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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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gut, versuchte sie, ihn abzuwimmeln.
    »Ich weiß, dass er Krebs hat. Geben Sie ihn mir bitte, Traudl. Es ist dringend.«
    Dann war Pollingers Stimme zu hören. »Warum bist du noch am See? Ich hatte dir doch gesagt, dass …«
    Quercher unterbrach den Chef. »Spiel nicht den Entrüsteten. Erst einmal grüß Gott. Und tu bloß nicht so scheinheilig: Du wusstest genau, dass ich bleibe. Das war doch dein Kalkül.« Quercher hatte dafür keine Beweise, aber er klopfte auf den Busch, um zu sehen, wie Pollinger reagieren würde.
    Der fragte nur knapp: »Wer hört mit?«
    »Niemand«, log Quercher.
    »Wo ist die kleine Türkin?«
    »Beim Arzt. Bald gibt es doch wieder ein neues Kopftuchmädchen.«
    »Red nicht, ich weiß, dass du sie magst. Sie ist ja auch gut. Außerdem bekommt sie einen Jungen. Also, was ist der Stand der Dinge?«
    Quercher berichtete ihm von den Drohungen, der unfreiwilligen Fahrt auf den zugefrorenen See, von den drei Männern und dem seiner Meinung nach inszenierten Brand des Leichenwagens mit dem Ziel, die Leiche verschwinden zu lassen. Er sagte Pollinger nicht, dass die Leiche wenige Meter von ihm entfernt zwischen gefrorenen Hasenrücken und Gänsen in einer Kühltruhe im Nachbarhaus lag. Pollinger hörte geduldig zu und schwieg noch, als Quercher geendet hatte.
    »Was ist, Ferdi? Hast du mir nicht etwas zu sagen? Wir haben zwei Leichen und dazu die Nummer einer Person, die offensichtlich engen Kontakt zu Brunner pflegt. Sie stammt von einem hochrangigen BND-Typen mit dem Namen Rieger. Du warst in den Siebzigern bei dem Verein. Wer ist das? Du kennst den doch?«
    Stille.
    Dann fragte Pollinger leise: »Bist du auch wirklich allein, Max?«
    Arzu schoss das Blut in den Kopf. Ahnte der alte Fuchs etwa ihre Anwesenheit? Leise erhob sie sich. Quercher bedeutete ihr, sich wieder zu setzen.
    »Ferdi, sei nicht neurotisch. Ich bin allein im Büro meiner Schwester. Der hat man auf Brunners Wirken hin gerade den Laden geschlossen. Also erzähl mir, was du weißt.«
    Er hörte Pollinger aufstoßen, dann schwer atmen.
    »Gut Max, ich erkläre es dir. Es ist nicht leicht. Sehr komplex, weißt du. Du sitzt inmitten eines Minenfelds. Jeder falsche Schritt kann dich da im Tal in die Luft sprengen. Deine Gegner sind mächtig. Sehr mächtig. Und sie haben viel zu verlieren.«
    Quercher ließ Pollinger reden, hoffend, dass der etwas konkreter wurde.
    Pollinger fuhr fort. »Es geht nicht um diese drei Kasperl da. Sie sind Marionetten. Sie haben vermutlich einen schmutzigen Deal gemacht mithilfe einer weitaus größeren Gruppe. Das fällt ihnen gerade auf die Füße. Daher die Panik und Drohungen. Der vermeintliche ›Unfall‹ dürfte auch auf ihr Konto gehen.«
    Quercher wurde ungeduldig und fuhr dazwischen. »Ferdi, so weit sind wir auch! Wer ist diese Gruppe? Wer ist Rieger?«
    Pollinger schien etwas zu trinken, ehe er weitersprach. »Mein Tätigkeitsfeld beim Bundesnachrichtendienst war der arabischsprachige Raum. Ich sollte Einschätzungen schreiben und von Zeit zu Zeit vor Ort mit den Stellen der anderen Dienste sprechen. Wie du liebte ich den Nahen Osten, die Araber, das Essen, die Menschen, die Sprache. Es war die Zeit, als Israel die Atombombe von Frankreich erhielt. Der Dienst war damals immer noch stark von der alten Truppe aus der Zeit Gehlens durchsetzt. Reinhard Gehlen war der Gründer des deutschen Geheimdienstes. Ein ehemaliger Wehrmachtsgeneral, der schon für die Nazis spioniert hatte. Dieser Mann schob auf viele Positionen ehemalige SS- und Wehrmachtskameraden. Ich war jung und nicht so erfahren mit diesen Männern und ihren Netzwerken. Ich wusste damals nicht, dass diese Leute beim BND alte SS-Kameraden in vielen arabischen Ländern ›geparkt‹ hatten, um sie zu versorgen, beziehungsweise deren Wissen an die Machthaber und deren Armeen dort weiterzugeben.« Pollinger stoppte, um wieder etwas zu trinken.
    Quercher nutzte die Chance, um eine Zwischenfrage zu stellen. »Und was hat das nun mit dem Fund der Leiche zu tun? Und mit diesem Rieger?«
    Pollinger schien in etwas zu blättern. »Ah, hier habe ich es. Bei Dr.   Konrad Rieger handelt es sich um Cornelis Riegleiter. Er ist der Sohn eines der einflussreichsten NS-Wirtschaftsführer aus Österreich, der nach dem Krieg in Rottach wohnte und dann auf Geheiß des damaligen Geheimdienstchefs Gehlen nach Kairo auswanderte. Dort koordinierte er die ersten Aktivitäten des neuen BND in Arabien. Der Sohn Konrad Rieger alias Riegleiter wurde vom Vater

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