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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Weisheit Seiner Majestät, des Pharaos Teppicymon XXVIII, Herr des Himmels, Lenker des Sonnenwagens, Steuermann der Sonnenbarke, Hüter des Geheimen Wissens, Lord des Horizonts, Bewahrer des Weges, Dreschflegel der Gnade, des Hochgeborenen, des Ewig Lebenden Herrschers! Der Bauer Ptorne wird unverzüglich achtzehn Groß-Talente ausstehende Pacht an den Prinzen Imtebos zahlen! Der Prinz Imtebos wird der Tempelkasse für die Götter des Flusses unverzüglich zwölf Groß-Talente spenden! Lang lebe der Pharao! Der nächste Fall!«
    Teppic winkte Dios herbei.
    »Gibt es einen besonderen Grund, warum ich hier bin?« fragte er ebenso leise wie hitzig.
    »Bitte beruhigen Sie sich, Gebieter. Wenn Sie nicht zugegen wären … Wie sollten die Leute dann wissen, daß der Gerechtigkeit Genüge getan wird?«
    »Aber Sie ignorieren meine Entscheidungen!«
    »Keineswegs, Gebieter. Sie fällen das Urteil eines Menschen. Ich interpretiere das Urteil des Pharaos.«
    »Ich verstehe«, sagte Teppic grimmig. »Nun, von jetzt an …«
    Laute Stimmen erklangen im Flur. Offenbar wartete dort ein Angeklagter, der nur geringes Vertrauen zur königlichen Gerechtigkeit hatte. Teppic konnte ihm deshalb keinen Vorwurf machen. Die Urteile des Pharaos bedeuteten offenbar nicht viel, solange Dios in der Nähe weilte.
    Der Angeklagte erwies sich als die Angeklagte: eine dunkelhaarige junge Frau, die in den Armen von zwei Wächtern zappelte. Sie trat und schlug mit geballten Fäusten um sich, traf dabei zielsicher empfindliche Stellen der männlichen Anatomie. Ihre Kleidung wäre selbst für ein Weintrauben schälendes Dienstmädchen zu knapp gewesen.
    Sie sah Teppic, und zu seinem heimlichen Vergnügen bedachte sie ihn mit einem haßerfüllten Blick. Den ganzen Nachmittag über hatte man ihn wie eine geistig zurückgebliebene Statue behandelt, und er empfand es als angenehm, daß jemand Interesse an ihm zeigte.
    Er wußte nicht, was man der jungen Frau zur Last legte, aber ihre derzeitige Verhaltensweise (die beiden Wächter stöhnten leise und krümmten sich immer wieder zusammen) ließ die Vermutung zu, daß sie energisch und voller Entschlossenheit gehandelt hatte.
    Dios beugte sich zu den Ohröffnungen der goldenen Maske herab.
    »Sie heißt Ptraci«, sagte er. »Ein Dienstmädchen Ihres Vaters. Sie hat sich geweigert, den Trank zu nehmen.«
    »Was für einen Trank?« fragte Teppic.
    »Es ist Brauch, daß ein toter Pharao sein Personal in die Unterwelt mitnimmt, Gebieter.«
    Teppic nickte bestürzt. Ein eifersüchtig gehütetes Privileg, die einzige Möglichkeit für einen mittellosen Bediensteten, Unsterblichkeit zu erringen. Er erinnerte sich an Opas Bestattung, an die dumpfen, durch dicke Mauern filternden und ziemlich aufgeregten Stimmen des Personals. Sein Vater war tagelang deprimiert gewesen.
    »Ja, aber es ist nicht obligatorisch«, sagte Teppic.
    »Da haben Sie völlig recht, Gebieter. Es ist nicht obligatorisch.«
    »Mein Vater hatte viele Dienstboten.«
    »Ich glaube, an Ptraci fand er besonders großen Gefallen, Gebieter.«
    Kann ich mir denken, fuhr es Teppic durch den Sinn. »Na schön. Was genau wirft man ihr vor?«
    Dios seufzte wie jemand, der einem extrem geistesbehinderten Kind etwas zu erklären versucht.
    »Sie hat sich geweigert, den Trank zu nehmen, Gebieter.«
    »Wenn ich mich nicht sehr irre, wiesen Sie eben darauf hin, niemand sei verpflichtet, den Trank zu trinken, Dios.«
    »Ja, Gebieter. Das stimmt auch, Gebieter. Trotzdem hat Ptraci es abgelehnt, den Becher zu leeren.«
    »Ah«, murmelte Teppic, »eine von den Situationen.« Es gab sie tausendfach in Djelibeby, und wer sie zu verstehen versuchte, lief Gefahr, den Verstand zu verlieren. Wenn einer der früheren Pharaonen den Tag per Dekret in Nacht verwandelt hätten, würde sich das Volk selbst im hellen Sonnenschein mit ausgestreckten Armen durch die verordnete Dunkelheit tasten.
    Teppic beugte sich vor.
    »Komm näher, junge Dame«, sagte er.
    Ptraci sah Dios an.
    »Seine Majestät Pharao Teppicymon XXVIII ….«, begann der Hohepriester.
    »Müssen wir das dauernd wiederholen?«
    »Ja, Gebieter … Herr des Himmels, Lenker des Sonnenwagens, Steuermann der Sonnenbarke, Hüter des Geheimen Wissens, Lord des Horizonts, Bewahrer des Weges, Dreschflegel der Gnade, der Hochgeborene, der Ewig Lebende Herrscher, befiehlt dir, deine Schuld zu bekennen!«
    Die junge Frau riß sich von den Wächtern los, trat auf den Thron zu und bebte voller Grauen.
    »Er hat mir gesagt,

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