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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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schielte zu Ken. Nessa hieb mit ausgestreckten Krallen nach ihrer Hand und sprang herunter, sobald sie sie losließ.
    »Au! Was hab ich gemacht?«
    Insubordi… Insubordination.
    »Majestätsbeleidigung funktioniert nur in meine Richtung. Von dir«, sie bückte sich und stupste Nessa ins Fell, »zu mir. Nicht anders herum.«
    Ach ja? Und was, wenn ich dir sage, dass mein königliches Blut keinen Deut schlechter ist als deins?
    Sie seufzte. »Hör mal, kann ich dich mit Fisch bestechen, damit du aufhörst, mich zu maßregeln und mir stattdessen …«
    Sie kam nicht weiter, weil der Wagen in ein Schlagloch krachte, so heftig, das sie glaubte, die Achse wäre gebrochen. Sie langte wieder nach dem Fensterrahmen, den sie vor Schreck losgelassen hatte, und zog sich daran hoch. Die Hälfte der Brücke hatten sie bereits überquert. Von Gespinstgeistern keine Spur, doch weit hinten, wo die Brücke sich zum Ufer hin senkte, zeichneten sich vier Silhouetten ab. Schwärzlich, mit krummen Pfoten, die Nackenhaare gesträubt. Groß wie Kälber waren sie. Ihr wurde kalt.
    »Ken?« Sie hatte Probleme, ihre Stimme zu kontrollieren. »Da draußen sind Spalthunde.«
    Er sprang auf die Füße und stellte sich neben sie ans Fenster. Sein Körper streifte ihren, als der Wagen durch ein anderes Schlagloch polterte. Wie hypnotisiert starrten sie auf die Flecken, die die gleiche Richtung einschlugen wie sie selbst und schnell größer wurden. Der Karren verlangsamte sich. Durchs Poltern der Räder drangen Rupertins Flüche und ein durchdringender Peitschenknall.
    »Sie folgen uns«, wisperte sie.
    »Vielleicht ist es Zufall. Es gibt ja nur die eine Brücke.« Besonders überzeugt klang er nicht.
    Auf dem letzten Stück nahm der Wagen wieder an Fahrt auf. Die beiden Pylone flogen an ihnen vorbei, dann rasten sie auf die Uferstraße. Das Gefährt neigte sich heftig in die Kurve. Die Hunde holten auf. Aus den Seitenstraßen schnürten immer mehr von den Kreaturen heran und schlossen sich der Meute an. Geheul stieg in die Luft wie giftige Schwaden. Bald waren es ein Dutzend Tiere, die ihnen folgten. Einige überholten den Wagen und sprangen an den Seiten empor. Mit eisig-klebrigen Fingern kratzte die Panik an Marielles Geist.
    »O Sarrakhan«, stammelte sie, »Sarrakhan, sie werden uns überwältigen.« Das Halbdunkel, die stickige Enge und der Raubtiergeruch taten ihr Übrigens, die Hysterie zu schüren. Die Furcht, in dieser Holzkiste lebendig begraben zu sein, nahm ihr den Atem. Etwas prallte seitlich gegen die Verkleidung, ein dumpfer Schlag, eine Erschütterung. Sie umklammerte die Fensterstäbe so fest, dass ihre Knöchel sich weiß verfärbten. »Was machen wir jetzt?«
    »Ich könnte den Feuerballtrick versuchen.«
    Sie dachte, er scherzte, bis er eine Handvoll Kieselsteine zum Vorschein brachte.
    Ein brauner Spalthund sprang aus vollem Lauf und krachte gegen die Tür. Sein Gestank wehte ihr durch die Gitterstäbe entgegen. Sie fuhr zurück und taumelte in die Käfige. Die Kätzchen veranstalteten ein Höllentheater. Krallen schabten über das Holz, Reißzähne schnappten. Doch der Hund konnte sich nicht halten und stürzte wieder herunter.
    »Solange wir nicht rauskommen, kommen sie nicht rein«, krächzte Ken.
    Marielle richtete sich wieder auf und spähte erneut durchs Fensterchen. Sie jagten eine schmale Straße hinunter, die Flussaue auf der einen Seite, Industriebrachen auf der anderen.
    »Außer der Wagen kippt um«, fügte er hinzu. Und der Wagen schwankte beträchtlich. Viel schlimmer als auf der Brücke. »Dann sitzen wir hier drin wie Sardinen in der Fischkonserve.« In seiner Handfläche formte sich glosender Dunst. Feurig rote Schatten tanzten über die Holzwände. »Hey«, Euphorie überschlug sich in seiner Stimme, »hey, sieh mal, es funktioniert!«
    »Nicht! Du fackelst uns noch das Dach ab!«
    »Was denn?« Er machte ein paar schwankende Schritte bis zur Tür. »Geh mal beiseite, bitte.«
    Ein Schlagloch brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er stolperte gegen einen Käfig. Das Feuer in seiner Hand zog einen Schweif hinter sich her. »Entschuldigung.«
    Ein Kätzchen, das sich zwischen seine Füße verirrt hatte, quietschte, als die Flammen ihm zu nahe kamen. Die Gitter des Fensterchens standen gerade weit genug auseinander, dass seine Hand hindurchpasste. Er hielt sich fest und machte etwas, das sie nicht sehen konnte. Ein Chor aus Fiepen und Geheul antwortete ihm. Er lehnte sich zurück und grinste Marielle an. Sehr

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