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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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dumpfes Ächzen.
    Kurz darauf klickte Metall, so leise, daß praktisch alles still blieb.
    Weitere Tropfen der Zeit fielen ins Meer der Ewigkeit, und dann veränderte sich etwas. Die von der Abwesenheit aller Geräusche geprägte Stille im Korridor wurde zu jener Art von Stille, die jemand verursacht, der sich völlig lautlos bewegt.
    Jetzt steht das Wesen direkt hinter der Tür, dachte Ptraci.
    Einige Sekunden lang geschah gar nichts, zumindest nicht auf dieser Seite der Pforte. Teppic ölte Riegel und Angeln, und als er vorsichtigen Druck ausübte, schwang die Tür mit einem kaum hörbaren Seufzen auf.
    »Hallo?« flüsterte eine Stimme in der Dunkelheit.
    Ptraci drückte sich noch tiefer in die Ecke.
    »Ich bin hier, um dich zu retten.«
    Das durchs schmale hohe Fenster glühende Entladungslicht der Pyramiden fiel auf eine finstere schattenhafte Gestalt, die nicht annähernd so selbstbewußt wirkte wie ein dämonisches Geschöpf.
    »Kommst du mit oder nicht?« fragte der Fremde. »Ich habe die Wächter nur ins Reich der Träume geschickt – immerhin ist es nicht ihre Schuld, daß man dich hier einkerkerte. Bestimmt erwachen sie bald wieder. Uns bleibt nur wenig Zeit.«
    »Ich soll morgen früh den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen werden«, hauchte Ptraci. »Das hat der Pharao befohlen.«
    »Wahrscheinlich ist ihm ein Fehler unterlaufen.«
    Ptraci riß in ungläubigem Entsetzen die Augen auf.
    »Der Seelenfresser wird mich holen!« sagte sie.
    »Möchtest du dich von ihm holen lassen?«
    Die junge Frau zögerte.
    »Na bitte«, sagte der Unbekannte und griff nach Ptracis Hand. Sie widersetzte sich nicht, als er sie aus der Zelle führte. Draußen stolperte sie fast über den erschlafften Leib eines Wächters.
    »Wer befindet sich in den übrigen Zellen?« fragte der Dunkle und deutete auf die anderen Türen.
    »Keine Ahnung«, sagte Ptraci.
    »Ich schlage vor, wir sehen nach.«
    Der Schatten hob eine Ölkanne an Riegel und Angeln der nächsten Tür und stieß die Pforte auf. Das Entladungslicht flackerte auf einen etwa vierzigjährigen Mann hinab, der mit überkreuzten Beinen auf dem Boden saß.
    »Ich bin gekommen, um Sie zu retten«, sagte der Dämon.
    Der Mann sah auf.
    »Um mich zu retten?« vergewisserte er sich.
    »Ja. Warum sind Sie hier?«
    Der Gefangene ließ den Kopf hängen. »Ich habe den Pharao verflucht.«
    »Wie kam es dazu?«
    »Ein schwerer Stein fiel mir auf den Fuß. Jetzt wird man mir die Zunge herausreißen.«
    Die finstere Gestalt nickte voller Mitgefühl.
    »Ein Priester hat Sie gehört, nicht wahr?«
    »Nein. Ich habe es einem Priester erzählt.« Der Mann fügte tugendhaft hinzu: »Derartige Worte dürfen nicht ungestraft bleiben.«
    In dieser Hinsicht sind wir wirklich begabt, dachte Teppic. Tiere wären dazu nicht imstande. Nur Menschen können so dumm sein. »Was halten Sie davon, mich zu begleiten? Wir können unser Gespräch draußen fortsetzen.« Der Mann stand langsam auf und wich zurück.
    »Ich soll fliehen ?« fragte er.
    »Scheint mir eine gute Idee zu sein, nicht wahr?«
    Der Gefangene starrte den Fremden groß an, und seine Lippen bewegten sich stumm. Schließlich traf er eine Entscheidung.
    »Wächter!« rief er.
    Die Stimme hallte viel zu laut durch den schlafenden Palast, und der verhinderte Retter schüttelte den Kopf.
    »Verrückt«, sagte Teppic. »Die Leute hier sind total ausgerastet.«
    Er verließ die Zelle, griff nach dem Arm der jungen Frau und eilte mit Ptraci durch den düsteren Gang. Hinter ihnen machte der Mann von seiner verurteilten Zunge Gebrauch und brüllte phantasievolle Verwünschungen.
    »Wohin bringst du mich?« fragte Ptraci, als sie um eine Ecke hasteten und an den Säulen eines weiten Platzes vorbeistürmten.
    Teppic zögerte. Bisher hatte er kaum Gedanken an die zweite Phase der Flucht verschwendet. Das Entkommen schien der wichtigste Punkt zu sein.
    »Ich frage mich ernsthaft, warum man es überhaupt für notwendig hielt, die Türen mit Riegeln auszustatten«, sagte er und betrachtete die Säulen. »Es überrascht mich ein wenig, daß du nicht einfach in deine Zelle zurückkehrst.«
    »Ich … ich möchte nicht sterben«, sagte das Dienstmädchen.
    »Kann ich gut verstehen.«
    »Aber es ist völlig falsch! Normalerweise sollte man glücklich darüber sein, sterben zu dürfen!«
    Teppic beobachtete das Dach am Rande des Platzes und holte ein Ankereisen hervor.
    »Eigentlich sollte ich in meine Zelle zurückkehren«, sagte Ptraci, blieb jedoch

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