Qual (German Edition)
Er schaute nach rechts – da waren Kinderwagen. Er kam sich vor, als wäre er auf dem Planeten Baby gelandet.
Es waren viele Frauen hier. Manche hatten dicke Bäuche, und manche hatten kleine Babys. Viele der Babys heulten, und alle Frauen warfen Blaze prüfende Blicke zu, als könnte er jeden Moment ausrasten und anfangen, Planet Baby zu verwüsten und mit zerrissenen Kissen und zerfetzten Teddybären um sich zu werfen. Eine Verkäuferin näherte sich. Blaze war dankbar. Er hatte Angst davor gehabt, jemanden anzusprechen. Er wusste, wann die Leute Angst hatten, und er wusste, wo er fehl am Platz war. Er war dumm, aber doch nicht so dumm.
Die Verkäuferin fragte, ob er Hilfe benötige. Blaze sagte, ja. Sosehr er sich auch anstrengte, war er nicht in der Lage gewesen, sich alles vorzustellen, was er brauchte, also griff
er auf den einzigen Trick zurück, der ihm vertraut war: der Schwindel.
»Bin lange nicht hier gewesen«, sagte er und zeigte der Verkäuferin seine Zähne in einem Grinsen, das einem Puma Angst eingejagt hätte. Die Verkäuferin, obwohl kein Puma, lächelte tapfer zurück. Ihr Scheitel befand sich knapp unter der Mitte seines Brustkorbs. »Hab eben erst erfahren, dass meine Schwägerin ein Kind bekommen hat … ein Baby … während ich weg war, wissen Sie, und jetzt will ich ihn mal ausstatten. So mit allem, was nötig ist.«
Sie strahlte. »Ich verstehe. Wie großzügig von Ihnen. Wie lieb. Haben Sie einen besonderen Wunsch?«
»Ich weiß nicht. Also, ich verstehe nichts von … also, überhaupt nichts … von Babys.«
»Wie alt ist Ihr Neffe?«
»Hä?«
»Das Kind Ihrer Schwägerin.«
»Oh! Jetzt hab ich’s. Sechs Monate.«
»Ist das nicht entzückend.« Sie strahlte professionell. »Wie heißt er denn?«
Einen Moment war Blaze überrumpelt. Dann platzte er heraus: »George.«
»Ein reizender Name! Aus dem Griechischen. Er bedeutet ›die Erde bestellen‹.«
»Echt? Das ist ziemlich abgefahren.«
Sie strahlte noch immer. »Ja, nicht wahr? Nun, was hat Ihre Schwägerin denn schon alles für ihn?«
Darauf war Blaze vorbereitet. »Nichts von dem Kram, den sie jetzt hat, ist besonders gut, das ist ja die Sache. Sie sind richtig pleite.«
»Ich verstehe. Dann möchten Sie also … von Grund auf anfangen, richtig?«
»Genau, Sie haben’s erfasst.«
» Sehr großzügig von Ihnen. Schön, dann sollten wir am Ende der Pooh Avenue beginnen, in der Ecke mit den Kinderbettchen. Wir haben einige sehr nette Bettchen aus Hartholz …«
Blaze war erstaunt, wie viel nötig war, um so ein winziges bisschen Mensch zufrieden und glücklich zu machen. Er hatte seine Beute aus dem Tante-Emma-Laden eigentlich für ganz ansehnlich gehalten, aber als er das Baby-Paradies wieder verließ, da war seine Brieftasche praktisch leer.
Er kaufte ein Bettchen, eine Wiege, einen Hochstuhl, einen Wickeltisch, eine Plastik-Babybadewanne, acht Nachthemden, acht Gummihöschen, acht Säuglingsunterhemden mit Verschlüssen, aus denen er nicht schlau wurde, drei Betttücher, die kaum größer als Servietten waren, drei Decken, drei Polster für das Bettchen, damit der Kleine sich nicht den Schädel einschlug, wenn er unruhig wurde, einen Pullover, eine Mütze, gestrickte Babyschuhe, ein Paar rote Schuhe mit Glöckchen an den Laschen, zwei Hosen mit dazu passenden Hemden, vier Paar Socken, die nicht mal groß genug waren, dass er sie sich über die Finger hätte ziehen können, ein Fläschchensystem von Playtex (die Plastiktütchen sahen aus wie die Beutel, in denen George immer sein Dope kaufte), einen Karton mit Zeugs namens Similac, einen Karton Junior Fruits, einen Karton Junior Dinners, einen Karton Junior Desserts und ein Gedeck mit den Schlümpfen drauf.
Die Babynahrung schmeckte beschissen. Er probierte sie, als er wieder zu Hause war.
Während sich in einer Ecke des Baby-Paradieses die Päckchen und Tüten immer höher stapelten, wurden die Blicke der schüchternen jungen Frauen länger und nachdenklicher. Es wurde ein Ereignis, ein Meilenstein in ihrer Erinnerung – der riesige, behäbige Mann in Holzfällerkluft, der brav hinter der winzigen Verkäuferin hertrottete, aufmerksam zuhörte und dann alles kaufte, was sie vorschlug. Die Verkäuferin hieß Nancy Moldow. Sie arbeitete auf Provisionsbasis, und mit fortschreitendem Nachmittag breitete sich ein beinahe übernatürliches Leuchten in ihren Augen aus. Schließlich wurde alles addiert, und als Blaze das Geld abzählte, legte Nancy Moldow noch
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