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Qual

Qual

Titel: Qual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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drängen und auf eigene Faust an Violet Mosala: Technolibérateur zu arbeiten. Oder hatte Mosala sie zur Verschwiegenheit verpflichtet, worauf sie ihr Versprechen gehalten hatte, auch wenn es bedeutete, daß sie den Auftrag verlor?
    Es war zum Verrücktwerden! Selbst in Abwesenheit schien Sarah mir ständig einen Schritt voraus zu sein. Ich hätte sie zumindest fragen sollen, ob wir zusammenarbeiten wollten. Es hätte sich gelohnt, mein Honorar mit ihr zu teilen und sie zur Coproduzentin zu ernennen, nur um zu erfahren, was sie bereits wußte.
    Ein hellrotes Symbol blitzte in meinem Blickfeld auf, ein kleiner Kreis im Zentrum eines größeren Sucherkreises. Ich erstarrte verwirrt. Als ich den Blick wandern ließ, blieb der Kreis auf ein Gesicht in der Menge konzentriert. Es war eine Person im Clownskostüm, die Flugblätter der MR verteilte.
    Akili Kuwale?
    Witness glaubte, daß hie es war.
    Der Clown trug eine Maske aus aktivem Make-up, das zur Zeit ein grün-weißes Schachbrettmuster zeigte. Aus dieser Entfernung hätte hie von jedem Geschlecht sein können, auch asexuell. Die Größe und Statur paßten, und heine Gesichtszüge waren zumindest nicht unähnlich, auch wenn die Bemalung ein Urteil erschwerte. Es war nicht unmöglich, aber ich war auch nicht überzeugt.
    Ich näherte mich. Der Clown rief: »Holen Sie sich die neue Archetypische Tageszeitung! Lesen Sie die Wahrheit über die Gefahren der Frankensteinologie!« Der Akzent war unverkennbar, auch wenn ich ihn nicht geographisch einordnen konnte – und die Parolen dieses Marktschreiers klangen genauso ironisch wie Kuwales Bemerkungen über Janet Walsh.
    Der Clown betrachtete mich mit neutraler Miene, als ich auf hie zuging. »Wieviel?« fragte ich.
    »Die Wahrheit ist kostenlos… aber ein Dollar würde unserer Sache helfen.«
    »Welche Sache meinen Sie? MR oder AK?«
    »Wir alle spielen unsere Rollen«, sagte hie leise. »Ich spiele die eines MR, Sie spielen die eines Journalisten.«
    Das saß. »Wenn Sie meinen«, sagte ich. »Ich gebe zu, daß ich auch jetzt nicht einmal halb soviel weiß wie Sarah Knight… aber ich mache Fortschritte. Mit Ihrer Hilfe würde es jedoch etwas schneller gehen.«
    Kuwale musterte mich mit unverhohlenem Mißtrauen. Das Schachbrettmuster auf heinem Gesicht verwandelte sich plötzlich in blaue und rote Karos – ein verwirrender Anblick, obwohl der unverändert starre Blick heine Verachtung um so deutlicher zum Ausdruck brachte.
    »Warum nehmen Sie sich nicht einfach ein Pamphlet und verschwinden?« sagte hie und reichte mir eine Zeitung. »Lesen Sie und verdauen Sie alles.«
    »Ich mußte heute schon genügend schlechte Neuigkeiten verdauen. Und die Schlüsselfigur…«
    Hie grinste süffisant. »Ach, Amanda Conroy hat Ihnen eine Privataudienz gewährt, und jetzt glauben Sie, alles zu wissen.«
    »Wenn ich das glauben würde, müßte ich Sie nicht bitten, mir zu verraten, was mir bislang entgangen ist.«
    Hie zögerte. Ich sagte: »Sonntag abend haben Sie mich aufgefordert, die Augen offenzuhalten. Sagen Sie mir, warum – und sagen Sie mir, wonach ich Ausschau halten soll. Dann werde ich es tun. Ich bin genauso wie Sie daran interessiert, daß Mosala nichts zustößt. Aber dazu muß ich wissen, was vor sich geht.«
    Kuwale dachte darüber nach. Hie war immer noch mißtrauisch, doch mein Angebot schien verlockend zu sein. Mit Ausnahme von Mosalas Kollegen oder Karin De Groot – die kaum zur Kooperation bereit sein dürften – war ich vermutlich der engste Kontakt, den hie jemals zu heinem Idol herstellen konnte.
    »Wenn Sie für die andere Seite arbeiten«, überlegte hie laut, »warum sollten Sie dann vortäuschen, so unwissend zu sein?«
    Dieser Vorwurf konnte mich nicht treffen. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich weiß, wer oder was die andere Seite ist.«
    Kuwale gab sich geschlagen. »Wir treffen uns in einer halben Stunde vor diesem Gebäude.« Hie nahm meine Hand und schrieb eine Adresse auf die Innenseite. Es war nicht das Haus, in dem ich mich mit Conroy getroffen hatte. In einer halben Stunde sollte ich Mosala bei einem weiteren Vortrag filmen – doch die Dokumentation war nicht gefährdet, wenn ich ein paar Reaktionen weniger zur Auswahl hatte, und Mosala wäre wahrscheinlich sogar erleichtert, daß ich sie ausnahmsweise eine Weile in Ruhe ließ.
    Kuwale drückte mir ein zusammengerolltes Pamphlet in die Hand, bevor ich mich abwandte. Ich hätte es beinahe weggeworfen, doch dann überlegte ich es mir

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