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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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bekommen im Zoo Nüsse, Bullen auf dem Land Leberkässemmel.«
    Quercher klopfte an eine Tür, neben der auf einem Schild Dienststellenleiter Straßberger zu lesen war, und öffnete sie im selben Augenblick.
    »Servus, Lothar, habe die Ehre«, begann Quercher auf Bayerisch das Gespräch.
    Der Angesprochene stand an einem Tisch und sah auf Pläne. Lumpi tapste auf den hünenhaften Mann zu, sprang an ihm hoch und ließ sich genüsslich kraulen. Lothar Straßberger war mit einem erheblichen Bierbauch ausgestattet. Seinen Schnurrbart trug er mit Stolz.
    »Servus, der Maxl und die Lumpi, habe die Ehre. Kommst du gleich mit drei Frauen?«
    Quercher sah zu Hannah, verzog keine Miene und nickte.
    »Sie sind die Frau aus New York?«
    Auch wenn er von ihrem Aussehen beeindruckt war, ließ es Straßberger sich nicht anmerken. Quercher reichte ihm eine Semmel. Er wickelte sie ungerührt aus und biss hinein.
    Hannah war schockiert. Der Mann aß bei einem solchen Anlass! Er wollte wohl demonstrieren, wie lässig er war, dachte sie.
    Aber damit lag sie in diesem Fall falsch. Der kräftige Mann mit dem Bart stand kurz vor der Pensionierung, wollte sich in wenigen Monaten seinem Hobby, dem Schrauben an alten Autos, widmen und liebte seine Frau immer noch – auch nach fünfundvierzig Jahren. Ihr zuliebe machte er gerade eine Vorweihnachtsdiät, die ihm jedoch sehr schwerfiel. Da kam die Semmel gerade gelegen. Er riss ein kleines Stück ab und warf sie Lumpi in das offene Maul.
    Straßberger wandte sich wieder Hannah Kürten zu. »Mein herzliches Beileid, ich weiß, dass diese Reise schwer für Sie ist. Wir haben die Leiche, wie Sie es gewünscht haben, an Ort und Stelle belassen. Gefunden wurde sie ja schon vor einigen Tagen.«
    Das war Quercher neu. Kürten hatte darum gebeten, die Leiche noch nicht zu bergen, und war damit bei den Dienststellen durchgekommen? Sie musste über einen erheblichen Einfluss verfügen.
    »Wann kann ich die Überreste sehen?«, fragte Hannah.
    Straßberger ging auf Hannah zu, nahm sie an der Hand und zog sie zu einer Landkarte. Hannah bemerkte seinen nach süßem Senf riechenden Atem.
    Straßberger zeigte auf eine gelbe Fahne, die inmitten eines Höhenzuges oberhalb des Sees lag. »Hier hat der Birmoser Andi Ihren Großvater gefunden. Das ist auf tausendzweihundert Metern. Nicht besonders hoch im Sommer, da gehen Sie über den Breitenbachweg in neunzig Minuten auf die Alm.« Seine Hand zog eine Linie über die Karte. »Im Winter müssen Sie mindestens das Doppelte rechnen. Jetzt ist es bereits drei viertel vier. Bleiben Sie hier. Wir gehen morgen mit dem Heilingbrunner Franz von der Bergwacht und dem Sohn des örtlichen Bestatters nach oben und bringen die Leiche in den Ort. Wenn Sie Ihren Großvater unbedingt noch einmal sehen wollen, dann können Sie das auch hier im Tal tun.« Er spürte ihre Skepsis. »Frau Kürten, morgen ist doch auch noch ein Tag. Ich erkläre Ihnen erst einmal die Umstände, die zum Auffinden der Leiche führten. Setzen Sie sich doch.«
    Er wies zum Tisch, griff dann zum Hörer, bat einen Kollegen, ihm eine Kanne Tee nach oben zu bringen, und öffnete eine rosafarbene Aktenmappe mit Bildern und Berichten.
    »Vor einer Woche steigt der Schreiner Andreas Birmoser am Abend hoch Richtung Falzeralm. Er will dort, ohne Erlaubnis, einen gut gezogenen Baum im nahen Umfeld einer Jagdhütte schlagen.«
    Straßberger zog ein großformatiges Foto aus dem Papierstapel, das einen umgestürzten Baum in einem Wald zeigte. Man sah undeutlich eine Vertiefung. Daneben lag ein Meterband.
    Straßberger legte das nächste Foto auf den Tisch. »Unter der Wurzel … hier in etwa … liegt in einem Hohlraum der Tote.« Das Foto zeigte lediglich ein paar Stofffetzen, die von Wurzelwerk überzogen waren. »Birmoser meldet es, obwohl er natürlich mit einer Strafe rechnen muss. Er hat wild Holz geschlagen. Noch in derselben Nacht gehe ich mit dem Förster und einem Rechtsmediziner aus Miesbach nach oben. Es gibt da eine Besonderheit: Der Körper war aufgrund der Lage seines Fundorts nicht verwest. Anhand der Reste seiner Uniform und einer sogenannten Hundemarke gelang uns eine erste Identifizierung, die uns zu Ihnen führte, Frau Kürten.«
    Er deutete auf ein Foto mit der Nahaufnahme des Blechschilds, das Millionen Soldaten im Krieg getragen hatten. Das nächste Bild zeigte einen kaum noch als solchen zu erkennenden Ausweis.
    Hannah, die immer noch neben dem Tisch stand, wollte in den Packen mit den Fotos

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