Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht
einzugehen, rief Quercher von seinem Smartphone eine Nummer an.
»Wen rufst du an, wenn ich dich gerade aufkläre?«, fragte Arzu genervt.
»Ja, Arthur, tut mir leid, dass ich dich störe. Sag, magst du mal in deine Liste schauen? Ist bei euch schon ein Birmoser Andreas eingeliefert worden?« Quercher lauschte konzentriert und nickte nur. »Aha, und da bist du dir ganz sicher?«
Pause.
Arzu wurde ungeduldig. Sie kannte Arthur, den Chef der Rechtsmedizin in München, ebenfalls.
»Gut, das ist ja interessant. Servus, ruf mich an, wenn du mehr weißt. Danke. Ich bin dir was … – Jaja … – Bring ich dir aus Italien mit.«
»Was sagt er?«, fragte Arzu, jetzt wirklich zappelig.
»Er will Kapern von Salina haben und den Wein von dort.«
Sie boxte ihn in die Seite. »Außer mir scheint ja schon jeder von deinen Plänen gewusst zu haben.«
»Aua! Hör zu: Arthur hat den Leichnam vom Birmoser Andi noch gar nicht auf dem Tisch gehabt. Straßberger hat allerdings behauptet, die Leiche wäre schon längst in der Rechtsmedizin.«
Arzu starrte ihn an. »Das heißt, der Straßberger hat dich stumpf angelogen? Einen Kollegen?«
»Na ja«, erwiderte Quercher, »er wird seine Gründe gehabt haben. Lassen wir ihn in dem Glauben. Ich müsste deshalb allerdings noch jemanden anrufen.«
Erneut wählte er eine Nummer. Leise sprach er, während er auf das Freizeichen wartete, mit Arzu. »Das ist jetzt nicht zwingend der Dienstweg. Der Typ hat mal für uns gearbeitet. Spielschulden und ein paar andere Unstimmigkeiten haben ihn in den Privatsektor gespült. Guter Mann, weiß alles über Codes und Nummern. Manche meinen, zu viel.«
Quercher stellte auf laut und wartete, bis eine tiefe Stimme erklang. »Hier ist Josef. Sind Sie Maria? Ich habe da ein kleines Kind«, hörten sie. Dann ein Pieps und ein Band sprang an.
Quercher besprach es. »Sepp, sehr witzige Ansage. So etwas hat man in den Achtzigern gemacht. Wo steckst …«
Jemand nahm den Anruf an. »Max, alter Ficker! Erzählst du mir wieder, was in den Provinzklubs bei euch da unten angesagt ist? Was willst du denn?«
»Ich mache es kurz, hab wenig Zeit. Ich gebe dir eine Nummer und ein paar Buchstaben. Und du sagst mir, was die zu bedeuten haben.«
Die andere Stimme stöhnte. »Hast du die Nummer von deinem Fahrradschloss vergessen? Schieß los.«
Arzu zeigte auf die Nummer auf dem Bildschirm.
Quercher las vor. »5490AA. Noch einmal: 5490 Alpha Alpha. Was ist das?«
Die Stimme lachte. »Das ist eine Residenturnummer. Bist du jetzt im Außendienst?«
Quercher ging nicht auf die Frage ein. »Geht es etwas konkreter?«
»Das ist eine schon etwas ältere Nummer eines hochrangigen Kollegen des BND in einer ausländischen Botschaft. Ich muss dir ja nicht sagen, dass die Schlapphüte in jeder Botschaft unseres großartigen Landes herumhängen, veraltete Dossiers schreiben und sich ansonsten von Einheimischen die Rosette …«
»Danke, Sepp. Ich verstehe. Kannst du die Nummer zuordnen?«
Quercher trommelte nervös mit dem Finger gegen die Tischkante, wie Arzu erstaunt feststellte. Das war sonst nicht seine Art. Quercher blieb immer ruhig. Dafür war er bekannt.
»Das dauert. Augenblick …« Sie hörten, wie jemand in Tastaturen tippte. »Mein lieber Schwan. Das ist die Nummer von Rieger, der war …«
Es knackte. Die Verbindung war unterbrochen.
Quercher drückte auf Wahlwiederholung. Nicht einmal ein Besetztzeichen ertönte. Quercher sah Arzu an. Die zuckte nur mit den Schultern.
Eine Minute später brummte Querchers Handy. Eine SMS war eingegangen.
Er las sie laut vor. »Ruf mich nicht mehr an. Jemand hat auf mein System zugegriffen. Tauch ab. Ich werde es jedenfalls tun. Schönes Leben. J.«
»Was ist das für eine Scheiße?«, flüsterte Arzu leise.
Quercher kniff die Augen zusammen. Er kannte Josef schon lange – er war ein typischer Vertreter der Verschwörungstheorie. Zu viel Internet, zu wenig Frau. Eine schlechte Mischung. Aber dennoch fand auch Quercher das merkwürdig. Es war Zeit, mit Pollinger zu telefonieren.
Er sah Arzu an. »Du kannst nach Hause fahren und alles ist gut. Ich telefoniere jetzt mit Dr. Pollinger und will herausfinden, was er wirklich weiß.«
»Ich bin dabei«, antwortete sie. »Was kann einer schwangeren Beamtin mit Migrationshintergrund schon passieren? Schlimmstenfalls eine Versetzung nach Nürnberg.«
Sie lachten beide.
Pollingers Sekretärin wollte Quercher zuerst nicht durchstellen. Dem Chef ginge es nicht
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