Purpurfalter
sich an, sie wie eine Magd zu behandeln und so zu tun, als sei er der König persönlich - herablassend und erhaben. Aber sie kannte seine Hitzköpfigkeit, die er oft genug in letzter Zeit präsentiert hatte. Zudem war sie gefesselt und gefangen in diesem Raum. Da wollte sie kein Risiko eingehen und schnippisch werden. Wer versteckte sich noch in den dunklen Ecken?
„Was ist mit König Wor?“, fragte sie zögerlich.
Artin schnaubte. „Er ist ein Vampir.“
„Nicht im Herzen.“
„Er widmet seine Zeit ausschließlich den Blutsaugern.“
„Nie wird er seine Wurzeln vergessen.“
„König Wor hat uns in diese missliche Lage gebracht.“
„Er hat sich geopfert, um Ingrimm zu retten.“
„Der südlichen Krisis hat er den Untergang gebracht.“
„Er liebt sein Reich.“
„Unser Reich!“
„Ihr versteht das alles nicht. Lasst mich sein Verhalten begründen, seine Strategie erklären…“
„König Wor ist einer von ihnen, ein Vampir.“ Artin schritt auf sie zu und stützte sich rechts und links auf die Stuhllehnen. „Seid Ihr in der Tat so naiv, dass Ihr glaubt, er würde etwas tun, dass Valkenhorst schadet? Bald schon zieht es ihn ins Land der Finsternis. Dort wird er die Menschen unter Graf Schomuls Augen knechten.“
„Der Graf sicherte uns zu, dass mein Vater auf Tide bleiben darf.“
„Wie leichtgläubig!“
„Schomul reicht es, einen Vampir auf dem ingrimm’schen Thron zu wissen. Äußerlich ist Wor ein Blutsauger, innerlich ein Mensch.“
„Welche Nahrung nimmt Euer Vater zu sich?“
Loreena schwieg.
„Ihr solltet Eure Zuneigung zu Schomul in Hass umwandeln, sonst bringt es Euch eines Tages in Schwierigkeiten und uns ebenfalls.“
„Er wird sein Wort halten.“
„Er unterdrückt uns bereits in diesen Tagen, zwingt uns einen Sieg zu feiern, den wir nicht feiern wollen.“
„Heute Abend zelebrieren wir Lomas Rückkehr.“
„Nein! Wir heben die Gläser auf Ingrimms Knechtschaft.“
„Ohne die Hilfe der Vampire hätten wir meinen Bruder nicht aus dem eisigen Gefängnis Nebelhorns befreien können.“
„Ihr verschönt und romantisiert die Blutsauger.“
Loreena rang nach Luft. „Welch eine Unterstellung! Ich habe immer für unser Reich gekämpft, habe mich selbst in Gefahr gebracht …“
„Ich auch!“ Gereizt zog Artin sein Hemd aus der Lederhose und schob es hoch. „Diese Narbe fügte mir Graf Schomul zu, als ich Ingrimms Ehre verteidigte. Erinnert Euch. Ihr wart Zeugin. Für diese Schmach wird er büßen!“
„Auch ich zeigte ihm meine Missbilligung an diesem Abend.“
„Ihr wart betrunken und habt Euch lächerlich gemacht. Doch Eure Wangen glühten nicht nur aufgrund des Rotweines.“
„Hüte deine Zunge!“
„Des Grafen Kuss machte Eure Knie weich. Als seine Zunge über Euren Hals strich und den Wein ableckte, habt Ihr es durch und durch genossen.“
Loreena stieß einen markerschütternden Schrei aus. Wütend sprang sie auf. Ihr war es egal, dass sie gefangen und umzingelt war. Nah trat sie an ihn heran, um ihm ihr Knie in den Unterleib zu rammen. Sie hielt seinem Blick stand. Auch wenn es das Letzte war, was sie tat. Artin würde seine Anschuldigungen bereuen. Mochte er Loreena auch durchschaut haben, so würde sie dessen ungeachtet keine üble Nachrede dulden.
„Schluss! Hört sofort auf. Beide.“
Loreena fuhr herum. Einer der Schemen bewegte sich. Artin funkelte den Mann böse an, als dieser aus dem schützenden Dunkel heraustrat. Das dunkelblonde schulterlange Haar klebte an seinen hageren Wangen. Eingefallen wirkte sein Gesicht. Nur seine großen meerblauen Augen strahlten.
„Bitte, Streit unter Verbündeten hemmt das Vorhaben.“ Lomas hob beschwichtigend die Arme. „Wir stehen auf derselben Seite. Da bin ich mir sicher.“
Loreenas Herz raste. Ihr Bruder war einer der Entführer. Unfassbar! Traurig nahm sie wieder auf dem Stuhl Platz. Er hatte sich damit einverstanden erklärt, dass man eine Kapuze über ihr Haupt stülpte und sie in die Katakomben Tides schleifte. Er hatte zugesehen, wie man sie fesselte, mit Vorwürfen quälte – wie man ihren Vater in den Dreck zog.
Lomas blickte Artin ermahnend an. „Nicht meine Schwester ist Graf Schomul verfallen, sondern er meiner Schwester. Es wird gemunkelt, dass er die Menschen Küstenmarks bisher nicht zur Ader ließ, um Loreenas Gunst zu behalten.“
„Weibergewäsch“, blaffte Artin und steckte seinen Hemdsaum zurück in die Lederhose.
„Was hat ihn sonst davon abgehalten, das Reich
Weitere Kostenlose Bücher