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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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lange her, dass jemand sie begehrt hatte, dass sie sich begehrenswert gefühlt hatte. Es war so lange her, seit sie diese Sehnsucht verspürt hatte, das Verlangen. So war sie, anstatt auf ihren gesunden Menschenverstand zu hören, einfach von ihm abgerückt und geblieben, hatte seine Aufmerksamkeit genossen.
    Aber dann hatte er seine Hände auf ihre gelegt, und sie war erstarrt, entsetzt von der unerwarteten Berührung. Seit einem Jahr hatte niemand mehr ihre Hände berührt. Die Furcht hatte sie für einen Moment gelähmt. Ob er wohl die geschwollenen Gelenke unter ihren Handschuhen fühlen konnte? Wusste er von der Hässlichkeit, die sie gezeichnet hatte? Würde die Entstellung, die Richard veranlasst hatte, sie zu verstoßen, auf ihn dieselbe Wirkung haben? Die Wärme seiner Hände durchdrang das weiche Leder, ließ ihre Furcht dahinschmelzen unter einer Glut, die sie ganz zu erfüllen schien. Mit dem überwältigenden Bedürfnis, ihn ebenfalls zu berühren, seine Hände auf sich zu fühlen, ihre auf ihm. Diese unerwünschten, gefährlichen Gedanken würden am Ende nur zu Verletzung und Verstoßung führen. Und davon hatte sie für den Rest ihres Lebens genug gehabt.
    Aber warum, warum nur verbannte sie diesen Mann dann nicht aus ihren Gedanken? Warum konnte sie nichts tun gegen die unerwünschten Fantasien, die er in ihr weckte? Sie stellte sich vor, wie sie nackt in sein Bett kam – wie er nackt in ihrem lag. Küsse, Berührungen, Erkundungen – ihre Hände waren perfekt, als sie sie über seinen Körper gleiten ließ. Jetzt sollte sie in ihrem eigenen Bett schlafen, nicht mit brennender Haut hin und her laufen, während ihr das Herz hart gegen die Rippen schlug. Sie presste die Beine zusammen, um den Schmerz zwischen den Schenkeln zu lindern, doch auch das half nichts.
    Es gab nur eine Möglichkeit, die Spannung zu lösen, die sie gefangen hielt – ein Bad in den heißen Quellen. Sie hob den Kopf und warf einen Blick auf die Kaminuhr. Es war kurz nach Mitternacht, aber das spielte keine Rolle. Oft ging sie spät in der Nacht zu den Quellen, wenn der Schmerz in ihren Händen ihr den Schlaf raubte. In dieser Nacht plagte sie eine andere Art von Schmerz, einer, von dem sie hoffte, dass er nach dem Bad verschwinden würde.
    Sie streifte ihre Schuhe ab, zog festere Stiefel an und nahm dann die kleine Pistole, die sie in ihrem Schrank verwahrte. Bisher war sie während ihrer nächtlichen Besuche noch nie bedroht worden, weder von einem Menschen noch von einem Tier, aber Vorsicht war besser als Nachsicht. Sie eilte die Treppe hinunter und nahm ihren Umhang von der Messingstange neben der Tür. Nachdem sie hineingeschlüpft war und die Pistole in die Tasche gesteckt hatte, verließ sie leise das Haus. Nicht, dass es nötig gewesen wäre, leise zu sein. Baxters Räume lagen am anderen Ende des Cottages, und er schlief stets, als wäre er mit einem Hammer bewusstlos geschlagen worden. Das war ihr nur recht, sie wusste, er hätte gegen ihre einsamen nächtlichen Besuche bei den Quellen einiges einzuwenden. Doch was er nicht wusste, konnte ihn nicht stören.
    Der Mond spendete helles, silbriges Licht, aber sie hätte den vertrauten Weg zwischen den dichten Bäumen auch so gefunden. Sie atmete die kühle, frische Luft ein und fühlte sogleich, wie die Spannung in ihren Schultern nachließ. Nach einem kurzen Weg von wenigen Minuten kam sie an. Die runde Quelle, an drei Seiten umgeben von einem Felsvorsprung, der Abgeschiedenheit garantierte, war nicht groß, nicht mehr als acht Fuß im Durchmesser, und das Wasser reichte ihr nur bis zu den Schultern. Unter Wasser bildete ein drei Fuß breiter Stein nahe dem Felsvorsprung einen perfekten Sitz. Genevieve legte Handschuhe, Umhang, Hausmantel und Stiefel ab, sodass sie nur noch ihr Chemisier trug. Nachdem sie die Pistole neben den Stapel gelegt hatte, sodass diese sich in Reichweite befand, stieg sie hinab in das warme Wasser.
    Sie ließ sich auf dem steinernen Sitz nieder und holte tief Luft. Die Wärme verschaffte ihren Händen sofort Erleichterung, und sie bewegte sie langsam, bis nach ein paar Minuten die Anspannung in ihren Gliedern einer angenehmen Trägheit Platz machte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich darauf, ihren Geist zu leeren von allem, außer dem beruhigenden Gefühl des Wassers, das sie umspülte. Unglücklicherweise sah sie dann vor sich genau das, was sie so verzweifelt zu vergessen suchte: Mr. Cooper. Wie er sie an der Quelle besuchte. Wie er

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