Quellcode
dass er es sah, wie Brown Skink vom Boden hob und mit dem Kopf voran gegen die Treppe rammte.
Noch ein paar leere Flaschen fielen die Treppe herunter. Ein unangenehm heller Lichtstrahl, den Milgrim aus dem Zimmer des IF an der Lafayette kannte, tastete den verkrümmt daliegenden Skink systematisch ab. Brown beugte sich vor, fuhr mit der Hand Skinks Rücken hinab und drehte ihn dann mit beiden Händen ächzend um. Milgrim sah, wie Browns angestrahlte Hand den Reißverschluss von Skinks tief sitzender Hose aufzog. »Glock«, sagte Brown befriedigt, und wie bei einem perversen Zaubertrick pflückte er eine Pistole aus Skinks offener Hose.
Dann standen sie wieder auf der Straße, wo das Sonnenlicht jetzt surreal wirkte, und stiegen in den Taurus.
»Glock«, sagte Brown noch einmal zufrieden.
Da fiel Milgrim zu seiner Erleichterung ein, dass das eine Waffenmarke war.
65. EAST VAN HALEN
Sie ging davon aus, dass es in Bigends Kryptoküche WLAN gab, und klappte ihr PowerBook auf der Küchentheke auf. Leider wurde ihr jedoch mitgeteilt, dass keines ihrer vertrauenswürdigen Netzwerke gefunden werden konnte. Ob sie stattdessen eine Verbindung zu »BantVancl« herstellen wolle?
Bei der Formulierung »vertrauenswürdige Netzwerke« kamen ihr für einen Moment beinahe die Tränen. Sie hatte nicht das Gefühl, so etwas zu haben. Dann riss sie sich zusammen und sah, dass Bigend sein WEP nicht aktiviert hatte. Kein Passwort notwendig. Andererseits hatte er Ollie, der vermutlich in Hunderte von WLANs anderer Leute gleichzeitig eindringen konnte, was ein gewisser Ausgleich war.
Sie loggte sich bei BantVancl ein und checkte ihre Mails. Nichts. Nicht einmal Spam.
Das Handy in ihrer Tasche klingelte. Der Scrambler hing noch daran. Was würde passieren, wenn jemand anderer als Bigend anrief? »Hallo?«
»Wollte nur mal hören, wie es läuft«, sagt Bigend, und Hollis hatte auf einmal nicht mehr die geringste Lust, ihm von Sarah zu erzählen.
Eine Gegenreaktion auf das plötzliche Gefühl seiner Allgegenwart, wenn sie auch noch nicht real, sondern nur als Möglichkeit vorhanden war. Sobald er sich einmal in deinem Leben eingenistet hatte, war er da, in einer Weise, wie kein normaler Mensch, kein normaler Chef das konnte. Sobald sie ihn über einen gewissen Punkt hinaus ließ, gab es jederzeit die Möglichkeit, dass das Telefon klingelte und er sagte: »Wollte nur mal hören, wie es läuft«, bevor sie überhaupt fragen konnte, wer dran war. Wollte sie das? Konnte sie es sich leisten, es nicht zu wollen?
»Nichts Neues«, sagte sie und fragte sich sofort, ob Ollie bereits ihr Gespräch beim Mittagessen irgendwie nach Los Angeles übermittelt hatte. »Ich sehe mich ein bisschen in Odiles Künstlerkreisen um. Sie kennt hier aber eine ganze Menge Leute, und ich kann nicht zu offensichtlich nach Bobby fragen. Man kann nie wissen, ob ihm nicht jemand auf die Nase bindet, dass ich hier bin und nach ihm suche.«
»Ich bin davon überzeugt, dass er dort ist«, sagte Bigend, »und ich denke, unsere beste Chance ist, ihn mit Ihrer und Odiles Hilfe aufzuspüren.«
Hollis nickte stumm. »Dieses Land ist groß«, meinte sie. »Warum sollte er nicht irgendwo hinfahren, wo er nicht so leicht zu finden ist?«
»Vancouver ist eine Hafenstadt«, erwiderte Bigend. »Ein Containerhafen für Überseeschiffe. Die Schatztruhe unserer Piraten. Er ist da, um das Löschen des Frachtcontainers zu überwachen, allerdings nicht für die Reederei.« Für einen Moment herrschte absolute digitale Stille. »Ich will Sie in das Darknet reinbringen, das gerade für uns eingerichtet wird.«
»Und was soll das sein?«
»Im Grunde nichts weiter als ein privates Internet. Unsichtbar für Nichtmitglieder. Der Scrambler am Handy dient uns momentan sozusagen nur als Gedächtnisstütze, dass es private Gespräche ganz grundsätzlich nicht gibt. Ollie arbeitet daran.«
»Da kommt jemand«, sagte sie. »Ich muss Schluss machen.« Sie legte auf.
Sie ließ ihr PowerBook, dessen stickerverkrustete Klappe abgesehen von der Aussicht hier das Farbenfroheste war, offen auf der Theke stehen, ging nach oben, zog sich aus und duschte ausgiebig. Odile hielt ein Mittagsschläfchen.
Sie föhnte sich die Haare und zog sich an, wieder Jeans und Turnschuhe. Als sie die Blue-Ant-Figur zwischen ihren Kleidern fand, sah sie sich nach einem guten Platz dafür um. Sie entschied sich für einen Sims aus talkumglattem Beton in Kopfhöhe, auf den sie die Ameise wie ein Standbild stellte,
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