Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
Himmel ein Meer aus Violett und Gold mit schwarzen Wolkenfahnen. Aus den Rissen quoll mehr vom gelblich-grünen Nebel. Rupertin hatte seine Unverschämtheiten aufgegeben und machte den Wagen reisefertig. Es war offensichtlich, dass er nicht vorhatte, hierher zurückzukehren.
    Im letzten Abendlicht brachen sie auf.
    Santino nötigte sie und Ken, sich im Innern des Wagens zu verbarrikadieren. Die Kätzchen fingen sofort zu miauen an. Kein Wunder, der Geruch in diesem fahrenden Sarg brachte jeden zum Würgen.
    »Ich fahre vorn mit«, sagte der Magier. Er warf die Türen zu. Sie hörte ein Rumpeln. Metall klirrte aufeinander, Ketten spannten sich in schweren Ösen. Ein Ruck ging durch den Wagen. Schaukelnd und holpernd setzte sich das Gefährt in Bewegung.
    Sie drehte sich zu Ken, der sich weiter hinten auf den Boden sinken ließ und mit dem Rücken an die Wand lehnte.
    »Hat dir Santino gezeigt, wie man das Gewebe manipuliert?«, platzte sie heraus. Das hatte sie schon den ganzen Nachmittag fragen wollen, doch nicht, solange Santino oder Rupertin daneben standen.
    Eifersucht nagte an ihr, seit sie vorhin Ken und den Magier beobachtet hatte, wie sie zusammen Feuer aus der Luft geholt hatten. Trotz ihres Talents für Tormagie besaß sie nicht den Hauch von Potenzial, wenn es darum ging, Gewebe zu formen. Sie scheiterte schon beim Versuch, ihre eigene Haarfarbe zu manipulieren. Das war frustrierend. Und dass es Santino, einem überragenden Magier, im Gegenzug kaum gelang, ein Portal von der Palastküche in den Kräutergarten zu tunneln, tröstete sie auch nicht.
    Früher hatten sie heftig darüber gestritten. Sie hatte geglaubt, er enthielte ihr das Wissen absichtlich vor, weil Eoghan nicht wollte, dass sie diese Dinge lernte. Inzwischen wusste sie, dass sie ungerecht gewesen war. Doch jetzt zu sehen, wie er Ken etwas beibrachte, was sie nicht hatte lernen können, wurmte sie.
    »Er wollte vermeiden, dass ich uns alle umbringe, wenn wir unterwegs auf Spalthunde treffen.«
    Wie er da im Schatten hockte und sie anlächelte, fühlte sie sich ganz mies. Wie kam sie dazu, ihm das bisschen Unterweisung zu neiden? Mal davon abgesehen, dass Santino recht hatte. Falls sie sich zum Depot durchkämpfen mussten, war jede Hilfe willkommen, vor allem, wenn sie aus einer Feuerwalze bestand, die die Verfolger zu Asche verbrannte.
    Der Wagen rumpelte durch eine Bodenrille, dann zogen die Pferde an. Die eisenbeschlagenen Räder polterten über Asphalt. Im Korb maunzten die Kätzchen und raschelten mit ihrer Decke herum.
    »Kannst du dir vorstellen, dass in einer Stunde alles vorbei ist?« Ken strich sich eine verirrte Haarlocke hinters Ohr. »Wir fahren zum Depot, gehen durchs Portal und Simsalabim, alles wieder normal. Irgendwie verrückt, oder?«
    Sofern das Portal funktioniert,
drang Nessas schläfriger Kommentar durchs Halbdunkel.
    Sein Blick verengte sich. »Meint sie das ernst?«
    Die Purpurkatze schmiegte sich wie ein Pelzkragen um Marielles Hals und machte sich keine Mühe, ihren Einwurf zu präzisieren. Wahrscheinlich war sie immer noch beleidigt, was Ken betraf. Marielle genoss einen Moment seinen entgeisterten Gesichtsausdruck, dann musste sie kichern. »Das war ein Witz.«
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte durchs Gitterfenster hinaus. Die Villa verblasste zu einem roten Fleck in den ausgebleichten Graswogen. »Das Tor ist im Kern verankert. Das ist so stabil wie nur irgendwas.«
    Das dachte Rupertin bestimmt auch, bevor sein Portal in den Rabenfächer explodierte.
    Etwas in Nessas Tonfall brachte Marielle dazu, nach oben zu greifen und die Purpurkatze ein Stück herunterzuziehen, sodass sie sie ansehen konnte. »Das war doch ein Witz? Oder?«
    Die gelben Pupillen funkelten sie an.
Was machen wir übrigens, falls das Portal nicht funktioniert? Hast du einen Plan dafür, kleines Mädchen?
    »Hast du einen?«, fauchte sie zurück. Wie sie es hasste, wenn die Purpurkatze diesen Ton anschlug.
    Ken sah aus, als wäre er nicht sicher, ob er in Tränen oder irres Gelächter ausbrechen sollte.
    Ich war von Anfang an dagegen, in dieser Welt Wurzeln zu schlagen!
    »Und ich habe dir geholfen, deine blöden Purpurkätzchen zu retten. Also sei gefälligst nett zu mir!«
    Ich muss nicht mit dir reden.
    »Musst du doch! Du bist verpflichtet, mir gute Ratschläge zu geben.«
    Auf die du sowieso nicht hörst.
    »Manchmal schon. Also was machen wir, wenn das Tor explodiert?«
    Wir halten uns möglichst nicht darin auf.
    Marielle

Weitere Kostenlose Bücher