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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust
Autoren: B Krahn
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machte sie kehrt und ging rasch von ihm weg.
    Simons erster Impuls war, ihr nachzugehen, aber er zwang sich dazu, das nicht zu tun. Stattdessen sah er ihr nach, bis sie in der Menge verschwand.
    Nicht einen Augenblick lang glaubte er an diese andere Verabredung. Was also hatte sie dazu veranlasst, die Flucht zu ergreifen? Trauer? Schuldbewusstsein? Oder war es seine Berührung gewesen, die sie vertrieben hatte?
    Simon stieß einen Seufzer aus und setzte sich wieder, um darauf zu warten, dass Benjamin mit Beauty zurückkam. Genevieve Ralston weckte in ihm viel zu viele Fragen – Fragen, die nicht leicht zu beantworten sein würden. Um alles noch schlimmer zu machen, war die Dame nicht ehrlich zu ihm. Allerdings konnte er ihr wohl keinen Vorwurf daraus machen, dass sie ihm nicht gestand, zehn Jahre als Geliebte eines Aristokraten verbracht zu haben. Oder dass sie das skandalöseste Buch dieses Jahrzehnts geschrieben hatte.
    Und da er selbst im Glashaus saß, konnte er nicht mit Steinen werfen. Ganz gewiss war er nicht ehrlich zu ihr gewesen, was die Gründe betraf, die ihn nach Little Longstone geführt hatten, oder wer er war. In Anbetracht der Verdächtigungen, die er ihr gegenüber hegte, und der vielen Lügen, die er während der letzten Jahre erzählen musste, hätte ihm das nichts ausmachen dürfen. Und doch war es so.
    Er seufzte tief. Er musste sein Gewissen missachten und sich darauf konzentrieren, den verdammten Brief zu finden, diesen dann nach London bringen, ihn Waverly übergeben, damit sie gemeinsam Simons Namen reinwaschen konnten.
    Dennoch – wie würde es sein, jemand die schlichte Wahrheit zu sagen? Er lachte freudlos. Es war so lange her, dass er das getan hatte, er konnte sich nicht mehr an das Gefühl erinnern. Aber er stellte es sich – befreiend vor.
    Natürlich konnte und durfte er nichts tun, was seine Mission gefährdete. Dennoch fragte er sich, wie sie wohl reagieren würde, wenn er ehrlich zu ihr war. Was, wenn er ihr sagte, dass er ein Spion der Krone war? Dass sein richtiger Name Cooperstone war? Und dass er kein Verwalter war, sondern ein Viscount? Die Enthüllung, dass er ein Spion war, würde sie zweifellos schockieren, so wie seine Bekannten, seine Freunde und seine Familie. Nur wenige Menschen wussten von seinem geheimen Leben. Und was seinen Titel anging – würde er in ihren Augen dieselbe Gier aufflackern sehen wie in denen so vieler anderer Frauen? Dieser prüfende Blick, wenn sie abzuschätzen versuchten, wie viel sie von ihm bekommen konnten? Ein Armband? Eine Halskette? Einen Antrag?
    Ehe er weiter über diese Frage nachdenken konnte, spürte er ein Kribbeln. Ein Gefühl, das er gut kannte nach acht Jahren als Spion.
    Er wurde beobachtet.
    Er ließ den Blick über die Menge schweifen, doch er bemerkte nichts Auffälliges. Niemand schien ihn zu beachten. Möglichst gleichmütig erhob er sich und sah sich um. Hunderte von Menschen waren unterwegs, von denen er keinen erkannte, und keiner schien an ihm interessiert zu sein. Und doch fühlte er, dass jemand ihn ansah. Und er spürte Gefahr.
    Außer seinem Butler wusste niemand, dass er hier war, und Ramsey hatte ihm geschworen, sein Geheimnis zu wahren. Noch einmal sah er sich um, aber das Gefühl von drohender Gefahr verschwand und überzeugte ihn, dass wer immer ihn beobachtet hatte sich nicht länger in seiner Nähe befand. Jeder Instinkt sagte ihm, dass dieser Jemand – wer immer das gewesen war – mit dem fraglichen Brief zu tun hatte. Seine Mission war noch dringlicher geworden. Er musste diesen Brief finden – ehe ein anderer das tat.

8. KAPITEL
    Genevieve ging in ihrem Schlafzimmer auf und ab und blieb am Fenster stehen, um in den Garten hinabzublicken. Mondlicht schien auf die Kieswege, die sich zwischen Beeten und Pflanzen hindurchwanden. Gewöhnlich beruhigte sie dieser Anblick, doch diesmal nicht. Ihre Gedanken flogen durcheinander, seit sie am Nachmittag von Mr. Cooper fort gegangen war, nachdem sie miteinander geplaudert und gelacht hatten, nachdem er mit ihr geflirtet hatte – und sie mit ihm.
    Nachdem er sie berührt hatte.
    Genevieve schloss die Augen und lehnte die Stirn gegen das kühle Glas, als sie sich an das unvergessliche Gefühl erinnerte, wie er mit den Fingerspitzen ihre Schulter gestreift hatte. So eine leichte Berührung, die so eine Glut in ihr entfachte. Da hätte sie gehen sollen. Aber sie hatte seine Gesellschaft genossen und die Bewunderung und das Begehren in seinen Augen. Es war so
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