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Purpurfalter

Purpurfalter

Titel: Purpurfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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versuchte ihren Atem flach zu halten. Ihr Herz raste mittlerweile. Nur einen Tanz lang wollte sie sich zusammenreißen. Nur wenige Takte musste sie durchhalten und sich ja nicht von ihm provozieren lassen. Schwer genug. Je näher sie kam, desto mehr zitterten ihre Beine. Der Vampir mit dem Leberfleck auf der Wange schaute verblüfft auf. Ihre Unterhaltung verstummte. Loreena wollte fortlaufen, raus aus dieser Hölle in den eigenen Mauern.
    Anstatt ihrem Wunsch nachzugeben fasste sie sich ein Herz und trat an den Grafen heran. „Darf ich Euch zum Tanz auffordern?“ Mühsam kamen diese Worte ihr über die Lippen. Sie spürte Hitze in ihre Wangen steigen. Verschämt biss sie auf die Unterlippe.
    Seine Augen weiteten sich überrascht, doch er blieb stumm. Loreena verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Weshalb antwortete er ihr nicht? Keine Regung zeigte sich auf seinem Gesicht. Starr musterte er sie. Dachte er über eine Antwort nach? Grübelte er, ob es weise wäre, ihr einen Korb zu geben oder welche Absichten sie hegen könnte? Insgeheim hoffte sie, er würde ablehnen. Sie beschloss, ihm die Entscheidung leicht zu machen.
    „Ihr seid nicht in der Stimmung. Ich sehe das“, heuchelte sie, „daher werde ich mich zurückziehen.“ Loreena verneigte sich andeutungsweise und schritt rückwärts.
    „Ihr missversteht meine Reaktion.“
    Schomuls Stimme ließ sie wohlig erschaudern. Beschämt über ihre Gefühle wich sie seinem Blick aus.
    „Euer Angebot erstaunt mich.“ Sanft hob er ihr Kinn mit Zeigefinger und Daumen an.
    Betörender Opiumduft strömte wie immer von ihm aus. Loreena erschrak über diese Vertrautheit. Sie verlor sich in seinen Augen, die so dunkel waren wie die Tiefe des Medusen Meers. Sie wurde hinabgezogen. Der Sog war stark. Kein Schutz. Keine Möglichkeit der Gegenwehr. Jeglicher Versuch sich freizuschwimmen war schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt.
    „Weshalb fragt Ihr nicht Mogall?“, erkundigte Schomul sich bissig.
    „Ich bitte Euch um diesen Tanz.“ Loreena lächelte ihn an. Sie hatte gedacht, es würde ihr schwer fallen, aber nun formten sich ihre Lippen von selbst zu einem Halbmond. Schomul schmunzelte mit einem Mal, als würde er ihre Empfindung erkennen. Und hatte er nicht gesagt, für ihn trug sie ihre Leidenschaft wie eine zweite Haut? Verlegen schaute sie zu den anderen Gästen, die tuschelnd die Köpfe zusammensteckten. Nur seinem Blick entfliehen. Nur nicht dahinschmelzen. Plötzlich streifte sein Zeigefinger ihre Wange. Verblüfft sah sie Schomul erneut an. Er reichte ihr seinen Arm. Nun war es unvermeidbar. Sie würde vor den Augen aller mit ihm tanzen. Aber anstatt von Magenschmerzen geplagt zu werden, durchflutete sie Wärme. Seine Aufmerksamkeit gehörte endlich wieder ihr.
    Das Orchester stimmte ein neues Lied an. Schomul fasste Loreena an den Händen und hob die Arme. Gemeinsam wiegten sie sich im Takt. Die anderen Paare formierten sich neben ihnen und bildeten eine Röhre. Als die Musik schneller wurde, lief das erste Paar unter den Armen hindurch. Schomuls Blick klebte an Loreena. Er beachtete nicht die missbilligenden Gesten der Bewohner Ingrimms, nicht die zusammengekniffenen Augen seiner Landsleute aus Wölfing. Kein einziges Mal schaute er zu den Paaren, die unter den Armreigen hindurchliefen. Dann waren Loreena und Schomul an der Reihe. Geduckt rannten sie unter den Armen durch, Schulter an Schulter, ohne die Hände loszulassen. Loreena lachte. Sie schwebte über die Tanzfläche und genoss den kräftigen Händedruck Schomuls. Als sie wieder auftauchten, begannen sie ihren Paartanz.
    Plötzlich bemerkte sie Schomuls irritierten Gesichtsausdruck. Er runzelte die Stirn. Misstrauisch starrte er Loreena an. Er musterte sie von oben bis unten und kniff die Augen zusammen. Sein Arm umschlang ihre Taille fester. Langsam zog er sie näher heran. Sein Blick verfinsterte sich. Loreena war verunsichert. Ihr Lächeln verschwand. Was ging in ihm vor? Hatte sie etwas falsch gemacht?
    Mit einem Mal zog er sie bis an seinen Körper heran. Ihr Busen drückte sich gegen seinen Oberkörper. Aber er betrachtete sie nicht begehrlich, sondern funkelte sie zornig an. Unerwartet neigte er sich blitzschnell nach vorne. Sie spürte seine Nase an ihrem Hals und hielt die Luft für einen Augenblick an. Was hatte er vor? Sie wollte etwas sagen, wollte schreien. Aber kein Wort kam über ihre Lippen. Loreena schloss die Augen. Gleich würden sich seine langen scharfen Eckzähne

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