Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
des
Betts war leer.
Aber das beunruhigte Charlotte
nicht, während sie wohlig ihre Glieder streckte, die noch warm und träge waren
von Patricks Liebkosungen und jener einzigartigen Erfüllung, die er ihr stets
schenkte. Es beunruhigte sie nicht, weil Charlotte wußte, daß ihre Trauung
diesmal auch in ihrer eigenen Kultur als rechtmäßig und bindend galt und
Patrick sich nicht mehr einfach aus einer Laune heraus von ihr lossagen konnte.
Ihr Kind würde einen Namen haben und nicht in Schande geboren werden, und sie
selbst würde — zumindest für eine gewisse Zeit — glücklich sein und sich nicht
um die Zukunft sorgen müssen.
Denn auf lange Sicht betrachtet gab
Charlotte sich keinen Illusionen hin — Patrick schien nach wie vor
entschlossen, sie nach Quade's Harbor zu bringen und dort zurückzulassen. Bis
es jedoch soweit war, daß sie die Insel verlassen konnten, mochten noch Monate
vergehen, ganz zu schweigen von der Zeit, die eine Seereise nach Washington und
der Bau eines Hauses dort in Anspruch nehmen würden.
,Charlotte beschwichtigte und
tröstete sich mit dem Gedanken, daß ihr, bis das alles erledigt war, genug
Zeit blieb, ihren Mann zu ihrer Denkweise zu bekehren.
Nach weiteren zehn Minuten
köstlichen Faulenzens stand sie auf, zog einen Morgenrock an und ging ins
angrenzende Bad.
Eine gute Stunde später, als sie
gebadet hatte und angezogen und frisiert die Treppe hinunterging, machte sie
eine freudige Entdeckung. Sowohl Mary Fängt-viel-Fisch, das Dienstmädchen, als
auch Jacoba, die grimmige schottische Haushälterin, begegneten ihr heute mit
ganz neuem Respekt und ungewohnter Achtung. Sie sprachen sie mit »Mrs.
Trevarren« an, wenn sie das Wort an sie richteten, in leisem, zuvorkommendem
Ton, und sie bestanden darauf, Charlotte das Frühstück auf der Veranda zu
servieren, damit Mrs. Trevarren den Sonnenschein genießen konnte ...
Charlotte erschrak, als sie auf die
Veranda hinaustrat. Die ganze Umgebung war ein einziges Bild der Zerstörung,
der einst so herrliche Garten und die gepflegten Rasenflächen waren mit
entwurzelten Palmen und abgeknickten Zweigen übersät. Ein Teil des Verandadachs
war eingestürzt und bildete einen gewaltigen Trümmerhaufen. Doch irgend jemand
hatte sich die Mühe gemacht, einen Teil des Schutts auf der Veranda
beiseitezuräumen, um Platz für Tisch und Stühle zu schaffen.
So muß es nach der Sintflut
ausgesehen habe, dachte Charlotte bedrückt, als sie an dem hübsch gedeckten
Frühstückstisch Platz nahm.
Als Mary erschien, fragte sie sie:
»Wo ist der Captain heute morgen?« und griff nach der Teekanne, um sich
einzuschenken. Aber Mary schob ihre Hand beiseite und bestand darauf, Charlotte
zu bedienen.
»Er ist draußen auf den Feldern«,
antwortete das Dienstmädchen schließlich. »Das Zuckerrohr muß neu gepflanzt
werden, denke ich.«
Charlotte errötete beschämt, weil
ihr plötzlich zu Bewußtsein kam, daß sie keinen Augenblick lang an die
Eingeborenen gedacht
hatte, nicht einmal während der Orkan ums Haus tobte. »Was ist aus Ihren Leuten
geworden, Mary?« fragte sie besorgt.
Mary zuckte die Schultern und
schenkte Charlotte ein strahlendes Lächeln. »Sie suchen in den Höhlen Schutz,
wenn starker Wind aufkommt. Das tun sie schon seit Anbeginn der Zeiten. Wir
sind hier Stürme gewohnt.«
»Aber das Dorf ... die Häuser?«
Marys Lächeln vertiefte sich, was
Charlotte angesichts ihrer nächsten Worte als ungemein verblüffend empfand.
»Sie werden sich neue Häuser bauen«, sagte Mary schlicht und kehrte ins Haus zurück,
so heiter und gelassen, als ob es nie einen Orkan gegeben hätte, dessen
zerstörerische Kraft ausgereicht hätte, die Insel innerhalb weniger Stunden in
ein komplettes Chaos zu verwandeln.
Einundzwanzig
Die Zuckerrohrfelder sahen aus, als ob
ein Riese mit einer gewaltigen Sense darüber hinweggefahren wäre, das Eingeborenendorf
auf der anderen Inselseite lag in Trümmern, und doch schien die Sonne so hell
und strahlend, als sei dies der erste Tag der Schöpfung. Der Himmel war von
einem zarten, melancholischen Blau, von der spiegelglatten See wehte eine
angenehm kühle Brise herüber.
Patrick, der die Kanonen
inspizierte, die seine Männer vom Deck der Enchantress abmontiert
hatten, bevor sie versenkt worden war, nutzte die Stille auf dem Hügel über dem
Haus, um in Ruhe nachzudenken.
Die Kanonen schienen alle unversehrt
zu sein, womit ein gewisser Schutz der Insel gegen Angriffe von außen gesichert
war. Doch es war
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