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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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verraten? Wissen Sie das?«
    »Im Grunde, weil sie sauer auf ihn ist. Kein einfacher Bruder. Ich habe gerade Ihren Hafen gesehen, vor einer Minute. Er ist unten am Ende der Straße.«
    »Ja«, sagte er, »wie praktisch. Was haben Sie jetzt vor?«
    »Keine Ahnung«, antwortete sie. »Ich werde mich ein bisschen umsehen.«
    »Soll ich Ihnen Ollie schicken?«
    »Nein. Ich werde wahrscheinlich nicht lange hier bleiben.«
    »Wenn ich nicht sehe, dass der Wagen heute Abend zur Wohnung zurückfährt, und auch nichts von Ihnen gehört habe, schicke ich Ollie.«
    »Einverstanden.« Sie legte auf.
    Sie saß da und betrachtete East Van Halens Müllcontainer. Ein paar Wagenlängen dahinter ging es in eine Durchfahrt hinein. Die vermutlich zu einem Hintereingang in dem Gebäude führen würde, in dem Bobby war.
    Sie stellte die Alarmanlage des Phaeton an und stieg aus. »Pass gut auf dich auf, du Pseudoluxuskarre«, ermahnte sie den Wagen. »Ich bin gleich wieder da.«

66. PINGEN
    Tito saß auf einem farbbespritzten Stahlhocker und blickte hinauf zu einem schmutzigen Oberlicht aus drahtverstärktem Glas. Am Oberrand landeten ständig Tauben und flogen unter lautem Flügelgeflatter wieder davon. Garreth und der Alte unterhielten sich mit dem Mann, der hier auf sie gewartet hatte, in diesem düsteren, großen Raum im zweiten Stock in einer Stadt und einem Land, an die Tito bisher noch nie einen Gedanken verschwendet hatte.
    Das Boot, das sie abgeholt hatte, war weiß gewesen, lang, flach und sehr schnell. Der Kapitän trug eine große Sonnenbrille und eine eng anliegende Nylonkapuze und sprach kein Wort.
    Tito hatte zugesehen, wie die Insel mit der Landepiste kleiner wurde und schließlich verschwand, auch wenn das lange gedauert hatte.
    Nachdem sie mehrmals die Richtung gewechselt hatten, steuerten sie auf eine andere Insel zu. Klippen aus weichem, winderodiertem Gestein. Ein paar kleine, einzeln stehende Häuser mit Blick aufs Meer. Sie folgten der Küste bis zu einem hölzernen Pier, der von einem massiveren Kai hinaus ins Meer ragte. Er half Garreth, den Pelicase aus dem Boot zu hieven. Er war zu schwer, um ihn an den Griffen hochzuheben. Garreth meinte, sie könnten unter dem Gewicht abbrechen.
    Der Kapitän des weißen Bootes brauste in eine andere Richtung davon.
    Tito hörte einen Hund bellen. Ein Mann trat an das Geländer des hohen Kais und winkte ihnen zu. Garreth winkte zurück. Der Fremde wandte sich ab und war verschwunden.
    Der Alte sah auf die Uhr, dann hinauf in den Himmel.
    Tito hörte das Wasserflugzeug, das dicht über dem Meer angeflogen kam, schon bevor er es sah. »Sag nichts«, instruierte ihn Garreth, als der Propeller des Flugzeugs zum Stillstand kam und es die letzten paar Meter auf den Pier zutrieb.
    »Wie geht es Ihnen, meine Herren?«, fragte der Pilot, ein Mann mit Schnurrbart, und kletterte auf den nächsten Ponton, während Garreth das Flugzeug am Flügel festhielt.
    »Danke, ausgezeichnet«, antwortete der Alte, »allerdings sind wir etwas übergewichtig.« Er zeigte auf den Pelicase. »Gesteinsproben.«
    »Geologe?«, fragte der Pilot.
    »Im Ruhestand«, sagte der Alte lächelnd, »aber Steine schleppe ich noch immer durch die Gegend.«
    »Dürfte kein Problem sein.« Der Pilot öffnete ein Fach an der Seite des Flugzeugs, das ganz anders als die Cessna aussah. Es hatte nur einen Propeller und wirkte äußerst funktional. Tito beobachtete, wie Garreth und der Pilot sich damit abmühten, den Pelican-Case vom Pier in das Fach zu manövrieren.
    Er sah, wie der Alte erleichtert die Luft zwischen den gespitzten Lippen ausstieß, als sie den Koffer in das Flugzeug bekommen hatten, ohne ihn fallen zu lassen.
    »Wie lang fliegen wir?«, fragte der Alte den Piloten.
    »Nicht einmal zwanzig Minuten«, antwortete der Pilot. »Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?«
    »Nein, danke«, sagte der Alte und kletterte ins Flugzeug. »Wir werden abgeholt.«
    Sie landeten auf einem Fluss in der Nähe eines sehr großen Flughafens, wo Tito, der immer noch über die Berge in der Ferne staunte, Garreth dabei half, den Pelicase und ihre wenigen anderen Gepäckstücke auf einem Wagen eine lange Stahlrampe hinauf zu schieben.
    Tito setzte sich auf den Wagen und blickte hinaus zum Fluss, wo sich in der tief stehenden Nachmittagssonne gerade ein anderes Wasserflugzeug zum Start bereit machte. Kies knirschte, als Garreth und der Alte mit einem weißen Lieferwagen vorfuhren. Tito half Garreth, den Koffer und die Gepäckstücke darin

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