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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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von Tír na Mórí verwirkt. Marielle ist nun die Königin. Und ich, als ihr Vormund –«
    Coinneach unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Ich frage noch einmal. Was ist der Grund für dieses Dekret?«
    »Eoghan verkörpert nicht länger den Willen seines Volkes«, presste der Ratsherr zwischen seinen Zähnen hervor.
    Marielle versuchte, in den Gesichtern der Soldaten zu lesen. Die Licht-Fayeí unter ihnen, Newans Garde, befanden sich in Aufruhr. Die Gefühlsstürme, die Coinneachs kleine Rede unter ihnen auslöste, ließen darauf schließen, dass Newans Vater als König nicht sonderlich beliebt bei seinen Männern war. Doch die Licht-Fayeí machten höchstens ein Drittel des Belagerungstrupps aus. Die übrigen Kämpfer gehörten zu Ceallacháin, und wenn er ihnen befahl, sie anzugreifen, würde alles in einem schrecklichen Blutvergießen enden.
    Felím sah aus, als wollte er jeden Moment explodieren und sich in einen geifernden Dämon verwandeln. Hinterlist und Mord aus dem Dunkeln waren sein Metier. Hier, in einer offenen Auseinandersetzung, fiel alle Macht von ihm ab. Er zitterte vor Wut, doch schwieg zum Schlagabtausch, den Coinneach und Ceallacháin sich lieferten.
    Sie musterte die Verwüstung an den Doppeltüren. Die Silberbeschläge waren zerrissen und aufgebogen, wo der Rammbock die Oberfläche getroffen hatte. Der schwarze Stein war abgeplatzt, und darunter schimmerte zu ihrer Überraschung ein rötlich-metallisches Netz geschmiedeter Ornamente. Es sah ganz genauso aus wie die Linien auf den Wänden des Kerkers. Die Türflügel waren mit Orichalcum überzogen, was jeden magischen Angriff verhinderte. Das erklärte auch, warum in der Nähe des Thronsaals kein Tor ins Gewebe existierte.
    Gleich da, gleich da, gleich da,
keuchte Nessas Stimme in ihrem Geist.
    Sarrakhans Gnade, jetzt zählte jede Sekunde. Hastig blickte sie sich um, konnte aber die Purpurkatze nicht entdecken. Wahrscheinlich galoppierte sie gerade durch den Park alter Bäume. Gleich ging es los. Der richtige Tanz.
    Sie drückte noch einmal Kens Hand, bevor sie ihn losließ und ein paar Schritte vortrat. Sie blieb neben Coinneach stehen und starrte Ceallacháin ins Gesicht. »Würdet Ihr das präzisieren? Was genau ist der Wille des Volkes, den er ignoriert?«
    »Das führt doch zu nichts«, sagte Felím. Er sprach leise, als wollte er nicht, dass die Truppen auf beiden Seiten ihn hörten. »Lasst uns die Prinzessin in Gewahrsam nehmen und diese Sache hier hinter uns bringen. Maebh wird nicht erfreut sein.«
    »Es geht um meinen Vater.« Sie erhob ihre Stimme. »Also habe ich wohl ein Recht zu erfahren, was genau man ihm vorwirft!«
    »Der Wille des Volkes«, knurrte Ceallacháin, »ist die Verbindung mit unseren Brüdern, den Tuatha Avalâín, besiegelt durch eine Heirat zwischen den Sprösslingen der Königshäuser. Eoghan boykottiert diesen Wunsch. Es hat mich große diplomatische Anstrengungen gekostet, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen.«
    Wir … sind … gleich … da.
    »Ihr meint die geplante Heirat mit Prinz Newan?« Sie lächelte zuckersüß. »Seht, ich habe in Übereinkunft mit meinem Vater etwas viel Besseres getan.« Sie drehte ihren Arm herum, dass er und alle Umstehenden ihr Handgelenk sehen konnten. »Ich habe mich mit dem echten, rechtmäßigen Erben verlobt. Mit Coinneachs Sohn.«
    Ken schloss zu ihr auf. Hoch aufgerichtet blieb er stehen, den Kopf erhoben, fast königlich. Er lieferte eine gute Vorstellung ab. Sogar seine Hand legte er besitzergreifend um ihre Taille. Das Zucken im Antlitz des Ratsherrn war eine köstliche Belohnung für all die Ängste, die sie seit ihrer Rückkehr hatte durchleben müssen.
    »Wenn Ihr mich zu den Türen durchlasst, könnte ich meinen Vater bitten, uns einzulassen. Er wird Euch alles bestätigen.« Jedenfalls hoffte sie, dass er das tun würde. Eoghan war nicht dumm. Er würde schon mitspielen.
    »Das ist ein Trick«, zischte Felím.
    Ceallacháin umklammerte das Heft seines Schwertes und zog es ein Stück aus der Scheide. Plötzlich wusste sie, dass er nicht aufgeben würde. Nicht so kurz vor dem Ziel. Er tauschte einen Blick mit dem Grafen und öffnete den Mund zu einem Befehl.
    »Ceallacháin«, dröhnte eine neue Stimme aus ihrem Rücken. »Stimmt das, was sie sagt?«
    Eine neue Gasse öffnete sich und gab den Blick frei auf vier Männer, alle mit den Purpurkrägen des Hohen Rates. Vor ihnen stolzierte Nessa, das Fell leuchtend wie frischer Flieder, nur an den Spitzen ein

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