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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Vorzimmer belagerte, die alle nach einem Moment seiner Zeit gierten.
    Nessa gähnte.
Ihn blutig peitschen lassen, ihm alle Knochen brechen und ihn mit einer Geschenkschleife um den Hals an die Kjer übergeben, vermutlich.
    »Das hättest du wohl gern.« Sie grinste. »Du bist eine boshafte Purpurkatze.«
    Eines hatte sie zumindest erreicht. Nachdem sie Eoghan von Santinos Verrat erzählt hatte, ritt er nicht länger auf dem Verlobungssiegel herum oder auf der Hochzeit mit Newan. Verziehen hatte er ihr nicht, sondern demonstrativ drei Männer seiner Garde mitgeschickt, die sie zurück zu ihren Gemächern begleiteten und hinter ihr die Tür verriegelten. Ab und zu hörte sie das leise Klirren von Metall, wenn einer von ihnen sich bewegte.
    Die Botschaft war unmissverständlich.
    Sie stand unter Zimmerarrest, bis Eoghans Zorn verraucht war. Wahrscheinlich musste er vor den Ratsmitgliedern demonstrieren, dass er seine Tochter sehr wohl im Griff hatte. Sie kicherte in sich hinein. Sollte er. Wenn ihm das half, seine Reputation aufzupolieren, war es ihr recht. Sie konnte sich schließlich immer noch durch das Tor unter ihrem Bett davonschleichen.
    Ein Klopfen an der Verbindungstür zum Schlafzimmer schreckte sie aus ihrer schläfrigen Trägheit.
    »Marielle?«, tönte Amalias Stimme durchs Holz. »Prinzessin? Kann ich reinkommen?«
    »Ja, von mir aus.« Sie angelte sich eine halbe Birne vom Tablett.
    Die Gouvernante wirkte derangiert, ein so ungewöhnlicher Anblick, dass Marielle sich nun doch im Wasser aufrichtete. Amalias Löckchen hingen ihr zerzaust in die Stirn, und auf ihrem elegantem weißen Brokatrock prangte ein Schmutzfleck, als wäre sie an einem ascheverschmierten Pfeiler hängen geblieben. Ihre Wangen glühten rot.
    »Etwas geht da draußen vor!« Selbst ihre Stimme ließ die schneidige Schärfe vermissen. »Der Tíraphal ist voller Gardisten.«
    »Ach so.« Marielle ließ sich zurück in die Wanne rutschen. »Meinst du die vor meiner Tür? Die hat mein Vater dort hingestellt. Du bist nicht die Einzige, die mich mit Zimmerarrest bestrafen kann, weißt du?«
    »Nein, nicht die.« Sie zupfte mit beiden Händen an ihrem Kleid herum. »Vor dem Eingang zum Thronsaal hat eine halbe Hundertschaft Gardisten Stellung bezogen, und am unteren Tor habe ich Bewaffnete mit den Farben der Ratsherren Ceallacháin und Amalynne gesehen. Dabei dachte ich, dass nur die königliche Garde Waffen im Tíraphal tragen darf? Die Dienerschaft in den Gängen ist in hellem Aufruhr. Sie behaupten, es habe Tote gegeben, drüben bei den Terrassen.«
    Nessa hörte auf, sich die Härchen auf den Pfoten zu glätten. Ihre Schnurrhaare zuckten.
    »Ihr müsst Euch etwas anziehen, Prinzessin. Wenn wir überwältigt werden, wollt Ihr doch nicht, dass die Rebellen Euch nackt im Bad vorfinden!«
    »Welche Rebellen?« Marielle schob sich den Rest der Birne in den Mund, griff nach dem Zinnkrug und schöpfte sich Wasser über die Haare. »Du siehst Gespenster.«
    Vorhin, bei ihrer Rückkehr vom Fairnhain-Salon, hatte sie weit und breit niemanden gesehen außer ein paar schläfrigen Wachen, die dort standen, wo sie immer standen. Und das war kaum zwei oder drei Stunden her.
    Die verknöcherte Hexe könnte recht haben,
echote Nessa in ihrem Kopf.
Da draußen geht wirklich etwas vor.
    Sie ließ den Krug fallen und richtete sich auf, dass das Wasser ihr um die Kniekehlen schäumte. Amalia reichte ihr ein Handtuch. Die Entspannung war dahin. In ihrem Magen keimte plötzlich ein mulmiges Gefühl. Sie hatte Eoghans Tiraden über die Begehrlichkeiten der Ersten Familien nicht ernst genommen, hatte geglaubt, dass er sie nur einschüchtern wollte. Aber was, wenn es stimmte? Was, wenn dieser Ceallacháin und die anderen ihn wirklich zu entmachten versuchten und sie zwangen, mit Newan …
    Oh nein. Und was würden sie erst tun, wenn sie herausfanden, dass sie sich schon mit Ken verlobt hatte? Ihr wurde schlecht.
    »Wir müssen zu Vater«, murmelte sie. »Wir müssen zurück zum Ostturm und –«
    Keine gute Idee.
Nessa sprang vom Schränkchen, durchquerte das kleine Zimmer und erklomm das Fensterbrett.
Sie würden dich vorher abfangen und als Geisel nehmen.
    O Sarrakhan, warum löste sich auf einmal alles in seine Bestandteile auf? Sie hatte geplant, nach dem Bad ein paar Stunden zu schlafen und später in Kern-Detroit nach Ken zu suchen. Wie war es möglich, dass Tír na Mórí, der langweiligste Ort des Spektrums, plötzlich von einer Palastrevolte erschüttert

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