Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
warum Kampfmagiern eigentlich Blitz und Feuer aus den Handflächen schießen und nicht Kaffeekannen aus Ton, mit der Tülle voran?
    Zum Glück wartete Santino nicht auf eine Antwort. »Im Kampf muss es schnell gehen, da hast du keine Zeit für komplizierte Dinge. Es ist schwierig, eine Vision aufrechtzuerhalten, wenn Pfeile auf dich niederregnen. Also schleuderst du so viel Energie wie möglich ins Gewebe und zeigst in die Richtung, in die dein Werk explodieren soll. Probier’s mal aus.«
    »Was? Einen Tornado?«
    »Ein kleiner Feuerball.«
    Er stöhnte innerlich beim Gedanken an die Brandblasen, die gerade erst abgeheilt waren.
    »Na los.«
    Okay, Feuer. Aber nicht direkt auf der Haut. Vielleicht in einer Glaskugel … ja, das würde funktionieren. Er stellte sich eine Glaskugel vor. Er mühte sich. Die Luft flimmerte über seiner Hand, verzerrte sich. Er presste die Lippen zusammen und starrte das Flimmern an. Mach schon, beschwor er das Ding. Glaskugel! Glaskugel, Mann! Wie schwer kann das sein? Während er sich die makellose, gerundete Oberfläche vorzustellen versuchte, schossen ihm alle möglichen Gedanken durch den Kopf, keiner davon gewollt. Blasen im Glas, Einschlüsse, Sprünge, Farben, Glasperlenkette. Verdammt! Frustriert stieß er den Atem aus, weil das Ding einfach keine Form annehmen wollte. Eine Stichflamme schoss hoch. Vor Schreck riss er die Hand weg. Mit einem hohen Singen explodierte die Luft. Winzige Scherben flogen ihm um die Ohren.
    »Sarrakhans Gnade!«, brach es aus Santino heraus. »Konzentrier dich!«
    Als er es wieder wagte, die Augen zu öffnen, sah er, wie Santino sich mit gequälter Miene Splitter aus dem Handrücken zog. Aus einem Schnitt an seiner Stirn sickerte Blut.
    Ken errötete vor Peinlichkeit und warf einen raschen Blick zu Marielle, die in der Toröffnung stand. Er konnte es zwar nicht genau sehen, hätte aber schwören wollen, dass sie grinste. Und wahrscheinlich hockte die bescheuerte sprechende Katze auf ihrer Schulter und machte sich über ihn lustig.
    »Noch mal«, befahl Santino.
    Aber jetzt war es aus mit der Konzentration. Ken starrte seine leere Handfläche an und brachte die Luft zum Wabern. Er schaffte es immerhin, einzelne Tröpfchen Glut zu materialisieren, die ihm beim Herabfallen Löcher in die Jeans brannten. Nur für die Kugel reichte es nicht.
    Der Magier beobachtete ihn mit steinernem Blick.
    »Noch mal«, sagte er, wann immer Ken die Hand sinken ließ. »Versuch es noch mal.«
    Und dann, gefühlte Stunden später: »Versuch es damit.«
    Ken fing den Kiesel, den er ihm zuwarf. Brandblasen, stöhnte die Stimme in seinem Kopf. Allmählich war ihm selbst das schon egal, vor lauter Frustration. Er starrte den Stein an und dachte an Pats hakennasigen Kumpel, der ihm das Gesicht zerschlagen hatte. An Tad Grünauge, der Marielle so grob aus dem Haus geschleift hatte. An Rupertin, der sie behandelte, als wäre sie kein Mensch, sondern ein Ding. An den Spalthund im verfluchten Wald, der sie beide fast erwischt hatte. Der Stein stieg ein paar Millimeter von seiner Handfläche hoch. Die Luft verdichtete sich zu einem Glutnebel, der jede Menge Hitze ausstrahlte. Nicht genug, um ihm die Hand zu verbrennen. Zum Glück.
    »Na also.« Santino nickte anerkennend.
    Die Korona schwoll an.
    »Halt!«, murmelte Ken.
    Der Ball stieg höher und wuchs immer weiter.
    »Halt!«, brüllte Ken. »Wie halte ich es an?«
    Die Hitze versengte ihm Gesicht und Augenbrauen. Santino stolperte auf die Füße. Ken
spürte,
wie das Ding ihm entglitt. Ein Netz aus Rissen sprang darin auf, rote Fäden, tief unter der Glut. Santinos Hand schoss vor. Das Ding explodierte. Schrapnell prallte gegen die Innenseite einer Seifenblase, die sich unter der Detonation verformte. Doch sie hielt, bis die Hitze verflogen war und nur die rauchenden Trümmer des Kieselsteins zu Boden fielen.
    »Danke.« Die Stimme erstickte ihm in einem Hustenanfall.
    Der Magier stieß den Atem aus und machte eine Show daraus, entspannt ins Gras zurückzusinken. Angeber, dachte Ken. Santino
hatte
sich Sorgen gemacht. Für einen Moment hatte ihm das Ding einen Schrecken eingejagt.

    Marielle klaubte die Katzenkinder aus den verwilderten Blumenbeeten hinter der Villa und packte sie in den Korb. Nessa thronte auf einem Stück Mauer und beäugte sie.
    »Ich lasse sie schon nicht fallen!«
    Aber du musst sie nebeneinander setzen, nicht aufeinander!
    Marielle verkniff sich eine Antwort.
    Die Sonne war beinahe ganz untergegangen, der

Weitere Kostenlose Bücher