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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie?«
    »Lange Geschichte.«
    »Manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie auf den ersten Blick scheinen.«
    »Ich maße mir kein Urteil über Sie an, Mr. Carmody. Wirklich.«
    »Und ich bin nicht hier, um Sie in eine schwierige Lage zu bringen.«
    Es gab eine weitere Pause. Löffel klirrten in Kaffeetassen. Dann sagte Tessas Mutter: »Es ist ein Kellerraum. Nichts Besonderes. Allerdings wohl besser als die Turnhalle, glaube ich. Vielleicht können Sie so lange dort bleiben, bis Ari etwas anderes arrangiert hat.«
    »Ist das ein echtes Angebot oder eins aus Mitleid?«
    Tessas Mutter, jetzt nicht mehr wütend, ließ ein kurzes Lachen hören. »Vielleicht aus einem Schuldgefühl heraus. Aber ehrlich gemeint.« Wiederum Schweigen.
    »Dann nehme ich es an«, sagte der Fremde. »Danke.« Tess ging in die Küche, um sich bekannt machen zu lassen. Insgeheim war sie begeistert. Ein Übernachtungsgast! Noch dazu einer, der ein Buch geschrieben hatte! Das war mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte.
     
    Tess schüttelte dem Gast die Hand; er war ein sehr großer Mann, der lockige dunkle Haare hatte und sie ernst und höflich begrüßte. Der Gast trank weiter Kaffee und plauderte mit Tessas Mutter fast bis Sonnenuntergang, als er aufbrach, um seine Sachen zu holen. »Wir werden wohl, jedenfalls für kurze Zeit, Gesellschaft haben«, sagte Tessas Mutter zu ihr. »Ich glaube nicht, dass Mr. Carmody uns groß stören wird. Er wird vielleicht auch gar nicht lange hier sein.«
    Tess sagte, das ginge in Ordnung.
    Sie spielte bis zum Abendessen in ihrem Zimmer. Es gab Spaghetti mit Tomatensoße aus der Dose. Der schwarze Laster lieferte jede Woche Lebensmittel, und diese wurden über den Supermarkt, wo die Leute vor der Quarantäne eingekauft hatten, nach einem Rationenpunktesystem verteilt. Das bedeutete, dass man sich nicht das aussuchen konnte, was man besonders gern mochte. Jeder bekam die gleiche wöchentliche Zuteilung von Obst und Gemüse, Konserven und Gefrierkost.
    Aber Tess hatte nichts gegen Spaghetti. Außerdem gab es Brot mit Butter und Käse dazu und zum Nachtisch Birnen.
    Nach dem Abendessen rief Tessas Vater an. Seit Beginn der Quarantäne konnte man nicht mehr nach draußen telefonieren oder E-Mails schicken, aber über Blind Lakes zentralen Server war es immerhin möglich, innerhalb des Zaunes zu kommunizieren. Tess nahm den Anruf auf ihrem eigenen Apparat entgegen, einem rosa Mattel-Handy aus Plastik, ohne Display und nennenswertem Speicher. Aus diesem Spielzeugtelefon klang die Stimme ihres Vaters mickrig und weit entfernt. Das Erste, was er sagte, war: »Geht’s dir gut?«
    Er fragte immer das Gleiche, jedes Mal, wenn er anrief. Tess antwortete wie immer: »Ja.«
    »Bist du sicher, Tessa?«
    »Ja.«
    »Was hast du heute gemacht?«
    »Gespielt«, sagte sie.
    »Im Schnee?«
    »Ja.«
    »Hast du auch schön aufgepasst?«
    »Ja«, sagte Tess, obwohl sie nicht recht wusste, worauf sie denn hätte aufpassen sollen.
    »Wie ich höre, hattet ihr heute Besuch.«
    »Der Übernachtungsgast«, sagte Tess. Sie fragte sich, wie ihr Vater so schnell davon erfahren hatte.
    »Richtig. Wie findest du das, einen Besucher zu haben?«
    »Ist okay. Ich weiß nicht.«
    »Kümmert sich deine Mutter auch ordentlich um dich?«
    Wieder eine wohlvertraute Frage. »Ja.«
    »Das will ich hoffen. Weißt du, wenn es je Probleme dort gibt, brauchst du mich nur anzurufen. Ich kann dich dann abholen.«
    »Ich weiß.«
    »Na, jedenfalls nächste Woche bist du dann ja wieder bei mir. Kannst du noch eine Woche warten?«
    »Ja«, sagte Tess.
    »Und bist bis dahin ein braves Madchen?«
    »Ist gut.«
    »Ruf mich an, wenn es ein Problem mit deiner Mutter gibt.«
    »Ist gut.«
    »Hab dich lieb, Tessa.«
    »Ich weiß.« Tess steckte das rosa Telefon in ihre Tasche zurück.
     
    Der Übernachtungsgast kehrte am Abend mit einem Matchbeutel zurück. Er sagte, er hätte schon zu Abend gegessen, und ging dann in den Keller, um etwas zu arbeiten. Tess ging in ihr Zimmer.
    Die Eisstickerei auf der Fensterscheibe war tagsüber geschmolzen, hatte sich nach Sonnenuntergang jedoch neu gebildet, mit neuen und andersartigen Symmetrien, die wie ein eigener Garten wuchsen und sich fortentwickelten. Tess stellte sich Kristallstraßen und Kristallhäuser vor und kristallene Wesen, die sie bewohnten: Eisstädte, Eiswelten.
    Es hatte aufgehört zu schneien, und die Temperatur war gefallen. Der Himmel war ganz klar, und als sie das Eis weggerieben hatte, konnte Tessa massig

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