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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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beobachtete, wie Ray sich aufrappelte und blinzelte wie jemand, der aus einem Albtraum erwacht oder sich in einem solchen wiederfindet.
    Ray stolperte auf die O/BEK-Kammer zu, eine offene Grube inzwischen. Dornen aus kristalliner Materie stiegen bis zur Decke auf und durchbohrten sie, Putz schneite herab; das Licht aus den Leuchtstoffröhren wurde schwächer.
    »Ray«, sagte Chris. »He, Kumpel. Wir sind hier nicht sicher. Wir müssen raus. Wir müssen Tess nach oben bringen.«
    Tess stellte ihren Widerstand ein, wartete auf die Reaktion ihres Vaters. Chris behielt ihre Schulter trotzdem fest im Griff.
    Ray Scutter starrte in den sich vor ihm auftuenden Abgrund. Die O/BEK-Kammer war ein drei Geschosse tiefer Schacht voller kristalliner Wucherungen, ein Fass voll geschmolzenem und wieder erstarrtem Glas. Er warf Chris einen kurzen, geringschätzigen Blick zu. »Natürlich sind wir hier nicht sicher. Das ist ja der springende Punkt, verdammt noch mal.«
    »Vielleicht haben Sie recht. Ich will mich nicht mit Ihnen streiten. Wir müssen Tess nach oben schaffen. Wir müssen Ihre Tochter in Sicherheit bringen, Ray.«
    Ray schien diesen Vorschlag zu überdenken, aber er hatte es offenbar nicht mehr eilig. Noch einmal blickte er zu ihnen herüber, lange diesmal. Chris glaubte sagen zu können, dass er noch nie eine derartige Müdigkeit im Gesicht eines Menschen gesehen hatte.
    Dann entspannten sich Rays Züge, als hätte er soeben ein wirklich kniffliges, quälendes Rätsel gelöst. Er lächelte. »Machen Sie das«, sagte er und trat über den Rand hinaus.
    Tess riss sich von Chris los und rannte zu der Stelle, wo ihr Vater eben noch gestanden hatte.

 
Sechsunddreißig
     
     
    Das Subjekt verschwand, ebenso die Dombögen aus leuchtendem Stein und das trockene Hochland von UMa47/E. Plötzlich blickte Marguerite in eine verwirrende Dunkelheit hinein. Dann wurden aus der Dunkelheit die Umrisse des fensterlosen Konferenzraums im ersten Stock der Ambulanz von Blind Lake. Ihre Knie knickten ein. Sie griff nach einem Stuhl, um sich aufrecht zu halten. Der Wandbildschirm war ein flackerndes Rechteck, aus dem nur sinnloses Rauschen drang. Verlust der Verstehbarkeit, dachte Marguerite.
    Wie lange war sie fort gewesen? Vorausgesetzt, dass sie den Raum überhaupt je verlassen hatte. Wahrscheinlich hatte sie das nicht, obwohl sie mit jeder Faser ihres Körpers zu spüren meinte, dass sie auf UMa47/E gewesen war, dass sie die ledrige Haut des Subjekts mit ihren Fingern berührt hatte.
    Dieser leere Konferenzsaal, die Ambulanz, ein verschneiter Morgen in Blind Lake, Rays Wahnsinn: Wie sollte sie in diese Geschichte zurückfinden? Sie dachte an Tess. Unten im Empfangsbereich, zusammen mit Chris, Elaine und Sebastian. Sie atmete tief durch, dann trat sie hinaus in den Flur.
    Aber der Flur war voller Personen in weißen Schutzanzügen, bewaffneten Personen. Marguerite starrte verständnislos in die Runde, bis zwei dieser Personen auf sie zukamen und sie an den Armen fassten.
    »Meine Tochter ist unten«, brachte sie heraus.
    »Ma’am, wir evakuieren dieses Gebäude und auch alle übrigen Gebäude der Anlage.« Es war eine Frauenstimme, bestimmt, aber nicht unfreundlich. »Wir werden jeden dahin bringen, wo er hingehört, sobald das Gelände geräumt ist. Bitte kommen Sie mit uns.«
    Marguerite musste sich dieser demütigenden Prozedur unterwerfen. Immerhin wurde ihr erlaubt, ihren Wintermantel, der im Empfangsraum über der Rückenlehne eines Stuhls hing, an sich zu nehmen. Dann führte man sie nach draußen, in einen bitterkalten Morgen hinein. Eine kleine Schar von Ambulanzbediensteten hatte sich dort versammelt, von Tess oder Chris war jedoch nichts zu sehen. Ihr wurde flau im Magen.
    Sie entdeckte Sebastian Vogel und Elaine Coster, die mit einem Dutzend anderen Leuten zusammen in einen Mannschaftswagen geschleust wurden. Sie rief ihre Namen, rief auch nach Tessa, aber Elaine wurde von einem Behelmten nach drinnen gezogen und Sebastian konnte nur noch unbestimmt nach Westen deuten – in Richtung Alley, die, wenn Marguerite den Kopf ein bisschen reckte, die Straße hinunter gegenüber vom Einkaufszentrum zu sehen war.
    Marguerite stockte der Atem.
    Die Betonkühltürme waren verschwunden. Nein, nicht verschwunden, sondern verkapselt, eingefasst in ein Gerüst aus knotigen, silbrigen Trägern, kristallinen Minaretten und sich wölbenden Vorsprüngen. Die ummantelnde Substanz wuchs immer noch weiter, entwickelte strahlenförmige Arme,

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