Quellen Der Lust
und Bediensteter. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand aus seiner Dienerschaft mit ihm so selbstverständlich sprach wie es Baxter mit Genevieve tat. Er versuchte sich vorzustellen, wie Ramsey oder sein Kammerdiener ihn Simon nannte, aber es gelang ihm nicht. „Jetzt sollten wir nachsehen, ob etwas gestohlen wurde.“
Während Baxter im Wohnzimmer blieb und noch ein Glas Whisky trank, folgte Simon Genevieve durch das Haus und half ihr, Dinge wieder aufzurichten, die der Eindringling umgeworfen hatte. Sie vermisste nichts, nicht einmal ihre wenigen Schmuckstücke, die sie in einer verschlossenen Box in ihrem kleinen Wohnraum aufbewahrte – eine Box, die aufgebrochen worden war.
Als sie Genevieves Schlafgemach betraten, hob Sophia, die zusammengerollt auf der Bettdecke lag, den Kopf. Nachdem sie ausführlich gegähnt hatte, legte sie sich wieder hin.
Simon blieb in der Tür stehen, und als er zu der Statue in der Ecke blickte, erinnerte er sich lebhaft daran, wie er sich hinter der Marmorfrau versteckt und Genevieve beobachtet hatte – eine echte Frau, die, trotz all der Gründe, warum das nicht hätte geschehen sollen, ihn gefangen genommen und seine Fantasie entzündet hatte.
Er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf Genevieve, die quer durch den Raum zu ihrer Kommode ging. Simon folgte ihr und sah zu, wie sie die Schublade aufzog, in der die Schatulle gewesen war. Sie durchwühlte ihre Wäsche, wie es zuvor der Einbrecher – und auch Simon – getan hatten, dann holte sie bebend tief Luft. Sie murmelte etwas, das wie „Bastard“ klang, aber er war nicht ganz sicher.
„Fehlt etwas?“, fragte er.
Sie zögerte, dann sagte sie: „Ich – ich bin nur verstört, weil jemand meine Sachen berührt hat.“ Sie durchsuchte noch die übrigen Schubladen, dann drehte sie sich langsam zu Simon um. Sie war sehr bleich, und obwohl sie sichtlich beunruhigt war, war sie ganz offensichtlich auch zornig.
„Nun?“, fragte er und sah ihr in die Augen. Er hoffte, sie würde ihn nicht belügen, ahnte aber, dass sie es tun würde.
Fest erwiderte sie seinen Blick. „Es fehlt nichts.“
Enttäuschung durchströmte ihn. Sie hatte keinen Grund, ihm zu vertrauen – tatsächlich war es klug von ihr, das nicht zu tun, auch wenn sie das nicht wusste. Dennoch hatte er gehofft, sie würde sich ihm anvertrauen. Doch er schob dieses unsinnige Gefühl beiseite und sagte: „Wenn dies nur ein Einbruch gewesen wäre, hätte der Eindringling deinen Schmuck genommen. Er suchte nach etwas Bestimmtem. Hast du eine Ahnung, was das gewesen sein könnte?“
Wieder zögerte sie, und einen Moment lang dachte er, sie würde es ihm vielleicht erzählen. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein.“ Es erschien so etwas wie ein Ausdruck von Zufriedenheit auf ihrem Gesicht. „Aber was immer es gewesen sein mag, er hat es nicht gefunden.“
„Woher weißt du das?“
Sie blinzelte einen Moment, dann zuckte sie die Achseln. „Weil es nichts zu finden gab.“
Hoffnung flackerte in ihm auf. Er bezweifelte nicht, dass sie indirekt die Wahrheit sagte. Der Brief war noch hier. Der Einbrecher hatte ihn nicht gefunden, weil sie ihn aus der Schatulle genommen hatte. Was nicht nur bedeutete, dass er selbst noch immer die Möglichkeit hatte, den Brief zu finden, sondern auch, dass der Bastard, der in der Nacht hier eingebrochen war, möglicherweise zurückkehren würde.
Alle Beschützerinstinkte, die sie in ihm geweckt hatte, seit er den ersten Blick auf sie geworfen hatte, erwachten wieder zum Leben. Sie benötigte seinen Schutz. Und er würde dafür sorgen, dass sie ihn erhielt. Zumindest, bis er seinen Brief hatte.
Du willst verdammt viel mehr von ihr als nur diesen Brief, und du weißt es genau, flüsterte sein Gewissen. Verdammte lästige Stimme. Er musste seinem Gewissen beibringen zu lügen. Das sollte nicht allzu schwer sein in Anbetracht der Tatsache, welch ein geschickter Lügner Simon war. Eine Fähigkeit, die er in all den Jahren seiner Tätigkeit als Spion perfektioniert hatte. Doch aus Gründen, die er nicht weiter hinterfragen wollte, fiel ihm das Lügen im Moment nicht leicht. Was lächerlich war, vor allem, weil sie ihn belogen hatte.
Er wünschte seine verwirrenden Gedanken zum Teufel und sagte: „Wir können den Einbruch morgen den Behörden melden. Bis dahin kannst du nicht hier bleiben.“
Sie zog die Brauen hoch. „Du glaubst doch nicht, dass er zurückkommen wird, der, der das getan hat.“ Noch während sie
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