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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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ist so aufregend!«
    »Ist der was Besonderes?«, fragte Ken.
    »Er ist eine Legende!«
    »Ah.«
    »Ein großer Entdecker!«
    »So wie Christopher Kolumbus?« Einen Herzschlag später fiel ihm ein, dass sie wahrscheinlich noch nie von Kolumbus gehört hatte.
    »Rupertin Hufschwinge ist der berühmteste Karawanenlenker der van Erlen-Gesellschaft. Jedes Kind kennt seinen Namen, denn er stammt aus Tír na Mórí! Er ist ein Nebel-Fayeí und hat Welten im Rabenfächer entdeckt, die niemand vor ihm betreten konnte!« Ihre Wortkargheit vom Vorabend war wie weggewischt. Rupertin Hufschwinge musste ja wirklich ein toller Typ sein. »Ich habe ein Buch, darin ist die Legende beschrieben, wie er ein vergessenes Tor nach Chininille öffnete, die mystische Wolkenwelt, aus der Nessas Vorfahren stammen. Stimmt’s, Nessa?« Sie vergrub eine Hand im Fell der Purpurkatze. »Kennst du Rupertin?«
    Nessa schnurrte arrogant und setzte ihren
Was interessiert mich dieser Wurm
-Blick auf.
    Ein Wassertropfen löste sich aus dem Blattwerk über ihren Köpfen und zerplatzte auf Kens Wange. »Hey!«
    Sie blickte sich zu ihm um, kicherte und stolperte über eine Wurzel. Gerade noch packte er ihren Arm und fing sie auf.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass Rupertin hier lebt, ausgerechnet hier …« Sie seufzte, einen verklärten Glanz in den Augen.
    »Bewunderst du ihn?«, fragte Ken.
    »Jeder bewundert ihn! Jedenfalls jeder, der sich für andere Welten interessiert.«
    »Aber wenn er euer Nationalheld ist, wieso wisst ihr dann nicht, wo er lebt?«
    »Weil er immerzu durchs Spektrum reist.«
    »Die van Erlen-Händler, die in Níval Markt abhalten, verkaufen silbergebundene Büchlein mit Rupertins Abenteuern«, rief Santino von vorn. »Sie verdienen damit eine Menge Geld, auch wenn ich keinen Menschen kenne, der ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen hätte.«
    »Und sein Haus hat er ausgerechnet hier?« Das wollte Ken nicht in den Kopf. Wenn jemand die größten Wunder aus tausend Welten gesehen hatte, wieso ließ er sich dann in einem bröckligen Abbild von Detroit nieder, der trostlosesten Stadt Amerikas?
    »Ja, das wundert mich auch«, murmelte Santino.
    »Er wird seine Gründe haben«, fuhr Marielle auf. »Vielleicht ist diese Welt ja etwas ganz Besonderes, schließlich lebt auch –« Abrupt verstummte sie.
    »Ja?«, fragte der Magier gedehnt.
    »Ach, egal.« Ihre Schultern verhärteten sich.
    »Okay, also Rupertin Supermann lebt am anderen Ende der Insel«, versuchte Ken die Stimmung zu retten. »Ist doch toll! Ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen.«
    Marielle antwortete nicht. Santino schlug mit dem Schwert einen Ast beiseite. Verdammt noch mal, wieso reichte ein falsches Wort, dass sie sich beleidigt in ihr Schneckenhaus zurückzog?
    Der Pfad grub sich tiefer in den Wald hinein. Nun, wo sich Schweigen ausbreitete, musterte Ken das Dickicht mit mehr Aufmerksamkeit. Bald beschlich ihn das Gefühl, hinter jeder Biegung den immer gleichen, mit Farn und Efeu überwucherten Hickory zu sehen. Anders als auf Pêche Island herrschte eine drückende Stille unter den Baumkronen. Das Jaulen der Hunde verlor sich, je tiefer sie vordrangen. Kein Vogelzwitschern, keine kleinen Tiere, die im Buschwerk rumorten. Selbst das Krächzen der Krähen, das sie von der Lagune noch eine Zeit lang begleitet hatte, war verstummt.
    Auf Marielles Schulter drehte sich Nessa herum und blickte ihn aus ihren gelb geschlitzten Augen an.
    »Was?«, fragte er. »Was ist?«
    Hast du dich vom bösen Magier umgarnen lassen?
    »Als wenn dich das etwas angeht.«
    Was hat er dir versprochen?
    »Gar nichts.«
    Geködert hat er dich, hereingelegt, dich übers Ohr gehauen.
    Ärger keimte in ihm auf. Seit ihrem Auftauchen beim Depot ließ die sprechende Katze keine Gelegenheit aus, Santino zu verunglimpfen. Und das, obwohl er ihr das bunte Fell gerettet hatte.
    Nun also? Wie hat er dich gekriegt?
    Er wollte sie gerade anfahren, sich aus seinem Kopf zu scheren, als ein hoher Ton durch den Wald hallte, ein lang gezogenes Schluchzen, das Weinen eines zu Tode verzweifelten Kindes. Es drang ihm durch Mark und Bein.
    Es geht los.
Nessa krallte sich in die neuen Perlenstickereien auf Marielles Schultern, stemmte sich auf alle vier Pfoten und sprang auf den Boden.
Nicht umsehen, einfach weiterlaufen.
    »Bleibt nicht stehen«, tönte Santinos Stimme von vorn.
    Da hat er ausnahmsweise recht.
Die Purpurkatze schlüpfte zwischen Kens Beinen hindurch, sodass sie nun die Nachhut

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