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Pyramiden

Titel: Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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darauf hin, es sei nicht immer so gewesen. Früher einmal hatte Djelibeby die Welt allein mit der unwiderstehlichen Kraft seiner hohen Ideale regiert, und das fünfundzwanzigtausend Soldaten starke Heer verbrachte den größten Teil seiner Zeit in den Garnisonen (neunzig Prozent davon befanden sich in den eroberten Ländern).
    Jetzt kam dem Alten Königreich eine subtilere Macht zu. Es erstreckte sich als kleiner Staat am Djel – eine Pufferzone zwischen den beiden großen Nationen Tsort und Ephebe, die gleichzeitig Bedrohung und Schild waren. Seit mehr als tausend Jahren besannen sich die Pharaonen auf geschickte Diplomatie, gute Manieren und die Beinarbeit eines adrenalinsüchtigen Tausendfüßlers, um an beiden Flußufern den Frieden zu bewahren. Der Umstand, siebentausend Jahre alt zu sein, kann eine ausgezeichnete Waffe darstellen, wenn man ihn richtig nutzt.
    »Sie meinen, wir befinden uns hier auf neutralem Boden?« fragte Teppic.
    »Tsort ist eine Wüstenkultur wie wir«, sagte Dios und preßte die Fingerspitzen aneinander. »Im Laufe der Zeit haben wir maßgeblichen Einfluß darauf ausgeübt. Was Ephebe betrifft …« Er rümpfte die hohepriesterliche Nase. »Die Epheber haben einige seltsame Ansichten.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie glauben, die Welt werde von Geometrie bestimmt, Gebieter. Von Linien, Winkeln und Zahlen.« Dios runzelte die Stirn. »So etwas kann zu recht unvernünftigen Vorstellungen führen, Gebieter.«
    »Ah«, machte Teppic und beschloß, so bald wie möglich mehr über die ›unvernünftigen Vorstellungen‹ herauszufinden. »Also stehen wir insgeheim auf der Seite von Tsort, nicht wahr?«
    »Nein. Es ist wichtig, daß Ephebe stark bleibt.«
    »Aber wir haben mehr mit Tsort gemeinsam.«
    »Wir lassen die Tsortaner in diesem Glauben, Gebieter.«
    »Aber Tsort ist doch eine Wüstenkultur, oder?«
    Dios lächelte. »Ich fürchte, dort nimmt man Pyramiden nicht sehr ernst, Gebieter.«
    Teppic überlegte.
    »Na schön. Auf welcher Seite stehen wir?«
    »Auf unserer, Gebieter. Es gibt immer eine Alternative. Bitte denken Sie daran, Gebieter, daß für Ihre Familie bereits die dritte Dynastie begann, bevor unsere Nachbarn herausfanden, wie man Kinder zeugt.«
    Die tsortanische Delegation erweckte den Eindruck, als habe sie sich gründlich – fast verzweifelt – mit der djelibebischen Kultur auseinandergesetzt. Gleichzeitig wurde deutlich, daß sie nichts davon verstand. Die Tsortaner hatten einfach all die Aspekte genommen, die ihnen gefielen und sie anschließend zu einem auf subtile Art und Weise falschen kulturellen Mosaik zusammengesetzt. Zum Beispiel bewegten sich die Gesandten im Drei-Dreher-Gang, der in Fresken gezeigt wurde und am djelibebischen Hof nur bei bestimmten Anlässen Verwendung fand. Ab und zu schnitten die Männer Grimassen, wenn ihre Wirbelsäulen knackten. Sie trugen die Khruspids des Morgens, die Armreifen des Diesseitigen Jenseits, den traditionellen Yet-Kilt und kein Wunder, daß die Dienstmädchen Mühe hatten, sich ein Lächeln zu verkneifen – dazu passende Beinschienen! 19
    Selbst Teppic hüstelte. Was soll’s? dachte er. Sie wissen es nicht besser. Sie sind wie Kinder.
    Diesem Gedanken folgte ein anderer, der gewisse Ernüchterung brachte. Aber diese Kinder könnten uns innerhalb einer Stunde von der Landkarte fegen.
    Damit begnügten sich die Synapsen noch nicht. Sie feuerten erneut und schickten eine dritte Botschaft hinterher: Um Himmels willen, es ist doch bloß Kleidung! Fängst du etwa an, die ganze Sache ernstzunehmen?
    Die Epheber erschienen in dezenten weißen Togen und sahen sich erstaunlich ähnlich. Vielleicht stand irgendwo in ihrem Land eine Presse, die kleine, kahlköpfige Männer mit krausen weißen Bärten herstellte.
    Die Emissäre verharrten vor dem Thron und verneigten sich.
    »Hallo«, sagte Teppic.
    »Seine Majestät Pharao Teppicymon XXVIII. Herr des Himmels, Lenker des Sonnenwagens, Steuermann der Sonnenbarke, Hüter des Geheimen Wissens, Lord des Horizonts, Bewahrer des Weges, Dreschflegel der Gnade, der Hochgeborene, der Ewig Lebende Herrscher, befiehlt Ihnen, Platz zu nehmen«, sagte Dios.
    Teppic suchte nach den richtigen Worten für eine Rede. In Ankh-Morpork hatte er viele Ansprachen gehört, und vermutlich klangen sie in allen Teilen der Welt gleich.
    »Ich bin sicher, wir …«
    »Seine Majestät Pharao Teppicymon XXVIII. Herr des Himmels, Lenker des Sonnenwagens, Steuermann der Sonnenbarke, Hüter des Geheimen Wissens,

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