Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
Vom Netzwerk:
fielen.
    »Aber wir haben nur einen Schuss frei. Wenn dieses Projekt scheitert, wird das alles hier zum Friedhof. Dann ist das tatsächlich ein großes Altersheim.«
    Quercher hob die Hände. »Und warum erzählst du mir das alles?«
    Ein Mädchen mit einer weißen Schürze, ausgetretenen Boots und einer Felljacke balancierte unsicher ein Tablett mit einer Terrine und fünf Weißbiergläsern über die Straße. Quercher erhob sich, nahm es ihr ab und stellte es auf die Bank neben sich, während Stangassinger aus einem Louis-Vuitton-Portemonnaie einen blauen Geldschein zog und den Rest als Trinkgeld gab.
    Kaum war das Mädchen außer Hörweite, antwortete Stangassinger. »Ich will dir ein Bewusstsein geben. Dich interessiert nur, wer verdächtig ist. Du denkst in Schwarz und Weiß. Aber es gibt eben auch viele Grautöne. Neunzig Prozent in diesem Tal wollen ihre Ruhe. Es interessiert sie nicht, was in fünf, zehn oder zwanzig Jahren hier passiert. Sie sind dann tot oder weggezogen. Ich aber muss weiterdenken. Weil ich eine Verantwortung habe. Ja, Brunner und Schlickenrieder verdienen ihr Geld dabei. Vermutlich werden sie reich. Und auch ich profitiere vom Erfolg. Aber nur so sind Menschen zu Wagnissen bereit. Mir ist klar, dass dieser Unternehmergeist einem Beamten des bayerischen Staates womöglich abgeht. Aber es ist auch deine Heimat. Und deine Familie lebt auch noch hier. Noch einmal: Du hast auch eine Verantwortung.«
    Quercher nickte. »Die habe ich. Und wenn alles rechtmäßig läuft, bin ich schon weg.«
    Der Bürgermeister grinste eher dürftig. »Q wie Qualität, Q wie Quercher. Das war auch schon das Motto deines Vaters.«
    »Nein, meins ist Q wie Qual.«
    Stangassinger beugte sich zu Quercher hinüber. »Wenn du einen Fehler machst, mein lieber Max, wird’s nichts mit der Insel.«
    »Was du so weißt. Welche Insel? Die der Glückseligen? Oder die der fehlenden Gäste? Denn tote Soldaten auf Wanderwegen lassen Kurgastzahlen auch nicht zwingend nach oben schnellen.«
    »Wir verstehen uns«, fauchte der Bürgermeister.
    Sie schwiegen und sahen den dreien beim Eisstockschießen zu.
    Brunner löste sich aus der Gruppe und kam lachend auf Quercher und Stangassinger zu. »Ihr zwei seht aus wie die Rentner an der Säbener Straße beim FC Bayern.«
    Brunners Witz zündete nicht. Quercher sah aus den Augenwinkeln, dass Stangassinger ganz leicht mit dem Kopf schüttelte. Brunner machte eine Handbewegung und der Bürgermeister erhob sich.
    »Ich gehe mal, damit unser Besuch aus den USA nicht einen falschen Eindruck von diesem Ort bekommt.« Er trottete zu Hannah und Schlickenrieder.
    Brunner setzte sich nicht, stellte nur ein Bein auf die Bank neben Quercher. »Meine Freunde in München, im Innenministerium, erzählten mir von Ermittlungen, die in die Fünfzigerjahre zurückreichen sollen. Dein Chef ist da wohl vorstellig geworden.«
    Quercher schoss das Blut ins Gesicht. Pollinger. Hatte er die Politiker gewarnt oder wollte er sie sensibilisieren, um ihn zu schützen? Was bezweckte der Alte damit? Seine Gedanken purzelten plötzlich.
    Brunner war ein Mensch, der schon früh in seiner Karriere ein Gespür dafür entwickelt hatte, wann er einen Gegner ins Wanken gebracht hatte. Jetzt galt es, den Sack zuzumachen.
    »Quercher, fahren Sie zurück. Feiern Sie Weihnachten oder veranstalten Sie ein Truthahnessen mit Ihrer kleinen Freundin da drüben. Sie werden hier nicht weiterkommen. Sie rennen gegen eine Wand.«
    Quercher sah ihn fassungslos an. »Das ist doch nicht Ihr Ernst? Wie wollen Sie mich, einen Beamten des Landeskriminalamtes, aufhalten?«
    Brunner lächelte. »Gar nicht. Dich nicht.« Scheinbar mühelos wechselte er die Anrede, als ob er mit einem kleinen Jungen spräche. »Nein, den großen Inspektor Clouseau aus München, den halte ich natürlich nicht auf. Aber jeder Mensch, auch der Superbulle, hat eine schwache Seite. Du hast gleich zwei: Deine Mutter, krank und alt, hat Hypotheken auf dein Elternhaus aufgenommen, um deiner Schwester Geld für ihr Schützenstüberl zu geben. Hast du Platz in München für deine Mutter? Und deine Schwester bekommt heute Nachmittag Besuch vom Gesundheitsamt. Ich bin da ja kein Fachmann. Aber was ich so höre, wird der Laden angesichts der eklatanten Mängel bis Anfang Februar geschlossen. Keine Weihnachtsfeiern, keine Silvesterpartys, die die Familie ja so dringend braucht. Und manchmal ist sowieso alles schnell vorbei.«
    Er erhob sich, machte das kreischende Geräusch

Weitere Kostenlose Bücher