Quade 02 - Goldene Sonne die dich verbrennt
Schrecken auf, den beiden Arabern zu folgen. »Und was auch geschehen
mag«, fügte er warnend hinzu. »Sie dürfen ihnen niemals widersprechen! Wenn die
Zeit zum Aufbruch kommt, lasse ich Sie holen.«
Als der größere der beiden Männer
Charlottes lange Hosen und das weite Hemd sah, verzog er mißbilligend das
Gesicht, klatschte in die Hände und schrie etwas. Zwei Frauen in seidenen
Gewändern, aus denen nur Hände und Augen hervorschauten, erschienen und nahmen
Charlotte in ihre Mitte.
Über einen gepflasterten, von hohen
Wänden umgebenen Hof führten sie sie in das Innere des Palastes. Ihre dunklen Augen
verrieten Verwunderung und Betroffenheit, während sie Charlotte über einen Gang
scheuchten, der in einem prächtigen Raum mit Kissen, Sofas, Teppichen und
Springbrunnen endete.
Eine der Frauen klatschte in die
Hände, so herrisch wie der Mann am Strand, und überall erhoben sich Frauen von
Sofas und Sitzkissen und begannen Charlotte zu umringen. Kichernd deuteten sie
auf ihre Männerhosen und ihre nackten Füße und berührten zaghaft, als
fürchteten sie sich vor Läusen oder Flöhen, ihr schmutziges Haar.
Charlotte konnte sich nicht
entsinnen, sich jemals in ihrem Leben so erniedrigt gefühlt zu haben. Doch
neben ihrer Angst empfand sie auch eine gewisse Neugierde. Immerhin war sie die
erste junge Frau in ihrem Freundeskreis, die einen Sultanspalast betreten hatte.
»Spricht hier jemand Englisch?« fragte sie höflich.
Ein Schwall von Gelächter und
Getuschel war die Antwort: Charlotte wurde an der Hand genommen und zu einem
großen Wasserbecken geführt. Dann zogen die Frauen ihr die geborgten Kleider
aus, und obwohl Charlottes erster Impuls war, sich zu wehren, wußte sie, daß es
sinnlos wäre. Ein Dutzend Frauen, die alle recht kräftig wirkten, umringten
sie.
Drei
Das Wasser in dem gekachelten Becken
war angenehm warm, und in den Wasserdampf mischte sich das Aroma von Moschus,
Zimt, Rosen und Gardenien. Angesichts Patricks Versicherung, daß sie im
Sultanspalast nichts zu befürchten habe, überließ sich Charlotte den zwar
auferzwungenen, aber keineswegs unangenehmen Zuwendungen der Haremsdamen.
Jeder Zentimeter ihrer Haut, mit
Ausnahme ihres Gesichts, wurde mit Bimsstein abgerieben, ihr Haar mit Eigelb
gewaschen, ausgespült und noch einmal gewaschen. Als die Prozedur beendet
war, befand sich Charlotte in einem Zustand solch gründlicher Entspannung, daß
die Frauen sie halb führten, halb aus dem Becken trugen.
Nachdem sie mit weichen Tüchern
abgetrocknet worden war, legte man sie mit dem Gesicht nach unten auf eine mit
rotem Samt bezogene Couch. Eine Frau kämmte behutsam ihr Haar, während eine
andere duftendes Öl in ihre Haut massierte. Charlotte seufzte zufrieden, als
sie spürte, wie auch die letzte Spannung aus ihren Muskeln wich.
Eine wohlige Trägheit, wie nach dem
Genuß von süßem Wein, breitete sich in ihren Gliedern aus, als jemand sie
zudeckte und die Frauen sich entfernten, um sie ruhen zu lassen. Wie aus
weiter Ferne nahm Charlotte das leise Klingen fremder Instrumente wahr, das
Plaudern heller Frauenstimmen und das Plätschern von Wasser.
Sie träumte, an Bord der Enchantress zu sein und nackt und parfümiert auf Patricks Bett zu liegen. Und er
berührte sie ...
»Wie schön sie ist«, sagte eine
sanfte Stimme, und jemand strich Charlotte das feuchte Haar aus der Stirn. »So
schön, und so weit entfernt von ihrer Heimat.«
Die Tatsache, daß es englische Worte
waren, drang irgendwann zu Charlottes Bewußtsein vor, und langsam hob sie die
Lider. Eine blauäugige, blonde Frau Anfang der Dreißig stand vor ihrer Liege
und schaute lächelnd auf sie herab.
Ihre Hände waren mit Hennapulver
gefärbt, eine Sitte, von der Charlotte schon gelesen hatte. Das seidene Gewand,
das die Frau trug, war an den Ärmeln und am Ausschnitt mit winzigen silbernen
Vögeln bestickt. Ihr blondes Haar fiel ihr in weichen Wellen auf die Schultern.
»Ich bin Alev«, sagte sie, »eine der
Favoritinnen des Sultans. Und bald schon werde ich eine Kadin sein.«
Charlottes Augen weiteten sich vor
Überraschung. Da sie und ihre Freundinnen während der Schulzeit in Paris unzählige
Romane über den Orient und über Haremsdamen gelesen hatten, erkannte sie, daß
Alev die Stellung einer Ehefrau anstrebte.
Sie werden bestimmt auch bald zu
seinen Favoritinnen gehören«, fuhr Alev mit einer gewissen Trauer fort.
»Vielleicht tanzen Sie sogar schon heute nacht für Khalif, und falls Sie seine
Gunst
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