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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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greifen, aber Straßberger hielt sie zurück. »Frau Kürten. Die Leiche ist, nun, wie ich sagte, sie ist eine sogenannte Wachsleiche. Der Anblick ist sicherlich nicht angenehm. Wir haben bereits DNA-Proben genommen und werden diese mit Ihren vergleichen, sodass Sie ganz sicher sein können, dass es sich um Ihren Großvater handelt.«
    Hannah trat einen Schritt zurück. »Was genau ist denn eine Wachsleiche?«, fragte sie leise.
    Straßberger zog etwas zu laut den Atem ein, ehe er erklärte. »Leichen, die in sehr feuchten, luftundurchlässigen Böden bestattet werden, verwesen nicht. Aufgrund eines besonderen chemischen Prozesses werden sie wächsern. Das stellt vor allem die Friedhöfe hier in Bayern vor große Probleme, weil einerseits Platz …«
    Quercher nickte und hob beschwichtigend die Hand. »Sie hat es verstanden.«
    »Ich kann auch gut für mich selbst sprechen«, bemerkte Hannah streng.
    Quercher nickte nur. »Toll. Sie sind ja ein echtes Leichen-Ass.«
    Sie reagierte nicht darauf, sondern blickte weiter auf die Fotos auf dem Tisch.
    Quercher hatte sich mittlerweile gesetzt und schaute zu Hannah. Ohne Frage war sie schön. Sie hatte kräftige, fast drahtige Haare. Ihre Nase war zweifellos korrigiert worden, aber eben nicht zu einem Stupsnäschen mutiert, wie es heute gerne der Fall war. Um ihre großen Lippen und den stark ausgeprägten Unterkiefer zogen sich erste Falten. Die sogenannten Labialfalten, wie Quercher von seinen jungen Freundinnen wusste, die in seiner Gegenwart so selbstverständlich von kosmetischen Operationen redeten wie er über einen Friseurbesuch. Ihre Lider hingen ein wenig, machten ihren Blick aber geheimnisvoll.
    »Ich will da hoch«, brach es aus Hannah heraus.
    Straßberger schaute fragend zu Quercher, der müde mit den Schultern zuckte. »Wenn es der Wahrheitsfindung dient.«
    Arzu saß hinter Hannah und starrte ihr unverhohlen auf den Hintern.
    »Warum hat er nicht am Thomastag geschlagen?«, wollte Quercher wissen.
    Noch ehe Straßberger antworten konnte, fiel ihm Hannah ins Wort. »Was ist der Thomastag?«, fragte sie und sah abrupt hoch.
    Quercher wischte sich über die Augen, um davon abzulenken, dass er Hannahs Formen etwas zu genau studiert hatte. »Das ist der 21.   Dezember. Meist der kürzeste Tag im Jahr.«
    »Menschen, die mit Holzfällen und Holzverarbeitung zu tun haben, wissen, dass der Winter im Allgemeinen die beste Zeit zur Holzgewinnung ist. Insbesondere der Thomastag. Die Säfte sind abgestiegen, das Holz ›arbeitet‹ nach dem Schlagen weniger«, ergänzte Straßberger.
    Hannah nickte. »Und ausgerechnet unter dem Baum, den der Schreiner schlagen will, liegt mein Großvater.«
    Straßberger nickte stumm.
    Sie sah ihn skeptisch an. »Gut, ich bleibe heute hier, morgen gehen wir aber da hoch.«
    Quercher verdrehte die Augen.
    Er fuhr zunächst Arzu zu einem Hotel am Ortsausgang, das üblicherweise Reisebustouristen beherbergte. Aber jetzt war es so gut wie leer. Daneben lag eine Langlaufstrecke, auf der zwei Rentner mit großem Eifer ihre Runden drehten.
    Hannah sah den Eingang des Hotels, drehte sich um und schüttelte den Kopf. »Hier hängt man sich ja in der Dusche auf. Ich will für Ihre schwangere Partnerin ein besseres Hotel. Kommen Sie mit mir. Ich lade Sie ein. Und ehe Sie sich fragen, ob das nicht eventuell unter Korruptionsverdacht fällt, rufen Sie Ihren Vorgesetzten an. Der wird mein Ansinnen bestätigen.«
    Quercher wollte widersprechen, aber er gönnte es Arzu, auch wenn es gegen die Vorschriften war. Wegen so einer Lappalie rief er nicht bei Pollinger an.
    Nachdem er Arzu und Hannah in ihrem Hotel abgesetzt hatte, schneite es immer stärker. Mittlerweile hatte sich eine feste Schneedecke auf der Straße gebildet. Eine Piepsstimme warnte im Lokalradio vor weiteren Schneestürmen in den nächsten Tagen.
    Ihm war das egal. Morgen schon wäre er hier wieder weg, sein Antrag von Pollinger unterzeichnet, und dann käme die Insel.
    Sein Handy klingelte. »Hier ist deine Mutter.«
    Straßberger musste sie angerufen und ihr verraten haben, dass er im Tal war. Quercher fluchte stumm. Jetzt konnte er sich nicht mehr in dem billigen Hotel einquartieren, sondern musste in seinem Elternhaus übernachten. Er hielt noch kurz an einem Supermarkt in Wiessee und kaufte die notwendigen Toilettenartikel ein.
    Seine Mutter hatte ihn kurz begrüßt, ihn dann aber intensiv mit Berichten über die wohlgeratene Tochter seiner Schwester belästigt, um sich

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