören, in Ketten hatte legen lassen. Nur was?
    Er stellte Theorien auf und verwarf sie wieder. Seine Kopfschmerzen brachten ihn schier um den Verstand. Womöglich hatte es einen Putsch gegeben, eine Revolution des Rates, der Eoghan die Krone absprach und Tír na Mórí unter das Protektorat der von den Ratsherren verehrten Tuatha Avalâín stellte? Sein Geist schweifte ab zu Rhonda und ihren Plänen, nicht nur den Imperator zu stürzen, sondern das ganze, monströse Reich, das Blut und Feuer zu seinen dämonischen Göttern erhoben hatte. Das alles war so weit fort.
    Die Stille brütete undurchdringlich wie die Dunkelheit. Er wusste nicht, wo er sich befand. Wahrscheinlich in einem vergessenen Trakt unterhalb des Tíraphal, in dem er der einzige Gefangene war. Kein Wispern unterbrach den Dom der Stille, kein Tropfen, nicht die winzigen Krallen von Ungeziefer, das sich Brotkrumen in den Zellen suchte. Nicht einmal die leisen Gespräche von Wachposten oder das Klirren einer Waffe, die einen Harnisch streifte, hallten durch die Schwärze.
    Er dämmerte fort und sackte in seinen Ketten nach vorn. Glühende Qual riss ihn zurück ins Bewusstsein, als die Manschetten auf ganzer Länge über den Armreif schabten. Mit einem Fluch fuhr er auf.
    »Einfach, aber effektiv, diese Fesseln«, sagte eine Stimme an seinem Ohr. »So alt wie der Tíraphal selbst. Man fragt sich, ob das Zeitalter vor der Abspaltung der Licht-Fayeí von ihren Brüdern wirklich so unbeschwert war, wie die Legenden behaupten. Hier unten haben sie genug Orichalcum in die Wände eingelassen, um eine ganze Legion von Magiern auszuschalten.«
    »Wer ist da?« Santino drehte den Kopf, so weit er konnte. Seine Zunge fühlte sich hölzern und unbeweglich an.
    »Ich beobachte Euch schon eine Weile.« Bewegung kam in die Schatten. Ein Zischen. Eine Öllampe flammte auf. Ihr Flackern enthüllte die Schrunden nackter Felswände und entzündete einen rötlich-silbrigen Schimmer auf dem Metall der Kettenglieder. »Ich versuche herauszufinden, was so besonders an Euch ist. Denn alles, was ich sehen kann, ist ein gescheiterter,

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