Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
wir am Leib tragen.« Aus den Tiefen seines Mantels brachte Santino ein paar glitzernde Steinchen zum Vorschein, die er auf seiner Handfläche schüttelte. »Messt ihr Juwelen einen Wert bei? Oder Gold? Níval-Kristallen? Wenn nicht, könnte ich versuchen, mich durch nützliche Magie zu revanchieren. Man sagt mir nach, ich sei recht fähig im Umgang mit dem Gewebe.«
    Baswenaazhis Augen wurden schmal. »Ich weiß, wer du bist, Esˆmon Sturmreiter von der Sommerküste, der die Kjer herausfordern musste. Ich weiß,
was
du bist. Ich weiß, was du zu tun imstande bist. Und ich sage dir, Hexenmeister, ich will deine Magie nicht. Ich will nicht, dass dein Geruch auf meinem Land klebt, wenn die Späher der Kjer ihren Weg hierher finden.«
    Ken begriff zwar nicht, was Baswenaazhi da faselte, aber er sah, wie Santino unter seiner Bräune erbleichte. Der Magier ballte eine Faust um die Klunker. Ken tauschte einen ratlosen Blick mit Marielle, die ebenso wenig zu verstehen schien, was hier vor sich ging. Nessa richtete sich von Marielles Schulter auf, schwankte für einen Moment und sprang in hohem Bogen herab. Ihr Fell zitterte leuchtend grün, die Spitzen fliederfarben. Zwei rotznasige Bengels schlichen sich näher heran und wedelten mit Zweigen vor der Nase der Purpurkatze herum.
    »Nein«, wiederholte Baswenaazhi, »von dir will ich nichts. Aber die da«, er deutete auf Marielle, »die soll mir einen Kuss schenken. Den will ich als Bezahlung nehmen.«
    Ein Stich durchzuckte Ken, ein kindischer Schwall Eifersucht. Vertrautes Brennen, als Abscheu über Marielles Gesicht glitt, bevor sie ihre Gefühle hinter einer steinernen Maske versteckte.
    Seine Fingerspitzen begannen zu pochen. Er machte Fäuste, um die Regung zu unterdrücken und zuckte zusammen, als seine Nägel in die Brandblasen auf den Handflächen stießen.
    »Kein Problem«, stieß Marielle hervor. »Das ist alles?«
    Nessa machte einen Buckel, bleckte die Zähne und fauchte den Echo-Sucher an. Trotz ihrer albernen Farbe sah sie mit einem Mal Furcht einflößend aus. Die Rotznasen stoben auseinander. Baswenaazhi wich einen Schritt vor ihr zurück.
    »Sie sagt Nein.« Das war Santino, die Stimme flach und ausdruckslos. Die Luft füllte sich mit unerträglicher Anspannung.
    Ken nestelte an seiner Jacke herum, um seine Hände abzulenken. Er fand Moms schlecht gestanzten Drachenanhänger in der einen, die Buchseiten aus ihrem verlassenen Zuhause in der anderen Tasche und zog beides heraus. Baswenaazhis Blick stieß wie eine Kobra auf ihn nieder. »Dann nehme ich das da.«
    Zerknitterte Papierfetzen und ein Stück gestanztes Blech? Na wenn weiter nichts nötig war, um den verrückten Indianerschamanen glücklich zu machen? Die Gier in den kohlschwarzen Augen brachte ihn fast dazu, den Anhänger umzudrehen und nachzuschauen, ob er die Diamanten auf der Rückseite übersehen hatte.
    In diesem Moment trat eine Frau mittleren Alters zwischen Ken und Baswenaazhi und verhinderte, dass die Finger des Echo-Suchers das Papier berührten. Er stieß ein zorniges Knurren aus. Sie aber lächelte.
    »Sei nicht gierig, Baswenaazhi. Eins ist genug, und das weißt du auch.« Sie zupfte eine der zwei Buchseiten aus Kens Hand, faltete sie auf und strich über den Riss in der Mitte. »Das ist eine sehr kostbare Gabe. Wir werden euch mehr dafür geben als nur die Kanufahrt in die Blaureiher-Lagune. Niemand soll sagen, dass wir vom Ojibwe-Volk beim Handel betrügen.«
    Wut zuckte um Baswenaazhis Lippen. Die Federn raschelten. Das Geheul der Hunde flaute ab und schwang sich dann wieder zu neuer Stärke auf.
    Die Frau legte eine Hand auf die Brust. »Ich bin Aan’aawenh. Und ihr sollt unsere Gäste sein.«
    Aan’aawenh genoss offenbar großen Respekt im Lager, auch wenn Baswenaazhi ihr Häuptling war. Oder der Schamane? Ken war sich nicht sicher.
    In einer Art Freudenzug wurden sie ins Lager geleitet, nicht länger Eindringlinge, sondern willkommene Gäste. Die Kinder veranstalteten einen Höllenlärm. Sie waren ganz versessen auf Nessa. Die Purpurkatze kämpfte einen aussichtslosen Kampf gegen Nasen und Hände, die sie streicheln, sie an den Ohren zupfen und in ihr Fell hineinstupsen wollten. Schließlich floh sie fauchend und mit aufgestellten Haaren einen Baum hinauf. Santino schickte ihr ein schadenfrohes Grinsen nach.
    Aan’aawenh erklärte ihnen, dass sie sich bis zum nächsten Morgen gedulden mussten, wenn die Fischerboote ausliefen. Sie führte sie in eine große Hütte aus

Weitere Kostenlose Bücher