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Purzelbaum

Purzelbaum

Titel: Purzelbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Stephenson
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abzubrausen. Das Rollo ziehe ich nun doch noch herunter, da das Toilettenpapier mittlerweile komplett nass ist und ich ein Übergreifen auf mein Make Up verhindern möchte. Schnell trockne ich mich ab, und verzichte auf das Ausföhnen meiner widerspenstigen blonden Haare. Nachdem meine Mähne bereits weit über die Schultern hinabreicht, würde sie ohnehin nicht mehr trocken werden. Also stecke ich meine feuchten Haare hoch, und versuche zumindest die optischen Folgen der vergangenen Nacht mit Foundation, dunklem Lidschatten, Eyeliner und einem bordeauxroten Lippenstift in den Griff zu bekommen.
    In meiner improvisierten Ankleide fällt meine Wahl neben schlichter schwarzer Unterwäsche, einer präsentationstauglichen Kombination aus schwarzen halterlosen Strümpfen, einem schwarzen Rock der etwas oberhalb des Knies endet, einer mittelgrauen Bluse und einem zum Rock passenden schwarzen Blaser auch noch auf graue Pumps mit extra hohen Absätzen. Die Pumps sind zwar sehr unpraktisch zum Gehen, sehen aber scharf aus. Darum müssen die High Heels erst mal in meiner Tasche auf ihren großen Präsentationsauftritt warten. Für den Weg zur Arbeit ziehe ich meine kuschelige, gefütterte Winterjacke und gefütterte, wenig gepflegte Winterstiefel an.
    In weniger als einer viertel Stunde passiert die Metamorphose von einer übernächtigen Alkoholleiche zu einer erfolgreichen Geschäftsfrau. »Mia Sorger, du bist rattenscharf und steckst sie heute alle in den Sack!« sage ich beim Hinunterfahren mit dem Lift zu meinem Spiegelbild.
    Auf der Straße vor dem Haus steht der Roller den ich mir nach der Trennung von Torsten zulegte. Früher erledigte ich alle Fahrten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht machbar waren mit Torstens Auto. Für ein Auto reichte es nach der Trennung nicht, also schaffte ich mir kurzer Hand einen Roller an. ‚Die Tage an denen sie nicht fahren können weil in München Schnee liegt, können sie an zwei Händen abzählen‘ meinte der Verkäufer damals und lag damit nicht so weit daneben.
    Mit dem Roller schlängele ich mich bei Kreuzungen zwischen den wartenden Autos durch, und erreiche trotz starkem Verkehr nach weniger als zehn Minuten das Smartcom-Gebäude. Vor fünfundvierzig Minuten erst erwacht, hätte ich niemals damit gerechnet noch rechtzeitig in die Arbeit zu kommen, um die Präsentation zu halten.
    Nach einer kurzen Fahrt mit dem Expresslift im achten Stock angekommen, werfe ich die Jacke über die Rückenlehne meines Bürosessels. Die Tasche landet neben dem Tisch und ich schnappe mir das Notebook, mit dessen Hilfe ich die Präsentation halten werde.
    Im Besprechungsraum ist noch niemand anwesend. Noch kurz Zeit, um einmal kräftig durchzuatmen. Nachdem das Notebook angeschlossen, und das Präsentationsprogramm gestartet ist, erscheint die erste Folie mit der Begrüßung an der Wand. Der ideale Zeitpunkt für einen Kaffee aus der Kanne, die von einem Assistenten herein gebracht wurde und ein wenig Entspannung nach dem turbulenten Start in den Tag.
    Nur wenige Minuten später füllt sich der Raum. Vorwiegend mit männlichen Kollegen und Vorgesetzten, die alle gekommen sind, um in die Marketingpläne des kommenden Halbjahres eingeweiht zu werden. Einige Männer im Raum lächeln verschmitzt, während die mit ihren Sitznachbarn tuscheln. Die beiden Frauen in der Runde blicken verächtlich, während sie ihre Blicke wie einen Scanner über mich laufen lassen. Was ist denn mit denen nicht in Ordnung? Ich folge ihren Blicken und wünsche mir, dass sich der Boden des Besprechungsraumes unter mir auftut. Ich stehe in meinen ausgelatschten, schmutzigen Stiefeln hier, und meine High Heels stecken draußen in der Tasche fest. Aber selbst wenn sich der Boden öffnen würde, würden die massiven Treter mich wahrscheinlich daran hindern, würdevoll versinken zu können. Würdevoll geht in nächster Zeit ohnehin nichts mehr. Dieser Zug ist abgefahren.
    So professionell wie unter diesen Umständen möglich, steige ich in die Präsentation ein, und habe schon nach wenigen Minuten die Aufmerksamkeit der Zuhörer von den Stiefeln über meinen Hintern, an den Brüsten vorbei zu dem eigentlichen Grund des Beisammenseins geführt. Bunte Charts, die von der Wand strahlen, unterstützten meine verbalen Ausführungen. Neue Tarife die in den nächsten Monaten die Käufer in die Shops locken sollten, spezielle Onlineangebote mit denen die Onlineverkäufe angekurbelt würden, und ein Werbekonzept das mit einer

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