Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht
ließ sich treiben. Nur ein Stück Restverstand bewahrte ihn davor, Hannah seinen Plan zu verraten.
Er zog sich an und ignorierte Hannahs fragendes Gesicht, sondern murmelte nur, dass er telefonieren müsse. Dann stieg er aus dem Wagen und rief seinen Freund Appel an. Seltsam, was hatte der Orthopäde Appel mit Elli Schlickenrieder zu tun? Seine Arzthelferin wollte ihn erst nicht durchstellen. Quercher hörte aber Appels Stimme im Hintergrund.
Kurz darauf meldete sich der Arzt. »Max, was für eine Scheiße läuft hier eigentlich zwischen dir und dem Schlickenrieder?«
Querchers Magen drückte. Was kam jetzt? »Keine Ahnung. Der mag mich einfach nicht. Vielleicht weil seine Frau mich damals besser fand. Sie nahm halt Schmidtchen statt Schmidt.«
»Eitler Sack. Du hast sie nicht genommen. Aber das ist jetzt auch unwichtig. Josef scheint seine Frau jedenfalls auch nicht mehr zu mögen.«
»Warum?«, fragte Quercher.
»Sie stand plötzlich in meiner Praxis. Ich müsse ihr helfen. Sie sah fürchterlich aus. Ich kenne den Josef ja vom Jagen. Wir sind beide in Kreuth im selben Revier tätig. Der ist schon ein wilder Kerl. Aber das geht echt zu weit. Sie war komplett blau geschlagen. Ich erspare dir die Details. Aber der Josef hat sie richtig verbimst. Sie ist zu mir gekommen, weil sie den anderen Ärzten nicht traut. Warum, weiß ich nicht. Der Josef ist wohl so explodiert, weil sie wegwollte.«
Quercher wurde wieder übel. Er dachte nach, ob er Appel tiefer in seine Ermittlungen einweihen sollte, verwarf aber den Gedanken. Stattdessen hörte er weiter zu.
»Max, Elli erzählte mir, während ich sie hier behandelte, dass sie etwas ganz Großes auf dem Dachboden der Schlickenrieders gefunden habe. Aufzeichnungen, die sehr viele hier im Tal beträfen. Sie sagt, das hätte mit dem Kürten zu tun, der hier bei mir im Keller lag. Und dass sie dir helfen könne und dass der Josef dann erledigt sei. Du musst mit ihr sprechen. Der Josef hat eben gerade angerufen und wollte wissen, ob sie bei mir sei. Ich habe ihm keine Auskunft gegeben.«
Quercher war beunruhigt. »Hast du ihm keine Auskunft gegeben oder hast du ihn angelogen?«
»Was macht das für einen Unterschied?«
Quercher stöhnte auf. Appel war eben nur ein Arzt. »Einen gewaltigen! Wenn Josef Schlickenrieder weiß, dass Elli mit Informationen bei dir war, kann selbst ein Elektriker mit Hauptschulabschluss eins und eins zusammenzählen und eine Verbindung zu mir ziehen. Dann ist sie in Gefahr. Dem Schlickenrieder schwimmen die Felle davon.«
Appel schwieg. »Ich kann dir da nicht helfen. Natürlich wollte ich Elli hierbehalten, aber sie wollte partout wieder los. Du musst dich um sie kümmern. Das bist du ihr schuldig. Du hast sie damals stehen lassen.«
Quercher atmete tief durch und sah, wie Hannah ein Guckloch in das beschlagene Scheibe wischte, ihm zulächelte und dann ihre Brüste an das Fenster presste. Er musste still grinsen. Sie war albern. Das gefiel ihm. Sehr sogar.
»Okay, mein Freund. Ich passe auf und werde Elli treffen. Nach einer Behandlung von dir dürfte sie noch mehr leiden.«
Der Arzt verstand nicht, warum Quercher plötzlich so gut gelaunt wirkte. Aber er hakte nicht nach, da seine Patienten warteten. Kaum hatte er das Gespräch mit Appel beendet, klingelte Querchers Telefon erneut. Es war Arzu.
»Was gibt’s? Wo bist du?«, fragte er mit deutlich genervter Stimme.
»Hör zu, Quercher, ich bin auf dem Weg zum Frauenarzt Pauly in Gmund.«
»Viel Spaß«, wollte Quercher seine Kollegin abwürgen. Er sah zum Auto, wo er schemenhaft erkennen konnte, dass Hannah Anstalten machte, sich wieder zu bekleiden. Etwas, was er unbedingt verhindern musste.
»Wie geht es denn jetzt mit unseren Ermittlungen weiter?«, erkundigte sich Arzu.
»Arzu, lass dich untersuchen und dann melde dich. Ich werde mich mit einer alten Schulfreundin treffen. Elli, der Ehefrau vom Schlickenrieder, um 15.30 Uhr in Siebenhütten. Das ist eine Almhütte hinter Wildbad Kreuth. Du wirst nicht dabei sein können. Da liegt der Schnee meterhoch. In deinem Zustand wäre das zu gefährlich. Elli hat angeblich Material, das uns helfen könnte. Ich weiß aber nicht genau, was es ist. Bis dann.«
Er legte auf, ehe Arzu etwas erwidern konnte, schaltete das Smartphone aus und stieg in den Wagen, zurück in die feuchte Wärme und zu Hannah, die noch nicht einmal ihren Slip angezogen hatte.
Es war ein Rentnerpaar aus Osnabrück, das die beiden störte. Der Mann fühlte sich
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